Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen für die Anordnung der Ersatzvornahme nach § 887 Abs. 1 ZPO im Falle der Verpflichtung zur Erstellung von Provisionsabrechnungen und eines Buchauszuges.
2. Nach § 887 Abs. 2 ZPO kann dem Schuldner die Pflicht zur Vorauszahlung der Kosten, die durch die Ersatzvornahme entstehen, auferlegt werden. Dabei bestimmt das Gericht die Höhe der Kosten nach billigem Ermessen. Ein Recht des Schuldners, den Kostenvorschuss hinterlegen oder an den Sachverständigen direkt überweisen zu dürfen - um eine Direktauszahlung an den Gläubiger zu hindern, kann grundsätzlich nicht angenommen werden.
3. Gegen die Verpflichtung zur Zahlung eines Kostenvorschusses steht dem Schuldner im Grundsatz die Befugnis zur Aufrechnung zu.
4. Der Streitwert für das Verfahren auf Erteilung der Ermächtigung und der Anordnung zur Vorauszahlung der entstehenden Kosten hat sich regelmäßig an dem Wert der zu erzwingenden Handlung, der grundsätzlich dem Wert der Hauptsache gleichsteht, zu orientieren. Der vom Gläubiger selbst verlangte Vorschuss bildet demgegenüber lediglich einen Anhalt für die Bemessung des Streitwerts, an den das Gericht bei seiner Ermessensausübung jedoch nicht gebunden ist. Deshalb kann bei der Kostenentscheidung ein Zurückbleiben der Kostenvorschussfestsetzung hinter dem vom Gläubiger angesetzten Betrag auch nicht mit einem Unterliegen im kostenrechtlichen Sinne gleichgesetzt werden.
Verfahrensgang
LG Neubrandenburg (Beschluss vom 06.12.2007; Aktenzeichen 9 O 209/03) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird Punkt II. des die Ersatzvornahme anordnenden Beschlusses des LG Rostock vom 6.12.2007 - 9 O 209/03, in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 27.6.2008, wie folgt geändert:
Der Schuldner ist verpflichtet, die für die Erstellung der Provisionsabrechnungen und des Buchauszugs durch einen Wirtschafts-/Buchprüfer entstehenden voraussichtlichen Kosten i.H.v. 7.201,76 EUR an die Gläubigerin im Voraus zu zahlen. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Kostenentscheidung für das Verfahren in erster Instanz wird von Amts wegen dahingehend geändert, dass die Kosten des Verfahrens der Schuldner zu tragen hat. Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren beträgt 10.000 EUR.
III. Der Schuldner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
IV. Der Beschwerdewert wird auf 10.000 EUR festgesetzt.
V. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Schuldner begehrt die Aufhebung eines die Ersatzvornahme gem. § 887 Abs. 1 ZPO anordnenden und gleichzeitig zur Vorauszahlung eines Kostenvorschusses gem. § 887 Abs. 2 ZPO verpflichtenden Beschlusses des LG Rostock.
Die Gläubigerin hat vor dem LG Rostock unter dem Az.: 9 O 209/03 gegen den Schuldner im Wege der Stufenwiderklage Auskunft und Zahlung aus Handelsvertretervermittlungsverträgen begehrt. Der Schuldner ist durch das LG Rostock mit Teilurteil vom 24.10.2003 wie folgt verurteilt worden:
"1. Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, der Beklagten monatliche Provisionsabrechnungen über alle in der Zeit vom 6.3.1999 bis zum 24.10.2003 unbedingt entstandenen und die noch vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängigen Vermittlungs- und Abschlussprovisionen, Bestandpflegeprovisionen, Provisionsvorschüsse und sonstigen ihr zustehenden Vergütungen zu erteilen ..."
Mit weiterem Teilurteil vom 14.5.2004 ist der Schuldner verurteilt worden:
"1. Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, der Beklagten für die Zeit vom 6.3.1999 bis zum 14.5.2004 einen Buchauszug zu erteilen, der sich auf alle von der Beklagten sowie den von ihr strukturmäßig untergeordneten Handelsvertretern K. K., D. M., S. W., Herrn A., Frau M. B., Frau E., Herrn J., Frau G. und Herrn H. T. vermittelten Verträge, bei denen in diesem Zeitraum Abschluss-, Bestandspflege, Dynamik- und sonstige Provisionen fällig geworden sind, erstreckt und der für vermittelte Versicherungsverträge folgende Angaben enthält:
1. Namen und Adresse des Versicherungsnehmers;
2. Angaben zum Antrag des Versicherungsnehmers, einschließlich Datum;
3. Datum der Vertragsannahme und Angabe zu Art und Inhalt des Vertrages, bei Versicherungsverträgen z.B.
- Versicherungsscheinnummer,
- Sparte,
- Tarifart,
- Prämien oder provisionsrelevante Sondervereinbarungen,
- Versicherungssumme und ggf. Erhöhung der Versicherungssumme durch Dynamik;
4. Vertragssumme und Jahresprämie (einschließlich Erhöhung durch Dynamik) sowie Zahlweise;
5. Vertragsbeginn und regelmäßige Vertragslaufzeit;
6. einschlägiger Provisionssatz und ggf. Sonderbestimmungen;
7. bei Stornofällen:
- Datum und Grund der Stornierung,
- Datum der Stornogefahrmitteilung,
- Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen,
- sonstige diesbezügliche Korrespondenz mit dem Kunden,
- Höhe der bis zur Stornierung geleisteten Zahlungen,
- Höhe und Fälligkeit offener Zahlungen ..."
Der Schuldner hat der Gläubigerin trotz der Zustellung beider Urteile lediglich am 22.4.2004 und 2.6.2004 die Anlagenkonvolute G 3 und G 4 zugeleitet. Mit Ss. vom 15.11.2004 ...