Entscheidungsstichwort (Thema)
Beendigung der Beistandschaft des Jugendamtes durch den Tod des Kindes
Leitsatz (redaktionell)
Die Beistandschaft des Jugendamtes endet mit dem Tod des Kindes. Ein danach von dem Amt für das Kind erhobener Antrag auf Feststellung der Vaterschaft ist unzulässig.
Normenkette
BGB §§ 1712, 1713 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Greifswald (Beschluss vom 11.04.2006; Aktenzeichen 62 F 238/05) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG Greifswald - FamG - vom 11.4.2006 - 62 F 238/05, geändert.
Dem Antragsgegner wird ab Antragstellung für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin K. in Stralsund bewilligt.
Gründe
Die gem. § 14 FGG, § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde des Antragsgegners, der das FamG nicht abgeholfen hat, ist zulässig und begründet.
Für die Prüfung der Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung des Antragsgegners gegen den Antrag auf Feststellung seiner Vaterschaft ist das FamG zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass hierfür ausnahmesweise auf den Zeitpunkt der Antragstellung des Antragsgegners abzustellen ist, weil die Entscheidung über sein Prozesskostenhilfegesuch ohne erkennbaren Grund über die Beweisaufnahme und die erstinstanzliche Endentscheidung hinausgezögert worden ist.
1. Die Rechtsverteidigung des Antraggegners hatte entgegen der Ansicht des FamG bereits deshalb hinreichende Erfolgsaussicht, weil der Vaterschaftsfeststellungsantrag des Jugendamtes als Beistand des verstorbenen Kindes unzulässig war. Nach dem Tod des Kindes kann die Vaterschaft nur auf Antrag der Mutter oder des Vaters durch das FamG festgestellt werden; § 1600e Abs. 2 BGB (Keidel/Engelhardt, FGG, 15. Aufl., § 55b Rz. 1). Das Jugendamt kann nach dem Tod des Kindes nicht mehr als Beistand tätig werden. Die Beistandschaft des Jugendamtes für ein Kind gem. § 1712 BGB setzt voraus, dass das Kind lebt oder aber gezeugt und noch nicht geboren worden ist (§ 1713 Abs. 2 BGB). Eine vor dem Tod des Kindes begründete Beistandschaft des Jugendamtes endet mit dem Tod des Kindes; §§ 1716, 1915 Abs. 1, 1882 BGB (Palandt/Diederichsen, BGB, 65. Aufl., § 1882 Rz. 2, m.w.N.).
2. Die Rechtsverteidigung des als Vater in Anspruch genommenen Mannes hat jedenfalls dann hinreichende Erfolgsaussicht i.S.d. § 114 ZPO, wenn er - wie hier - Tatsachen vorträgt, die geeignet sind, ernsthafte Zweifel an der behaupteten Vaterschaft zu wecken.
So liegt der Fall hier.
Zwar hat der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung eingeräumt, mit der Kindesmutter innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit vom 21.10.2004 bis 17.2.2005 einmalig Anfang Februar 2005 anlässlich einer Karnevalsveranstaltung geschlechtlich verkehrt zu haben. Er hat jedoch auch geltend gemacht, dass sich die Kindesmutter noch bis Mitte Januar 2005 in einer anderweitigen Partnerschaft befunden habe. Dass die Kindesmutter somit innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit ausschließlich mit dem Antragsgegner geschlechtlich verkehrt hat, war jedenfalls zweifelhaft. Dies hat das FamG offenbar veranlasst, zur Frage der Abstammung des verstorbenen Kindes ein schriftliches Sachverständigengutachten beizuziehen.
Der Antragsgegner kann nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Prozesskosten nicht aufbringen (§ 14 FGG i.V.m. § 114, 115 ZPO).
Die Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten beruht auf § 14 FGG, § 121 Abs. 2 ZPO.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO). ...
Fundstellen
Haufe-Index 1642064 |
FamRZ 2007, 1683 |
OLGR-Ost 2007, 235 |
www.judicialis.de 2006 |