Leitsatz (amtlich)
Die Spezialzuständigkeit gem. § 119a Abs. 1 Nr. 2 GVG für Streitigkeiten aus Bauverträgen greift auch ein, wenn der Unternehmer die Bauleistung nicht berufsmäßig erbringt, denn Unternehmer im Sinne des Werkvertragsrechtes kann jede natürliche Person unabhängig von einer gewerblichen Tätigkeit sein.
Normenkette
GVG § 119a Abs. 1 Nr. 2; ZPO § 281
Verfahrensgang
LG Stralsund (Aktenzeichen 4 O 2/17) |
Tenor
Der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Rostock erklärt sich für unzuständig und verweist das Berufungsverfahren an den hiesigen 7. Zivilsenat.
Gründe
Die Verweisung erfolgt nach Anhörung der Parteien gem. § 281 ZPO an den gem. § 119a Abs. 1 Nr. 2 GVG i.V.m. Abschnitt B.VII.a des Geschäftsverteilungsplans zuständigen Spezialsenat des Oberlandesgerichts für Streitigkeiten aus Bauverträgen.
§ 281 ZPO ist im Verhältnis zwischen Spruchkörpern mit einer Spezialzuständigkeit gem. § 72a GVG oder § 119a GVG und anderen Spruchkörpern desselben Gerichts entsprechend anzuwenden (BGH, Beschluss vom 26.07.2022 - X ARZ 3/22, BGHZ 234, 259).
Vorliegend handelt es sich um eine Streitigkeit aus einem Bauvertrag (§ 650a Abs. 1 BGB) gem. § 119a Abs. 1 Nr. 2 GVG. Die mit der Berufung weiterverfolgte Vollstreckungsabwehrklage der (Berufungs-) Kläger betrifft einen titulierten Anspruch des Beklagten von noch 6.500 EUR aus dem Notarvertrag vom 26.06.2012 (Anl. K 1), nach dem der Beklagte zum einen für einen Kaufpreis von 17.000 EUR ein Grundstück übereignen und zum anderen zum Preis von 7.000 EUR die Erschließungsanlagen (Straße sowie Ver- und Entsorgungsmedien) herstellen und durch Dienstbarkeit absichern sollte. Es handelt sich insoweit ungeachtet der Bezeichnung als Grundstückskaufvertrag um einen typengemischten Vertrag, bestehend aus (Grundstücks-) Kaufvertrag und Bauvertrag (§ 650a Abs. 1 BGB). Bauwerk im Sinne von § 650a Abs. 1 BGB ist insoweit eine unbewegliche Sache, die durch Einsatz von Arbeitskraft und Material in Verbindung mit dem Erdboden hergestellt, wiederhergestellt, umgebaut oder beseitigt wird. Dies trifft auf die hier zu errichtende Straße zu, so dass der Beklagte, der ohnehin mehrere Grundstücke mit Erschließungsverpflichtung verkauft hat, insoweit Unternehmer bzgl. eines Bauwerks ist. Nach Sinn und Zweck der Spezialisierung fällt gerade die - hier maßgebliche - Auslegung unklarer Baubeschreibungen in die Zuständigkeit der Spezialspruchkörper. Streitgegenständlich ist hier auch allein die - nicht nur untergeordnete - Zahlungsverpflichtung aus dem Bauvertragsteil. Soweit die Gesetzesbegründung zu §§ 72a, 119a GVG (BT-Drucks. 18/11437 u. 14/4722) neben der Feststellung, dass insbesondere Bauverträge von §§ 72a Abs. Nr. 2, 119a Abs. 1 Nr. 2 GVG erfasst werden, die Beteiligung einer berufsmäßig mit der Planung oder Ausführung von Bauarbeiten befassten Person verlangt, so betrifft dies ersichtlich nicht die Architekten und Bauunternehmer, sondern nur die sonstigen mit der Planung oder Ausführung von Bauarbeiten befassten Personen, da Bauverträge (§ 650a Abs. 1 BGB) auf Unternehmerseite offenkundig auch von Privatpersonen geschlossen werden können. Dass die berufsmäßige Befassung ohnehin keinen Eingang in den Gesetzeswortlaut gefunden hat, kann auf sich beruhen.
Streitigkeiten aus Grundstückskaufverträgen unterliegen keiner Spezialisierung gem. §§ 72a, 119a GVG. Die im Geschäftsverteilungsplan geregelte Zuständigkeit des 3. Zivilsenats für Ansprüche aus Grundstückskaufverträgen tritt demzufolge hinter die gesetzliche Zuständigkeit gem. § 119a Abs. 1 Nr. 2 GVG zurück.
Fundstellen
Dokument-Index HI16182143 |