Leitsatz (amtlich)

1. Das Registergericht hat die ihm zur Eintragung in das Vereinsregister mitgeteilten Tatsachen jedenfalls dann zu überprüfen, wenn im konkreten Einzelfall begründete Bedenken an deren Richtigkeit bestehen, um unrichtige Eintragungen möglichst zu vermeiden.

2. Eine vom einfachen Mehrheitsprinzip abweichende Gesamt- oder Blockwahl, bei der eine Entscheidung nur für oder gegen einen als Liste zusammengefassten Wahlvorschlag möglich ist, ist nur dann zulässig, wenn es in der Satzung ausdrücklich bestimmt ist.

3. Für die Frage, ob ein Satzungsverstoß oder Verfahrensfehler zur Ungültigkeit eines Beschlusses der Mitgliederversammlung führt, kommt es darauf an, ob es aus Sicht eines objektiv urteilenden Vereinsmitglieds bei wertender, am Schutzzweck der verletzten Bestimmung orientierten Betrachtung unmöglich oder ausgeschlossen ist, dass sich der Verfahrensfehler zum Nachteil eines oder mehrerer Mitglieder auf das Beschlussergebnis ausgewirkt hat.

 

Normenkette

BGB § 32 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

AG Grevesmühlen (Beschluss vom 23.02.2012; Aktenzeichen VR 526)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG Grevesmühlen - Registergericht - vom 23.2.2012 (Az.: VR 526) in Verbindung mit dem Nichtabhilfebeschluss vom 2.4.2012 aufgehoben.

In das Vereinsregister des AG Grevesmühlen zur VR-Nr. 526 ist die mit UR-Nr ... des Notars Dr. J. C. in R. vom ... angemeldete Eintragung vorzunehmen.

Die Kosten der Eintragung trägt der Antragsteller.

 

Gründe

I. Der Antragsteller ist ein am ... 2006 gegründeter und am ... 2007 eingetragener Verein. Nach § 6 der maßgeblichen Satzung besteht sein Vorstand aus dem Vorsitzenden sowie einem ersten und einem zweiten stellvertretenden Vorsitzenden. Der Vorstand wird von der Mitgliederversammlung für die Dauer von zwei Jahren gewählt. Nach § 7 Abs. 6 Satz 1 der Satzung fasst die Mitgliederversammlung ihre Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der erschienenen Mitglieder, für Satzungsänderungen ist eine 3/4-Mehrheit erforderlich. Nähere Bestimmungen für die Wahl eines Vorstands- oder sonstigen Organmitglieds enthält die Satzung nicht.

Unter dem ... 2011 meldete der Antragsteller eine Vorstandsänderung zur Eintragung ins Vereinsregister an, wonach in der Mitgliederversammlung vom ... 2011 die bisherigen Vorstandsmitglieder ausgeschieden und J. S. 1 zum neuen Vorsitzenden, R. S. 2 zum neuen ersten stellvertretenden sowie F. S. 3 zum neuen zweiten stellvertretenden Vorsitzenden gewählt worden seien. In dem der Anmeldung beigefügten, von dem Versammlungsleiter und dem Protokollführer unterzeichneten Protokoll der Mitgliederversammlung heißt es u.a.:

"(...) Erschienen sind 9 von 10 Mitgliedern des Vereins

(...)

Tagesordnungspunkt 4:

Herr S. 1 [i. e. der Versammlungsleiter] regte nach der Abhandlung des Tagesordnungspunktes 3 [i. e. die einstimmig beschlossene Auflösung des bisherigen Vorstandes] dazu an neue Vorstandsmitglieder vorzuschlagen.

Die von allen akzeptierte Zusammensetzung des Vorstandes lautete schlussendlich:

(...) [wie sodann gewählt]

Über diese Zusammensetzung wurde per Handzeichen abgestimmt.

Stimmergebnis:

JA: 9 Nein: O Enthaltungen: 0

Die Zusammensetzung wurde somit einstimmig beschlossen, die vorgeschlagenen Herren akzeptierten ihre Wahl ..."

Das AG bat mit Zwischenverfügung vom 10.10.2011 um ergänzende Angaben zum Wahlverfahren, weil eine Gesamtabstimmung nur unter bestimmten Bedingungen zulässig sei, die hier möglicherweise nicht vorlägen. Hierzu nahm der Antragsteller mit Schreiben vom 21.2.2012 Stellung und erklärte, auf der Mitgliederversammlung seien nach dem Ausscheiden der bisherigen Vorstandsmitglieder die Herren S. 1 als Vorsitzender, S. 2 als erster und S. 3 als zweiter Stellvertreter vorgeschlagen worden. Weiter heißt es:

"Es wurde sodann der Versammlung vorgeschlagen, über die drei Wahlvorschläge en bloc abzustimmen. Dieser Vorschlag wurde von der Versammlung einstimmig und ohne Widerspruch angenommen. Sodann wurde die Wahl des gesamten Vorstandes en bloc durchgeführt, was zu dem protokollierten Ergebnis führte, d.h. alle anwesenden Vereinsmitglieder waren mit dem Vorschlag einverstanden und haben zugestimmt. Es gab bei beiden Abstimmungen weder Gegenstimmen noch Widersprüche."

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG die Anmeldung auf Eintragung der Vorstandsänderung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, eine Gesamtabstimmung sei nur zulässig, wenn jedes Mitglied so viele Stimmen habe, wie Kandidaten zu wählen seien und es von diesen Stimmen beliebig Gebrauch machen könne, also auch weniger Stimmen abgeben können, ohne dass hierdurch die Gültigkeit der Stimmabgabe in Frage gestellt werde. Diese freie Auswahlmöglichkeit könne den vorgelegten Unterlagen nicht entnommen werden, so dass die Wahl ungültig sei.

Gegen diese seinen - neugewählten - Vorstandsmitgliedern S. 1 und S. 2 jeweils am 29.2.2012 und seinem Verfahrensbevollmächtigten am 2.3.2012 zugestellte Entscheidung richtet sich die mit - am selben Tag als Telefax eingegangenen - Schrifts...

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