Leitsatz (amtlich)
Der Ermäßigungstatbestand des KV 1211 Nr. 2 GKG kommt auch dann zum Tragen, wenn das Gericht wegen widerstreitender Kostenanträge nach einem Teilanerkenntnis gem. § 93 ZPO in einem Schlussurteil über die Kosten zu entscheiden hat.
Verfahrensgang
LG Rostock (Beschluss vom 17.10.2006; Aktenzeichen 4 O 87/06) |
Tenor
Die Beschwerde des Bezirksrevisors beim LG Rostock gegen den Beschluss des LG Rostock vom 17.10.2006 (Az. 4 O 87/06) wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Der Gegenstandswert wird auf 272 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Mit ihrer Klage vom 28.2.2006 begehrte die Klägerin Zahlung von 5.554,46 EUR. Mit Schriftsatz vom 29.3.2006 erkannte der Beklagte einen Teil der Forderung i.H.v. 5.268,61 EUR an. Daraufhin erließ das LG Rostock unter dem 3.4.2006 ein Teil-Anerkenntnisurteil. Mit Schriftsatz vom 28.4.2006 erklärte die Klägerin Klagerücknahme im Hinblick auf die verbliebene Forderung. Das LG Rostock erließ sodann unter dem 24.5.2006 ein Schlussurteil, welches mit Tatbestand und Entscheidungsgründen versehen war. Hierbei setzte sich die Kammer mit § 93 ZPO auseinander, weil der Beklagte sein Teil-Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kostenlast erklärt hatte.
Die Klägerin beantragte mit Schriftsatz vom 23.6.2006 die Festsetzung der Kosten. In dem daraufhin am 28.8.2006 erlassenen Beschluss legte die Rechtspflegerin beim LG Rostock drei Gerichtsgebühren gemäß KV 1210 GKG zugrunde. Hiergegen legte der Beklagte Erinnerung ein. Zur Begründung führte er aus, dass vorliegend der Ermäßigungstatbestand des KV 1211 GKG einschlägig sei, weil das Verfahren durch Teil-Anerkenntnis und Klagerücknahme erledigt worden sei. Das LG half der Erinnerung nach Anhörung des Bezirksrevisors bei dem LG Rostock mit Beschluss vom 17.10.2006 und ermäßigte die Gerichtsgebühren auf eine Gebühr, mithin auf 136 EUR.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Bezirksrevisors beim LG Rostock vom 19.10.2006. Er ist der Auffassung, eine solche Ermäßigung entspräche nicht dem Willen des Gesetzgebers zum KV 1211 GKG. Unter Hinweis auf die Entscheidung des OLG Hamburg vom 4.5.2005 (Az. 8 W 91/05, OLGReport Hamburg 2005, 739 = MDR 2005, 1195) vertritt der Bezirksrevisor die Auffassung, eine Ermäßigung käme nur dann in Betracht, wenn das gesamte Verfahren durch ein Anerkenntnisurteil beendet werde, welches weder eines Tatbestandes noch der Entscheidungsgründe bedürfe. Allein die ausführliche Begründung im Schlussurteil vom 24.5.2006 zeige, dass das Verfahren gerade nicht mit der Klagerücknahme und dem Anerkenntnis Erledigung gefunden habe.
Das LG Rostock half der Beschwerde mit Beschluss vom 20.10.2006 nicht ab und legte die Sache dem OLG zur Entscheidung vor.
II. Die zulässige Beschwerde des Bezirksrevisors beim LG Rostock gegen die Entscheidung über die Erinnerung ist gem. § 66 Abs. 2 GKG zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das LG Rostock angenommen, dass vorliegend nur eine Gerichtsgebühr angefallen ist, weil die Voraussetzungen der Nr. 1a, 2 KV 1211 GKG gegeben sind.
Ob eine Gebührenermäßigung nach KV 1211 Nr. 2 GKG entfällt, wenn ein Teil-Anerkenntnisurteil mit Tatbestand und Entscheidungsgründen versehen ist, weil die Parteien im Hinblick auf den Kostenpunkt widerstreitende Anträge gestellt haben und die Kostenentscheidung deshalb nach § 93 ZPO ergeht, wird in Rechtsprechung und Schrifttum kontrovers diskutiert. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass eine Ermäßigung dann nicht in Betracht käme, wenn das Gericht noch über die Kosten des Rechtsstreites nach den §§ 91, 93 ZPO zu entscheiden habe (vgl. OLG Hamburg, Beschl. v. 3.11.1999 - 8 W 337/99, OLGReport Hamburg 2000, 225 = MDR 2000, 111; OLG Hamm, Beschl. v. 13.12.2001 - 23 W 389/01, AGS 2002, 183; OLG Hamburg, Beschl. v. 4.5.2005 - 8 W 91/05, OLGReport Hamburg 2005, 739 = MDR 2005, 1195; LG Magdeburg, Beschl. v. 8.7.2003 - 9 O 1235/01, Juristisches Büro 2004, 325; Musielak, ZPO, 5. Aufl., § 307 Rz. 21; Zöller/Herget, ZPO, § 93, Rz. 7 - ohne Begründung; Zöller-Vollkommner, ZPO, § 307, Rz. 12 - ohne Begründung; Oesterreich/Winter/Hellstab, GKG KV 1211 Rz. 23, Herget in: MDR 1995, 1097; Lappe, in: NJW 1996, 1185, 1186). In einem solchen Fall könne nämlich schon nicht von einer Beendigung des gesamten Verfahrens durch Anerkenntnis gesprochen werden, denn ein Anerkenntnisurteil müsse stets ohne jede Sachprüfung ergehen. Dies entspräche auch dem gesetzgeberischen Willen, denn bei Schaffung des Ermäßigungstatbestandes sei es erkennbar darum gegangen, den Entscheidungsaufwand des Gerichtes zu minimieren. Dies werde auch daran deutlich, dass der Gesetzgeber im Falle einer streitigen Kostenentscheidung im Rahmen des § 91a ZPO von einer Gebührenprivilegierung nach KV 1211 GKG ausdrücklich abgesehen habe (vgl. BT-Drucks., 15/1971, 159 - 160). Nicht anders seien jene Fälle zu betrachten, in denen der Beklagte anerkennt, aber eine Entscheidung über die Kosten nach § 93 ZPO begehre. Schließlich ergebe s...