Verfahrensgang
LG Stralsund (Beschluss vom 11.07.2006; Aktenzeichen 6 O 205/05) |
Tenor
1. Der Senat übernimmt die Sache.
2. Auf die Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des LG Stralsund vom 11.7.2006 dahin abgeändert, dass der Antrag der Streithelferin vom 6.6.2006 abgewiesen wird.
3. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Streithelferin.
Gründe
1. In dem rechtskräftigen Versäumnisurteil vom 30.11.2005, mit dem das LG die Klage abgewiesen hat, fehlt ein Ausspruch über die Kosten der Streithelferin, die sich dem Antrag der Beklagten auf Abweisung der Klage in der mündlichen Verhandlung angeschlossen hat. Auf Antrag der Streithelferin vom 6.6.2006 hat das LG mit Beschluss vom 11.7.2006 die Kostengrundentscheidung dahin korrigiert bzw. ergänzt, dass die Kläger die Kosten der Streithilfe als Gesamtschuldner tragen müssten. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, das Fehlen einer Kostengrundentscheidung bezüglich der Streithilfe stelle eine offenbare Unrichtigkeit gem. § 319 Abs. 1 ZPO dar, weil die Streithelferin einen Antrag auf Klageabweisung gestellt habe. Im Nichtabhilfebeschluss vom 24.7.2006 hat das LG ergänzend ausgeführt, das Urteil sei dahin auszulegen, dass die Kläger auch die Kosten der Streithilfe zu tragen hätten, da es sich um eine streitgenössische Nebenintervention gehandelt habe; zur Klarstellung sei dies gem. § 319 Abs. 1 ZPO auszusprechen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kläger.
2. Die gem. §§ 319 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässige, insb. fristgemäß eingelegte Beschwerde ist begründet und führt zur Abweisung des Antrags auf Nachholung der Entscheidung über die Kosten der Streithilfe. Eine Ergänzung der Kostenentscheidung gem. § 319 Abs. 1 ZPO im beantragten Sinne hat sich verboten.
a) Nach der - soweit ersichtlich - einhelligen Ansicht der Obergerichte verbleibt dem Streithelfer nur ein - hier jedenfalls nicht fristgerecht gestellter - Antrag auf Ergänzung des Urteils gem. § 321 ZPO, wenn das Gericht eine Entscheidung über die Kosten der Streithilfe bewusst oder unbewusst nicht getroffen hat (vgl. u.a. OLG München, Beschl. v. 16.6.2003 - 7 W 1516/03, OLGReport München 2003, 435 = NJW-RR 2003, 1440 für ein "bewusstes" Auslassen; OLG Dresden, Beschl. v. 23.9.2005 - 11 U 695/04, NJOZ 2006, 210 für ein "unbewusstes" Auslassen; OLG Koblenz, Beschl. v. 9.8.2002 - 14 W 465/02, OLGReport Koblenz 2003, 64 = MDR 2002, 1338; vgl. auch Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 319 Rz. 15; § 321 Rz. 3; Musielak, ZPO, 5. Aufl., § 321 Rz. 7). Der Senat schließt sich dieser Ansicht jedenfalls für die vorliegende Fallkonstellation an. Es geht bei der Auslassung nicht nur um eine "technische" Fehlleistung.
b) § 319 Abs. 1 ZPO verlangt zunächst eine Unrichtigkeit eines Urteils im Sinne einer unrichtigen oder unvollständigen Verlautbarung des vom Gericht Gewollten; nicht abschließend geklärt ist, ob auch eine falsche Willensbildung des Gerichts im Wege des § 319 ZPO korrigiert werden kann (vgl. hierzu u.a. BGH, Urt. v. 14.7.1994 - IX ZR 193/93, MDR 1994, 1142 = NJW 1994, 2832 [2833]). Die Unrichtigkeit muss darüber hinaus derart offenbar sein, dass sie sich für einen Außenstehenden aus dem Zusammenhang des Urteils oder Vorgängen bei seinem Erlass und seiner Verkündung ohne Weiteres ergibt. Dabei ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Voraussetzungen dafür, dass eine Unrichtigkeit vorliegt, nicht überspannt werden dürfen (vgl. u.a. OLG Hamm, Beschl. v. 4.12.2001 - 7 UF 437/01, MDR 2002, 602, m.w.N.).
c) Eine Unrichtigkeit gem. § 319 Abs. 1 ZPO ist zwar gegeben. Das Gericht hat eine Kostengrundentscheidung treffen wollen, die alle Kosten und mithin auch die Kosten der Streithilfe umfasst. Dieser Wille ist fehlerhaft zum Ausdruck gekommen. Der Urteilsausspruch bezieht sich vorliegend nur auf "die Kosten des Rechtsstreits". Er kann grundsätzlich keinen Titel für die Festsetzung von Streithilfekosten bilden. § 101 Abs. 1 ZPO macht deutlich, dass die Kosten einer Nebenintervention Gegenstand einer besonderen richterlichen Entscheidung sein müssen (vgl. u.a. OLG Koblenz, Beschl. v. 9.8.2002 - 14 W 465/02, OLGReport Koblenz 2003, 64 = MDR 2002, 1338, m.w.N. zur Literatur; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 101 Rz. 5). Ob dies auch für den Fall gilt, dass die Streithilfe auf einer sog. streitgenössischen Nebenintervention beruht (vgl. § 69 ZPO), über deren Kosten gem. § 100 Abs. 1 ZPO zu befinden ist, kann dahinstehen. Eine solche liegt nämlich nicht vor, weil eine Vorschrift, derzufolge sich die Rechtskraft eines Urteils zwischen den Klägern und der Beklagten auch auf das Verhältnis zur Streithelferin erstreckt, nicht ersichtlich ist. Die Beklagte hat die streitgegenständlichen Ansprüche von der Streithelferin durch Abtretung erlangt und ihr den Streit verkündet, um ggf. Ansprüche gegen sie geltend zu machen.
d) Die Unrichtigkeit ist indes nicht offenbar gem. § 319 Abs. 1 ZPO. Das Urteil begründet die Kostenentscheidung nicht. Da es sich um ein Versäumnisurteil handelt, fehlen Tatbestand...