Leitsatz (amtlich)
1. Bei Mitteilung verschiedener und konkret bezeichneter Ergänzungen und Änderungen hat der Kaufinteressent ein auf die Herbeiführung der notariellen Tätigkeit gerichtetes Handeln bezweckt, die im Beurkundungstermin auch besprochen worden sind. Damit beschränkt sich das Handeln des Kaufinteressenten nicht nur auf eine unselbstständige Beteiligung an der Gestaltung des zunächst von der Verkäuferin in Auftrag gegebenen Vertragsentwurfs, sondern ist als selbständiger Auftrag i.S.v. § 29 Nr. 1 GNotKG zu werten, in seinem Interesse eine bestimmte Beurkundung vorzunehmen.
2. Mehrere Auftraggeber desselben Geschäfts sind jeweils Kostenschuldner und haften dem Notar nach 32 Abs. 1 GNotKG als Gesamtschuldner. Der Umstand, dass bereits ein Beurkundungsauftrag erteilt ist, steht der Annahme eines weiteren Auftrages nicht entgegen.
3. Der Kaufinteressent haftet gem. § 32 Abs. 1 GNotKG, § 421 Satz 1 BGB neben der Verkäuferin gesamtschuldnerisch für die Gebühren. Dass der Notar nur den Kaufinteressenten in Anspruch nimmt, ist nicht ermessensfehlerhaft.
Normenkette
BGB § 421 S. 1; GNotKG § 29 Nr. 1, § 32 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Stralsund (Beschluss vom 21.08.2020; Aktenzeichen 6 OH 3/20) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Stralsund vom 21. August 2020, 6 OH 3/20, wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner im Beschwerdeverfahren entstandene notwendige Auslagen zu erstatten.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
4. Der Verfahrenswert wird auf 711,92 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin wendet sich gegen die Kostenberechnung des Antragsgegners vom 7. Januar 2020. Gegenstand der Rechnung ist eine 2,0 Gebühr nach Nr. 21302 KV GNotKG aus vorzeitiger Beendigung eines Beurkundungsverfahrens über einen Grundstückskaufvertrag zwischen der GbR N-S als Verkäuferin und der Antragstellerin als Käuferin nach erfolgter Entwurfsfertigung aus einem Geschäftswert von 100.000 Euro in Höhe von 546,00 Euro nebst Auslagen in Höhe von 52,25 Euro und Umsatzsteuer in Höhe von 113,67 Euro, mithin in Höhe von insgesamt 711,92 Euro.
Die Antragstellerin hat sich darauf berufen, keinen Auftrag erteilt zu haben. Die Beauftragung des Antragsgegners durch die G. GmbH, einer Immobilienmaklerin, könne ihr nicht zugerechnet werden. Darüber hinaus sei die Gebühr überhöht und mangels endgültigen Scheiterns des Beurkundungsverfahrens (noch) nicht fällig. Schließlich fehle in der Rechnung die Angabe des Leistungszeitraumes gemäß § 12 Abs. 4 Nr. 6 UStG.
Der Antragsgegner hat an seiner Kostenberechnung festgehalten und hierzu behauptet, von der Antragstellerin mit umfangreichen Änderungen des Vertragsentwurfs beauftragt worden zu sein.
Das Landgericht hat eine Stellungnahme der Ländernotarkasse vom 19. Juni 2020 sowie des Bezirksrevisors beim Landgericht Stralsund vom 14. Juli 2020 eingeholt.
Mit Beschluss vom 21. August 2020, auf dessen Einzelheiten verwiesen wird, hat das Landgericht den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Antragsgegner die angefochtene Kostenrechnung zu Recht erstellt habe. Der Antragsteller sei durch Einflussnahme auf den Inhalt der konkreten Vertragsgestaltung neben der Verkäuferin ebenfalls Kostenschuldner geworden. Das Beurkundungsverfahren sei nach Scheitern des Beurkundungstermins am 22. November 2019 sowie der unstreitig nicht weiter geführten und damit erfolglosen Verhandlungen auch beendet, ohne dass der Antragsgegner dies verschuldet hätte.
Gegen diese der Antragstellerin am 5. September 2020 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 21. September 2020 beim Landgericht eingegangene Beschwerde. Zur Begründung führt die Antragstellerin im Wesentlichen nur noch aus, dass es sich bei dem Vertragsentwurf angesichts der Beteiligung einer GbR auf Verkäuferseite nicht um einen ausgewogenen Entwurf gehandelt habe. Hierauf hätte der Antragsgegner jedoch hinwirken müssen.
Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 11. Februar 2019 nicht abgeholfen.
II. Die Antragstellerin hat die gemäß § 129 GNotKG zulässige Beschwerde form- und fristgerecht eingelegt (§ 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG i.V.m. §§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG). Gemäß § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG i.V.m. § 68 Abs. 4 FamFG entscheidet über das Rechtsmittel das Oberlandesgericht durch den Senat.
In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg. Das Landgericht hat die begehrte Feststellung, dass die Verpflichtung der Antragstellerin zum Ausgleich der Kostennote des Antragsgegners vom 7. Januar 2020 nicht besteht, zutreffend als unbegründet zurückgewiesen. Die Antragstellerin ist Kostenschuldnerin dieser Rechnung i.S.v. § 29 Nr. 1 GNotKG und damit gemäß §§ 32 Abs. 1 GNotKG, 421 Satz 1 BGB neben der Verkäuferin und/oder der Maklerin gesamtschuldnerisch zur Zahlung verpflichtet. Die Rechnung ist schließlich auch im Übrigen nicht zu beanstanden.
Im Einzelnen:
1. Die Antragstellerin ist Kostenschuldnerin. Sie hat dem Antragsgegner einen Beurkundungsauftrag im Sinne von §...