Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert des selbständigen Beweisverfahrens

 

Normenkette

ZPO § 3; GKG § 61

 

Verfahrensgang

LG Neubrandenburg (Beschluss vom 05.06.2008; Aktenzeichen 3 OH 2/07)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des LG Neubrandenburg vom 5.6.2008 wird zurückgewiesen.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines an der Peene gelegenen, mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks in L.

Seit dem Jahr 2005 ließ die Antragsgegnerin zu 1) in Teilabschnitten verschiedene Arbeiten der Baumaßnahme "Hafenausbau und Marina L." durchführen. Das ausführende Unternehmen war die Antragsgegnerin zu 2). Die Antragsgegnerin zu 1) beauftragte die Antragsgegnerin zu 3) mit der Bauplanung und Bauüberwachung. Der Antragsgegner zu 4) war angeblich mit der "Beratung am Bau" befasst.

Am 7.4.2006 begann die Antragsgegnerin zu 2) mit Rammarbeiten zur Erneuerung der Uferwand, die sie auf Weisung der Antragsgegnerin zu 1) am 10. oder 11.4.2006 kurzzeitig unterbrach und schließlich am 21.4.2006 beendete.

Bereits am 6.4.2006 bemerkte die Antragstellerin Risse an den Wänden ihres Wohnhauses. Später entdeckte sie auch noch andere Risse. Diese Schäden sind Gegenstand einer außergerichtlichen Auseinandersetzung und des am 15.2.2007 eingeleiteten selbständigen Beweisverfahrens gewesen.

Die Antragstellerin begehrte in der Antragsschrift vom 12.2.2007 gutachtliche Feststellungen u.a. zum Vorhandensein der näher bezeichneten Risse, zu deren Ursachen, aber auch zu deren Auswirkungen auf die Statik, Lebensdauer, Durchfeuchtung des Mauerwerkes, weitere Folgeschäden und eine etwaige Wertminderung des Gebäudes.

Der Sachverständige Prof. Dr.-Ing. H. erstatte am 3.3.2008 ein schriftliches Gutachten. Hierin führte er aus, dass die Risse auf bauphysikalische und materialbedingte Vorgänge (etwa Schwinden und Quellen) sowie eine nicht fachgerechte Ausführung der Gebäudesanierungsarbeiten im Jahre 1999 zurückzuführen seien. Die Kosten für die Beseitigung der aufgefundenen Risse betrügen 5.500 EUR.

Die Beschwerde vom 7.2.2009 richtet sich gegen den Beschluss des LG Neubrandenburg vom 5.6.2008, mit dem es den Streitwert auf 30.000 EUR festgesetzt hat. Das LG hat der Antragstellerin erst am 26.1.2009 eine Ausfertigung des Beschlusses übersandt. Mit Beschluss vom 16.3.2009 hat es der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die gem. § 68 Abs. 1 GKG zulässige Streitwertbeschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.

Für die Wertbestimmung in einem selbständigen Beweisverfahren ist das materielle Interesse des Antragstellers an der Begutachtung maßgebend. Das Interesse richtet sich nach dem zu sichernden Anspruch, in aller Regel also nach dem erforderlichen Aufwand für die Beseitigung der behaupteten Schäden oder Mängel.

Nach der Rechtsprechung des 3. Zivilsenats des BGH ist der von einem Antragsteller bei Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens geschätzte Wert (§ 61 GKG) weder bindend noch maßgeblich. Nach Einholung des Gutachtens hat das Gericht den "richtigen" Hauptsachewert, bezogen auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung und das Interesse des Antragstellers, festzusetzen (BGH, Beschluss v. 16.9.2004, III ZB 33/04, NJW 2004, 3488; vgl. auch BGH, Beschluss v. 20.4.2005, XII ZR 92/022, NJW-RR 2005, 1011; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 17.2.2009, 1-10 W 132/08, 10 W 132/08, veröffentlicht in der Jurisdatenbank; OLG Hamburg, Beschluss v. 1.2.2000, 9 W 2/00, NJW-RR 2000, 827, 828; Zöller/Herget, Zivilprozessordnung, Kommentar, 27. Aufl., § 3 Rz. 16, Stichwort "Selbständiges Beweisverfahren" m.w.N.). Werden nicht alle behaupteten Mängel vom Sachverständigen bestätigt, sind für die Streitwertfestsetzung diejenigen Kosten zu schätzen, die sich ergeben hätten, wenn die Mängel festgestellt worden wären (BGH, Beschluss v. 16.9.2004, a.a.O.). Stellt der Sachverständige die behaupteten Mängel nicht fest und bestimmt er deshalb keine Beseitigungskosten, ist der Wert nicht auf den Mindestbetrag von 300 EUR, sondern unter Zugrundelegung der Behauptungen zu den Mängeln festzusetzen (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG Celle, Beschl. v. 5.3.2008, 14 W 6/08, BauR 2008, 1188; OLG Naumburg, Beschl. v. 10.10.2007, 12 W 92/07, BauR 2008, 873). Können in einem Beweisverfahren nicht alle behaupteten Mängel bestätigt werden, sind für die Streitwertfestsetzung diejenigen Kosten zu schätzen, die sich ergeben hätten, wenn jene Mängel festgestellt worden wären (OLG Jena OLG-Report 2001, 132).

Das Gericht schätzt den Streitwert auf 30.000 EUR.

Zwar konnte der Sachverständige das Vorhandensein der von der Antragstellerin behaupteten Risse "vollinhaltlich bestätigen", jedoch waren die Arbeiten im Zusammenhang mit dem Hafenausbau, vor allem die Rammarbeiten für diese Schäden nicht ursächlich. Bei einer solchen Sachlage kann zur Bemessung des Gegenstandswertes der vom Sachverständigen kalkulierte Aufwand nicht herangezogen werden (vgl. OLG Düsseldorf, Bes...

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