Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 15.08.2001 wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin wird festgestellt.

4. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf DM 40.000,00 festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Antragsgegnerin leitete mit Veröffentlichung im Ausschreibungsblatt vom 27.06.2001 eine öffentliche Ausschreibung nach VOB/A zur „Aufweitung der A. W. Chaussee, einschließlich Fuß- und Radweg, im Bereich der Kreuzung zur W.-Allee auf Höhe des Bushofes/S-Bahnstation L. ein. Die Ausschreibung umfasste im Wesentlichen Straßenbau und Entwässerungsarbeiten. Ausgeschrieben wurde ebenfalls „ein Stück Lichtsignalanlage einschließlich Steuergerät, Software, Masten, Signalgeber, Induktionsschleifen, Kabel- und Montagearbeiten herzustellen”. Eine Unterteilung in Lose war nicht vorgesehen. Die Beteiligung von Bietergemeinschaften war zugelassen. Nebenangebote waren nur in Verbindung mit einem Hauptangebot zugelassen.

Die Antragstellerin, Herstellerin von Steuergeräten und Sofware für Lichtzeichenanlagen, forderte die Verdingungsunterlagen nach Bekanntmachung der Ausschreibung bei der Antragsgegnerin ab. Im Leistungsverzeichnis waren unter der Position 2.12. Lichtsignalanlage aufgeführt:

  • Steuergerät-Typ: MS
  • Hersteller S. AG
  • alternativ: M.
  • Hersteller: S. H. AG.

Auch in weiteren LV-Positionen wurden Fabrikate der Firmen S. B. und L. vorgegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten des Leistungsverzeichnisses wird Bezug genommen.

An der Ausschreibung beteiligte sich die Antragstellerin nicht.

Unter dem 11.07.2001 hat sie bei den Vergabekammern des Wirtschaftsministeriums des Landes M.-V. einen Antrag auf Nachprüfung des Vergabeverfahrens der Antragsgegnerin gestellt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Antragsgegnerin insgesamt 9 Positionen des Leistungsverzeichnisses Fabrikate und Hersteller ohne den Zusatz „oder gleichwertige Arten” ausschreibe, obwohl die Leistung so beschrieben worden sei, dass diese auch von anderen Fabrikaten gleichwertig erbracht werden könne. Eine telefonische Rücksprache und Beanstandung des Ausschreibungstextes gegenüber der Antragsgegnerin habe keine Abhilfe gebracht. Sie leite aus der ihrer Ansicht nach fehlerhaften Leistungsbeschreibung höhere Angebotspreise in Folge eines gestörten Wettbewerbs durch mögliche Preisbeeinflussung und verdeckte Bieterabsprachen mit der präferierten Firma ab. Auf Grund der im eigenen Betrieb nicht vorhandenen Straßenbaukapazitäten hätte sie sich in Form einer Bietergemeinschaft bei VOB-konformer Leistungsbeschreibung an der Ausschreibung beteiligt.

Die Antragstellerin hat beantragt,

die ausschreibende Stelle anzuweisen, die Ausschreibung aufzuheben und die Ausschreibung nach Beseitigung der Beanstandung erneut durchzuführen.

Die Antragsgegnerin hat keine Anträge gestellt. Sie hat vorgetragen, dass die Antragstellerin die Formulierungen des Leistungsverzeichnisses nicht schriftlich beanstandet habe. Diese sei somit ihrer Rügepflicht nicht nachgekommen.

Sie habe gem. § 9 Nr. 5 Abs. 1 VOB/A zu Recht davon abgesehen, die in Rede stehenden Fabrikate und Hersteller ohne den Zusatz „oder gleichwertige Arten” auszuschreiben. Die hier ausgeschriebene Lichtsignalanlage, die nur einen relativ geringen Anteil an dem überwiegend Bauleistungen betreffenden Auftrag habe, werde integraler Bestandteil der Verkehrssteuerungsanlagen der Hansestadt R. Letztere habe eine Begrenzung auf wenige Fabrikate vorgenommen. Eine solche sei allein schon vor dem Hintergrund einer Minimierung der Wartungskosten notwendig. Hinzu komme die erforderliche Schnittstellenkompatibilität neuer Anlagen zu dem bereits vorhandenen Gebietsrechner, an den alle Lichtsignalanlagen in der Stadt angeschlossen werden müssen. Sie gehe davon aus, dass bis zum heutigen Tage nur die Anlagen der Firmen S. H. und S. AG bei Sicherstellung der geforderten Leistungskriterien an das vorhandene Rechnersystem angeschlossen werden können. Deshalb sei für Baugruppen, die mit dem vorhandenen Gebietsrechner kommunizieren müssten, von der Ausnahmeregelung des § 9 Nr. 5 Abs. 1 VOB/A Gebrauch gemacht worden. Die Antragstellerin habe bislang keinen Nachweis erbracht, dass auch ihre Geräte mit dem in der Hansestadt vorhandenen Rechner voll kompartibel seien.

Die Antragstellerin ist dem entgegengetreten.

Die 1. Vergabekammer bei dem Wirtschaftsministerium M/V hat durch Beschluss vom 02.08.2001 den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Vergabekammer ausgeführt, der Antrag der Antragstellerin sei unzulässig. Die Antragstellerin sei nicht gem. § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt. Zwar habe diese durch Abforderung der Verdingungsunterlagen ihr Interesse an dem Auftrag bekundet. Sie habe dieses Interesse dann jedoch offenkundig aufgegeben und sich nicht weiter am Wettbewerb beteiligt. Es wäre der Antragstellerin, da bei Abgabe eines Hauptangebotes auch Nebenangebote zulässig waren, möglich gewesen,...

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