Verfahrensgang
LG Neubrandenburg (Entscheidung vom 14.08.2014; Aktenzeichen 83 Ns 9/13) |
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten des Verteidigers als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Der Angeklagte wurde am 17.04.2013 vom Amtsgericht Waren (Müritz) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis unter Einbeziehung der Jugendstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Neubrandenburg vom 06.08.2012 - 383 Ls 1065/12 - zu einer Einheitsjugendstrafe von einem Jahr verurteilt (43 Ds 68/12). Am Folgetag (18.04.2013) wurde er ebenfalls vom Amtsgericht Waren (Müritz) wegen Unterschlagung und Betruges nach Erwachsenenstrafrecht zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt (407 Ds 58/13).
Der Angeklagte hat gegen beide Urteile Berufung eingelegt. Das Berufungsverfahren bezüglich der Verurteilung vom 17.04.2013 ist unter Geschäftszeichen 83 Ns 9/13 bei der 83. Strafkammer als Kleine Jugendkammer des Landgerichts Neubrandenburg anhängig geworden; das Berufungsverfahren bezüglich der Verurteilung vom 18.04.2013 gelangte zunächst zur 90. Strafkammer des Landgerichts (90 Ns 94/13). Von dort wurde es mit Blick auf die Regelung in § 32 i.V.m. § 105 Abs. 1 JGG an die Jugendkammer abgegeben und dort zunächst unter dem Geschäftszeichen 83 Ns 12/13 registriert.
Mit Schreiben vom 30.05.2013 forderte der Vorsitzende der Jugendkammer im Verfahren 83 Ns 9/13 den Angeklagten auf, einen Verteidiger zum Zwecke der nach "§ 140 StPO" für erforderlich erachteten Beiordnung zu benennen. Nachdem darauf keine Reaktion erfolgt war, wurde dem Angeklagten mit Beschluss vom 26.06.2013 Rechtsanwalt B. in jenem Verfahren als Verteidiger bestellt. Mit Verfügung vom selben Tag gewährte der Jugendkammervorsitzende dem Rechtsanwalt Einsicht sowohl in die Akten 83 Ns 9/13 wie auch in das zu diesem Zeitpunkt noch nicht hinzuverbundene Verfahren 83 Ns 12/13 "mdB um Stellungnahme zur beabsichtigten Verbindung". Mit Schreiben vom 15.07.2013 beantragte der Verteidiger daraufhin, dem Angeklagten auch im Verfahren 83 Ns 12/13 als Pflichtverteidiger beigeordnet zu werden. Zu der beabsichtigten Verfahrenverbindung wurde ausdrücklich keine Erklärung abgegeben.
Nach zustimmender Äußerung der Staatsanwaltschaft wurden beide Berufungsstrafsachen mit Beschluss vom 25.07.2013 unter Führung des Verfahrens 83 Ns 9/13 verbunden.
Mit Schreiben vom 05.08.2013 beantragte der Verteidiger, "gem. § 48 Abs. 5 RVG festzustellen, dass sich die Beiordnung als Pflichtverteidiger auch auf diejenigen Verfahren erstreckt, in denen vor der Verbindung keine Beiordnung oder Bestellung erfolgt war". Dies lehnte der Vorsitzende der Jugendkammer mit Beschluss vom 14.08.2013 mit der Begründung ab, die gesetzlichen Voraussetzungen für diese Erstreckung lägen nicht vor, weil der Verteidiger in dem hinzuverbundenen Verfahren (gemeint: 83 Ns 12/13) vor der Verbindung und vor seiner Beiordnung im führenden Verfahren nicht tätig gewesen sei.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Verteidiger mit seiner Beschwerde vom 03.09.2013, der das Landgericht unter dem 03.09.2013 nicht abgeholfen hat. Die Generalstaatsanwaltschaft hält das Rechtsmittel für begründet.
II.
Die Beschwerde bleibt erfolglos.
1.
a) Die Anfechtung der getroffenen Entscheidung ist nach § 304 Abs. 1 StPO statthaft. Es gelten die allgemeinen Regeln der StPO, weil das RVG gegen Entscheidungen über Anträge nach (jetzt:) § 48 Abs. 6 Satz 3 RVG keinen besonderen Rechtsbehelf vorsieht (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 29. Januar 2008 - 4 Ws 9/08 - bei juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2. April 2004 - 3 Ws 94/07 - bei juris; KG Berlin, Beschluss vom 27. September 2011 - 1 Ws 64/10 -, juris; Burhoff RVGreport 2004, 411; ders. in Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl. § 48 Rdz. 154 m.w.N.). Der Pflichtverteidiger hat auch ein eigenes Beschwerderecht (vgl. OLGe Hamm und Düsseldorf aaO.), weil die angefochtene Entscheidung seinen Gebührenanspruch betrifft. Der Fall ist vergleichbar mit einer Beschränkung der Pflichtverteidigerbestellung auf die Vergütung eines ortsansässigen Rechtsanwalts, die der bestellte Verteidiger - anders als die Ablehnung seiner Bestellung - selbständig anfechten kann (vgl. OLG Düsseldorf VRS 116, 273; KG Berlin aaO.).
b) Auch ist der in Kostensachen erforderliche Beschwerdewert von 200 EUR (§ 304 Abs. 3 StPO) vorliegend erreicht. Dem Rechtsanwalt geht es - was das Landgericht allerdings anders gesehen hat - wohl nicht nur darum, auch für das hinzuverbundene Verfahren die Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG abrechnen zu können, die sich nach der Fassung der Bestimmung im dafür maßgeblichen Zeitpunkt der Beiordnung (§ 60 Abs. 1 Satz 1 RVG) nur auf 132,00 EUR netto belief, sondern er möchte entsprechend dem Wortlaut des § 48 Abs. 6 Satz 3 RVG wohl auch erreichen, dass "die Wirkungen des Satzes 1" auf das hinzuverbundene Verfahren erstreckt werden, er mithin auch die Vergütung als Pflichtverteidiger abrechnen kann, die in jenem Verfahren "für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung, in Strafsachen einschließlich seiner Tätigkeit...