Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Auslegung eines Teilungsabkommens, in dem auf die Prüfung der Haftungsfrage verzichtet wird

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157

 

Verfahrensgang

LG Schwerin (Urteil vom 28.07.2006; Aktenzeichen 4 O 129/06)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 28.7.2006 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Schwerin - Az.: 4 O 129/06 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert beträgt 10.365,74 EUR.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem zwischen den Parteien bestehenden Rahmenteilungsabkommen (im Folgenden: TA). Die Vorschrift des § 1 Abs. 9 lit. b) TA sieht in den der Allgemeinen Haftpflichtversicherung unterliegenden Fällen eine pauschale Regulierung mit einer Quote von 45 % vor. Die Klägerin hatte in 5 Fällen unfallbedingte Behandlungskosten für pflegebedürftige Heimbewohner aufzuwenden, die jeweils in einem Pflegeheim gestürzt waren und sich dabei erheblich verletzt hatten. Sie nimmt die Beklagte als jeweilige Betriebshaftpflichtversicherung aus dem TA auf Ersatz von 45 % der unfallbedingten Behandlungskosten in Anspruch. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat der Kläger stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird ebenfalls Bezug genommen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung macht die Beklagte geltend, das LG habe die Anwendungsvoraussetzungen des Teilungsabkommens verkannt. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Teilungsabkommens sei ein innerer Zusammenhang zwischen Schadensfall und versichertem Haftpflichtbereich. Die Klägerin habe bereits nicht hinreichend dargelegt, dass sich die streitgegenständlichen Stürze jeweils im Pflichtenbereich des Heimträgers ereignet hätten. Dies gelte namentlich unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des BGH, wonach davon auszugehen sei, dass der Pflichtenbereich des Heimbetreibers begrenzt sei und dem Heimbewohner eine eigenverantwortliche Lebens- und Risikosphäre verbleibe.

Dieser Rechtsauffassung der Beklagten sei auch das LG Magdeburg in seinem bereits erstinstanzlich von der Beklagten vorgelegten Urteil vom 4.4.2006 gefolgt. Die Beklagte weist darauf hin, dass das OLG Naumburg zwischenzeitlich mit Urteil vom 18.10.2006 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen hat.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des LG Schwerin abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Ergänzend weist sie darauf hin, dass sich den von der Beklagten angeführten Urteilen des BGH nicht entnehmen lasse, es gäbe einen Pflegefreiraum, innerhalb dessen den Heimträger keine Verpflichtungen träfen. Vielmehr bezögen sich die Ausführungen des BGH auf die Frage der Beweislastverteilung. Auf diese komme es aber im vorliegenden Rechtsstreit wegen des Teilungsabkommens gerade nicht an, weshalb es auch keiner Darstellung von Unfallhergängen durch die Klägerin bedurft habe. Im Übrigen nimmt die Klägerin, die erstinstanzlich zahlreiche Urteile vorgelegt hat, die ihre Rechtsauffassung bestätigen, auf ihren gesamten erstinstanzlichen Sachvortrag Bezug.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das LG die Haftung der Beklagten gern. § 1 TA bejaht. Die von der Berufung aufgeworfene Frage nach der Auslegung dieser Vorschrift ist mit der ganz überwiegenden Rechtsprechung dahingehend zu beantworten, dass es für die Anwendbarkeit des TA, welches einen Verzicht nicht nur auf die Prüfung der Schuldfrage, sondern darüber hinausgehend auf die Prüfung der Haftungsfrage enthält, nicht erforderlich ist, dass ein Schadensfall auf einer objektiven Pflichtverletzung des Versicherten (hier: des Heimträgers) beruht. Vielmehr reicht es aus, dass das Schadensereignis seiner Art nach in den Gefahrenbereich fällt, für den der Haftpflichtversicherer Versicherungsschutz zu gewähren hat (vgl. zu inhaltlich übereinstimmenden Klauseln bereits BGH, Urt. v. 16.12.1981, VersR 1982, S. 333, 333; Urt. v. 26.5.1982, VersR 1982, S. 774, 774). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 2 TA und darüber hinaus insb. aus einer systematischen Auslegung mit Blick auf § 1 Abs. 3 und Abs. 4 TA. Denn die in § 1 Abs. 3 und Abs. 4 TA enthaltenen Einschränkungen wären entbehrlich, wenn § 1 Abs. 2 TA dahingehend zu verstehen wäre, dass eine auch nur objektive Pflichtverletzung des Versicherten vorliegen muss. Soweit die Vorschrift des § 1 Abs. 4 TA darüber hinaus - offenbar in Anknüpfung an die vorzitierte höchstrichterliche Rechtsprechung - die Anwendbarkeit f...

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