Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflicht des Gerichts Ermittlungen über Zugang des Mahnschreibens einzuholen
Leitsatz (redaktionell)
Zwar ist es dem AG nicht verwehrt, im Rahmen des vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahrens über ein Bestreiten des Zugangs des Mahnschreibens zu entscheiden. Jedoch bedarf es der Ermittlung und Darlegung der Gründe, die den fehlenden Zugang des Mahnschreibens unwahrscheinlich erscheinen lassen.
Normenkette
ZPO § 648
Verfahrensgang
AG Ludwigslust (Beschluss vom 15.12.2009; Aktenzeichen 13 FH 1/08) |
Tenor
Auf die sofortigen Beschwerden des Antragsgegners wird der Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des AG Ludwigslust vom 15.12.2009 - Az.: 13 FH 1/08 - aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das AG zurückverwiesen.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt für den Zeitraum vom 1.11.2007 bis zum 30.8.2008 im Wege des vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahrens nach den §§ 645 ff. ZPO die Festsetzung rückständigen Kindesunterhalts gegen den Antragsgegner i.H.v. insgesamt 1.520 EUR. Der Antragsgegner hat nach Zustellung ihres Antrages eingewandt, gegen ihn könne nur Unterhalt für den Zeitraum vom 20.3.2008 bis zum 31.8.2008 (i.H.v. insgesamt 1.157,55 EUR) festgesetzt werden. Für den davor liegenden Zeitraum bestehe kein Anspruch vor, weil er nicht in Verzug gekommen sei. Denn Aufforderungsschreiben, insb. die vom 15.11.2007 und 4.1.2008, habe er nicht erhalten. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht antragsgemäß rückständigen Unterhalt von insgesamt 1.520 EUR für die Zeit vom 1.11.2007 bis zum 30.8.2008 festgesetzt. Die Einwendungen des Antragsgegners seien unbegründet. Mit seiner sofortigen Beschwerde verfolgt der Antragsgegner seine Begehren weiter.
II. Die sofortige Beschwerde gegen den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss ist gem. §§ 652, 648 Abs. 1 Nr. 2, 567, 568, 569 ff. ZPO zulässig ... (wird näher ausgeführt)...
Sie ist auch begründet. Die vom Antragsgegner erhobene Einwendung gegen die von der Antragstellerin beantragte Festsetzung ist gem. § 648 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässig. Nach der genannten Vorschrift sind Einwendungen gegen den Zeitpunkt zulässig, ab dem Unterhalt gezahlt werden soll. Eine derartige Einwendung hat das Antragsgegner erhoben. Er hat ausgeführt, er müsse erst ab dem 20.3.2008 Unterhalt zahlen.
Zwar war es dem AG entgegen der Ansicht des Antragsgegners nicht verwehrt, über diesen Einwand im Rahmen des vereinfachten Unterhaltsfestsetzungsverfahrens zu entscheiden (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 650 Rz. 3a sowie § 648 Rz. 4). Ein Bestreiten des Zugangs des Mahnschreibens kann vom zuständigen Gericht zurückgewiesen werden, wenn dieses für unwahrscheinlich hält, dass das Mahnschreiben nicht zugegangen ist (vgl. Philippi, a.a.O., § 648 Rz. 5 m.w.N.; Johannsen/Voßkuhle, Eherecht, 4. Aufl., Vor § 649 ZPO Rz. 7). Jedoch hat das AG nicht dargetan, aus welchen Gründen es vorliegend für unwahrscheinlich hält, dass die genannten Mahnschreiben nicht zugegangen sind. Zudem wurden Beweismittel für den Zugang bzw. das Absenden der genannten Schreiben nicht eingeholt (z.B. eidesstattliche Versicherungen für die Absendung der Mahnungen, oder Einholung des Posteinlieferungsscheins). Im Hinblick hierauf sowie unter Berücksichtigung des § 650 ZPO (Antragserfordernis, soweit sich der Antragsgegner zur Zahlung verpflichtet hat) war der Festsetzungsbeschluss aufzuheben und die Sache an das zuständige AG zurückzuverweisen.
Fundstellen