Leitsatz (amtlich)
1. Stehen dem Gläubiger ggü. dem Schuldner Forderungen aus mehreren Schuldverhältnissen zu, kann der Schuldner bestimmen, auf welche dieser Forderungen er leistet.
2. Der Mieter ist nicht verpflichtet, die Versorgung von Räumen mitzuübernehmen, die Dritten überlassen sind oder vom Vermieter genutzt werden. Auch die Kosten, die auf leerstehende Räume entfallen, hat nicht der Mieter zu tragen.
Verfahrensgang
LG Neubrandenburg (Urteil vom 23.09.2008; Aktenzeichen 4 O 83/08) |
Tenor
1. Das Urteil des LG Neubrandenburg vom 23.9.2008 wird abgeändert und die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: bis zu 8.500 EUR
Gründe
I. Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.
Die Klägerin kann nicht mit Erfolg in ihrer Eigenschaft als Insolvenzverwalterin über das Vermögen der B. GmbH & Co. KG Mieten für die Monate November 2004 bis Mai 2005, Juli 2005 und anteilig Juni 2005 beanspruchen.
1. Gemäß § 535 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den Bestimmungen des Mietvertrages vom 13.10.1997 war die Beklagte verpflichtet, an die Insolvenzschuldnerin im streitgegenständlichen Zeitraum eine monatliche Miete einschließlich Nebenkostenvorauszahlung und Umsatzsteuer von 907,58 EUR zu zahlen, wovon die Klägerin monatlich nur 769,63 EUR geltend macht. Für Juni 2005 verlangt sie einen Betrag von 81 EUR.
Die Beklagte hat jeweils am 11.11.2004, 4.1.2005, 9.2.2005, 9.5.2005 und 8.6.2005 Zahlungen eines Betrages von 907,58 EUR geleistet. Die Klägerin hat diese zunächst auf ältere Forderungen aus den Jahren 2003 und 2004 und zum Teil auf die streitgegenständlichen Mieten (November 2004, Mai 2005) verrechnet und so das klageweise geltend gemachte Saldo ermittelt.
2. Die Klägerin war jedoch aufgrund der von der Beklagten getroffenen Leistungsbestimmungen gem. § 366 Abs. 1 BGB an der von ihr gewählten Verrechnung gehindert. Stehen dem Gläubiger ggü. dem Schuldner Forderungen aus mehreren Schuldverhältnissen zu, kann der Schuldner bestimmen, auf welche dieser Forderungen er leistet. Nur wenn er eine solche Leistungsbestimmung nicht trifft, kann der Gläubiger nach den Regeln des § 366 Abs. 2 BGB die Leistung verrechnen. Dabei ist das Schuldverhältnis im engeren Sinne gemeint, so dass die Vorschrift auch für mehrere Forderungen aus dem gleichen Mietverhältnis Anwendung findet (Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 366 Rz. 2).
Nicht erforderlich ist es für die Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts, dass der Schuldner die Forderung umfassend etwa unter Angabe von Aktenzeichen, Rechnungsnummer oder ähnlichen Angaben bei ihrer Erbringung bezeichnet. Vielmehr genügt es, wenn die vom Schuldner vorgenommene Zuordnung der Leistung auf eine bestimmte Schuld für den Gläubiger bei verständiger Würdigung der Umstände hinreichend deutlich erkennbar wird, also bestimmbar ist. So kann sie auch stillschweigend erfolgen (BGH, Urt. v. 13.12.1990 - IX ZR 33/90, NJW-RR 1991, 565; BGH, Urt. v. 27.6.1995 - XI ZR 213/94, NJW-RR 1995, 1258; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 366 Rz. 7), etwa durch Bezahlung gerade einer Schuldsumme (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 366 Rz. 7), wobei sich die Bestimmung auch aus der Interessenlage ergeben kann.
Das ist hier der Fall. Die Überweisungen waren jeweils mit dem Hinweis "Mietzahlung" versehen. Die Beklagte hat den sich aus dem Vertrag ergebenden Betrag der Monatsmiete cent-genau - jedenfalls ab März 2004 - mit Ausnahme der Monate, in denen sie keine Zahlungen leistete, erbracht. Zudem erfolgte die Zahlung weit überwiegend zum Monatsbeginn hin. Die monatlichen cent-genauen Zahlungen sprechen auch gegen die Annahme der Klägerin, die Beklagte habe immer dann geleistet, wenn sie Geld gehabt habe, ohne auf einen konkreten Rückstand leisten zu wollen. Gegen eine Zahlung auf eine frühere Forderung als der jeweils aktuellen Miete spricht auch, dass sich die Beklagte auf einen Vorschlag zur Vertragsänderung der Insolvenzschuldnerin im Februar 2004, der bis dahin aus Sicht der Klägerin rückständige Mieten ausgleichen sollte, nicht eingelassen hat, obgleich die Insolvenzschuldnerin für die Zukunft eine günstigere Miete angeboten hatte. Dies spricht eher dafür, dass sich die Beklagte gerade nicht in der Pflicht sah, auf ältere Forderungen überhaupt noch leisten zu müssen. In Würdigung dieser Umstände war es für die Insolvenzschuldnerin hinreichend erkennbar, dass die Beklagte auf die jeweilige Monatsmiete zahlen wollte.
Hiervon ausgehend sind die Mieten November 2004, Januar, Februar, Mai und Juni 2005 geleistet worden. Soweit die Leistungen jedoch den von der Klägerin geltend gemachten Betrag überstiegen, kann es dahinstehen, ob die Klägerin diese auf frühere Forderungen verrechnen konnte oder dem die Leistungsbestimmung der Beklagten entgegensteht, denn eine Rü...