Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestellung eines Prozesspflegers im Sorgerechtsentziehungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Die Beschwerde gegen die Bestellung eines Prozesspflegers für die Kindesmutter ist im Rahmen eines Sorgerechtsentziehungsverfahrens wegen des erheblichen Eingriffs in deren Rechts zulässig.
2. Rechtsgrundlage für die Pflegerbestellung ist in diesen Fällen § 57 Abs. 1 ZPO analog.
Normenkette
ZPO § 57
Verfahrensgang
AG Schwerin (Beschluss vom 01.10.2008; Aktenzeichen 20 F 333/07) |
Tenor
Die Beschwerde der Kindesmutter gegen den Beschluss des AG Schwerin - FamG - vom 1.10.2008 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das FamG im Rahmen eines Verfahrens nach den §§ 1666, 1666a BGB (Entzuges der elterliche Sorge) der Kindesmutter einen Prozesspfleger bestellt, nachdem zuvor durch einen Gutachter deren Prozessunfähigkeit - wegen einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit - festgestellt worden war. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel der Kindesmutter. Sie wendet ein, sie sei prozessfähig. Die Bestellung eines Prozesspfleger sei daher rechtswidrig.
II. Die Beschwerde ist gem. §§ 621a, 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. §§ 64 Abs. 3, 19 FGG zulässig.
Zwar können Zwischenverfügungen, die keine Endentscheidung des Gerichts sind, in der Regel nicht mit einem Rechtsmittel angegriffen werden. Dieses gilt jedoch nicht, wenn durch sie in erheblichem Maße in Rechte eines Beteiligten eingegriffen werden. Die Bestellung eines Prozesspflegers ist ein erheblicher Eingriff in Rechte der Kindesmutter (vgl. LG Stuttgart Az. 10 T 70/06; Keidel/Kahl, Kommentar zum FGG, 15. Aufl., § 19 Rz. 11; Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., § 57 Rz. 7).
Dem Beschwerderecht der Kindesmutter steht eine fehlende Geschäftsfähigkeit nicht entgegen (vgl. BGH FamRZ 1966, 571-572; Bumiller/Winkler, FGG, 8. Aufl. vor § 13 FGG Rz. 19).
Das Rechtsmittel ist jedoch nicht begründet.
Das FamG war gem. § 57 Abs. 1 ZPO analog befugt, einen Prozesspfleger zu bestellen. Eine analoge Anwendung des § 57 ZPO ist zulässig, weil das FGG keine Regelungen für die Bestellung eines Prozesspflegers für Verfahren wie dem vorliegenden enthält (vgl. LG Stuttgart, a.a.O.). Der analogen Anwendung des § 57 ZPO steht nicht entgegen, dass die Kindesmutter nicht Beklagte im Sinne der genannten Vorschrift ist und die Einsetzung eines Prozesspflegers von Amts wegen erfolgt ist. Der Antrag ist entbehrlich, weil es sich bei dem Entzugsverfahren nach § 1666 BGB um ein Verfahren von Amts wegen handelt und im Hinblick auf das Kindeswohl Gefahr im Verzug besteht (vgl. BGH FamRZ 1989, 271 re. Sp.;LG Stuttgart, a.a.O.; MünchKomm/Olzen, BGB, 5. Aufl., § 1666 Rz. 34). Da geprüft wird, ob der Kindesmutter die elterliche Sorge zu entziehen ist, ist ihre Rechtsposition mit der einer Beklagten i.S.d. § 57 ZPO vergleichbar (BGH, a.a.O.).
Zu Recht hat das FamG der Beschwerdeführerin einen Prozesspfleger bestellt.
Das vorliegenden Sachverständigengutachten und die eigenen Ausführungen der Beschwerdeführerin im Rahmen dieses Verfahrens indizieren ihre Geschäftsunfähigkeit und fehlende Parteifähigkeit. Auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss wird verwiesen. Die Bestellung eines Prozesspflegers war daher erforderlich.
Einer Kostenentscheidung bedarf es gem. § 131 KostO nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 2067417 |
FamRZ 2009, 1168 |
NJW-RR 2009, 415 |
OLGR-Ost 2008, 942 |