Verfahrensgang

LG Rostock (Entscheidung vom 27.08.2014; Aktenzeichen 412 Js 6550/13 - 13 KLs 90/13 (6))

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Verteidigers gegen den Beschluss des Landgerichts Rostock vom 27.08.2014 wird als unbegründet verworfen.

2. Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer ist Pflichtverteidiger des u.a. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vor der Staatsschutzkammer des Landgerichts Rostock Angeklagten D. S. Der Umfang der dem Landgericht vorliegenden Akten einschließlich Sonderbände und Sonderhefte beläuft sich auf über 50.000 Blatt. Dem Verteidiger sind nach Anklageerhebung die Akten (nur) in digitalisierter Form als PDF-Dokumente komplett auf einem USB-Speicherstick zur Verfügung gestellt worden ("e-Akte").

Mit Schreiben vom 11.10.2013 beantragte der Rechtsanwalt beim Landgericht u.a. die vorschussweise Erstattung der Dokumentenpauschale nach Nr. 7000 Abs. 1 a) VV RVG für die Herstellung von 53.214 Ablichtungen (gemeint: Ausdrucken) aus den Strafakten in Höhe von 7.999,60 € (netto) sowie weitere 12,00 € für nicht näher spezifizierte "Gerichtskosten und sonstige Auslagen". Dem beigefügt war eine 19seitige tabellarische Aufstellung, bestehend aus der Bezeichnung der einzelnen Akten- und Sonderbände jeweils mit Blattzahlen (von ... bis) und der Anzahl der danach ausgedruckten oder auszudruckenden Aktenblätter (in der Gesamtsaldierung als "Kopien" bezeichnet). Der teilweise mit Namen versehenen Aufstellung ist zu entnehmen, dass sich unter den angegebenen Fundstellen auch umfangreiche Aktenbestandteile befinden, die (nur) die Mitangeklagten R. (insgesamt 955 Blatt), W. (insgesamt 840 Blatt) und Sch. (insgesamt 844 Blatt) sowie die bei diesen durchgeführten Durchsuchungs- (insgesamt 520 Blatt) und andere, nur sie betreffende Ermittlungsmaßnahmen (insgesamt 1.241 Blatt) und Finanzermittlungen (insgesamt 1.410 Blatt) betreffen. Ferner werden in der Aufstellung umfangreiche Fundstellen aus den für die Mitangeklagten R., Sch. und W. angelegten Sonderheften gelistet (insgesamt 1.495 Blatt). Schließlich finden sich in der Aufstellung Angaben zu Aktenfundstellen, die die Vergütung des Verteidigers des Mitangeklagten R. betreffen (121 Blatt).

Auf Vorlage der Kostenbeamtin beantragte die Bezirksrevisorin beim Landgericht Rostock unter dem 11.11.2013, den an den Verteidiger auszuzahlenden Vorschuss auf die von ihm ebenfalls beantragte Verfahrensgebühr nach Nrn. 4118, 4119 VV RVG in Höhe von 397,46 € brutto festzusetzen und den weitergehenden Antrag abzulehnen. Sie vertritt die Auffassung, der vollständige Ausdruck der dem Rechtsanwalt dauerhaft in digitalisierter Form überlassenen Akten sei nicht erforderlich. Es sei ihm möglich und zuzumuten, mit dieser "elektronischen Akte" zu arbeiten, wie dies mittlerweile in weiten Teilen der Wirtschaft und der Verwaltung und teilweise auch schon in der Justiz der Fall sei. Das gelte auch für die Teilnahme an einer etwaigen Hauptverhandlung, während derer der Rechtsanwalt mittels eines Laptops auf die gesamten Akten zugreifen könne. Der gegenteiligen Auffassung des OLG Celle (Beschluss vom 28.11.2011 - 1 Ws 415/11 u.a.) folge sie deshalb nicht.

Dem ist der Verteidiger mit Schreiben vom 26.11.2013 unter expliziter Berufung auf die genannte Entscheidung des OLG Celle entgegengetreten. Er arbeite bislang auch in einer Hauptverhandlung nicht mit einem Laptop und habe auch künftig nicht die Absicht, dies zu erlernen und zu tun. Unter Berufung auf Art. 12 GG lasse er sich seine Arbeitsweise von der Bezirksrevisorin nicht vorschreiben. Der "körperliche" Ausdruck der Akten und das Anbringen von Anmerkungen auf einzelnen Aktenblättern sei in einem solchen Verfahren für eine angemessene Verteidigung notwendig.

Mit Schreiben vom 05.12.2013 teilte die Kostenbeamtin - wohl aufgrund eines in dem nunmehr angefochtenen Beschluss dargelegten Missverständnisses - dem Rechtsanwalt ihre Absicht mit, die "Kopiekosten" nur in Höhe von 397,47 € (brutto) anzuerkennen. Die entsprechende - formlose - Festsetzung erfolgte am 18.12.2013. Mit Blick auf die von der Bezirksrevisorin für diesen Fall bereits angekündigte Erinnerung wurde dem Verteidiger mit Schreiben vom 07.02.2014 nochmals Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen die Notwendigkeit zur Anfertigung der (weiteren) Aktenausdrucke zu begründen.

Dies tat der Rechtsanwalt mit Schreiben vom 25.02.2014, in dem er ausführte, er brauche den Ausdruck der umfangreichen Akten auf Papier, weil eine sachgerechte Bearbeitung für ihn nur zu bewerkstelligen sei, wenn er darin handschriftliche Notizen anbringen könne. Auch müsse er in der Lage sein, mehrere Aktenblätter nebeneinander zu legen, um einen inhaltlichen Abgleich einzelner "Dateien" mit den Vorwürfen der Anklageschrift vorzunehmen. Die digitale Akte stelle deshalb keinen "lückenlosen" Ersatz für die Papierform dar. Er kenne sich mit der Bearbeitung elektronischer Akten "nicht hinreichend" aus. Es liege auf der Hand,...

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