Leitsatz (amtlich)
1. Ist die Klägerin als Auftragnehmerin zur Mangelbeseitigung verpflichtet und kommt sie dieser Verpflichtung trotz Fristsetzung nicht nach (§ 637 Abs. 1 BGB) oder schlägt der Mängelbeseitigungsversuch fehl, kann die Beklagte als Bestellerin die Mängelbeseitigung selbst vornehmen und die hierfür gemachten Aufwendungen von der Klägerin ersetzt verlangen.
2. Steht die Arbeit eines Werkunternehmers in engem Zusammenhang mit der Vorarbeit eines anderen Unternehmers oder ist sie aufgrund dessen Planung auszuführen, muss er prüfen und gegebenenfalls auch geeignete Erkundigungen einziehen, ob diese Vorarbeiten, Stoffe oder Bauteile eine geeignete Grundlage für sein Werk bieten und keine Eigenschaften besitzen, die den Erfolg seiner Arbeit in Frage stellen können
3. Trifft den Besteller oder dessen Erfüllungsgehilfen an dem zu beseitigenden Mangel eine Mitverantwortlichkeit, muss er sich in diesem Umfang an den Mangelbeseitigungskosten beteiligen.
Verfahrensgang
LG Neubrandenburg (Urteil vom 23.06.2008; Aktenzeichen 3 O 102/06) |
Tenor
1. Das Urteil des LG Neubrandenburg vom 23.6.2008 wird auf die Berufung der Beklagten unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen dahin abgeändert, dass die Klägerin auf die Widerklage der Beklagten hin unter Zurückweisung der Widerklage im Übrigen verurteilt wird, an die Beklagte 5.240 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozent hierauf seit dem 7.3.2006 zu zahlen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 1/6, die Beklagte 5/6. Von den Kosten zweiter Instanz tragen die Klägerin 3/10, die Beklagte 7/10. Der Streithelfer trägt seine Kosten der ersten Instanz zu 5/6 und der zweiten Instanz zu 7/10 selbst; im Übrigen trägt sie die Klägerin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Streitwert der Berufung: 17.286 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Zahlung restlichen Werklohns, die Beklagte verlangt widerklagend den Ersatz von Mangelbeseitigungskosten.
Die Beklagte baute in den Jahren 2002 und 2003 eine aus der Zeit um 1967 stammende Werkhalle um. Im Rahmen dessen wurde auch ein Giebel vollständig umgebaut. Hierbei wurden Stützen entfernt und ein Querträger eingezogen. Die Klägerin wurde beauftragt, an diesem Träger ein Falttor mit einem Gewicht von ca. 3 t zu montieren. Dieses zu einem Nettopreis von 15.000 EUR zu erstellen, verpflichtete sich die Klägerin mit Vertrag vom 9.11.2002. Die Klägerin übersandte der Beklagten im Dezember 2002 Konstruktionszeichnungen und führte die Arbeiten aus, die Beklagte nahm sie unter Vorbehalt geringfügiger Mängel ab. Die Klägerin unternahm Nachbesserungsversuche.
Auf die Schlussrechnung der Klägerin vom 18.2.2003 über 17.400 EUR brutto zahlte die Beklagte Teilbeträge. Offen blieben 7.830 EUR. Hierüber hat die Klägerin Mahnbescheid beantragt. Hierauf hat die Beklagte 6.264 EUR gezahlt. Über den Restbetrag von 1.566 EUR ist Vollstreckungsbescheid ergangen, dessen Aufrechterhaltung die Klägerin im streitigen Verfahren weiter verfolgt hat.
Die Beklagte hat erstinstanzlich widerklagend Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung auf der Grundlage des von ihr eingeholten Gutachtens des Sachverständigen G. geltend gemacht, der einen Kostenaufwand von 28.000 EUR ermittelt hat. Neben diesem Betrag hat sie die Feststellung begehrt, dass die Klägerin verpflichtet sei, ihr die darüber hinausgehenden Kosten der Mängelbeseitigung zu ersetzen.
Sie hat folgende Mängel gerügt:
- das Falttor lasse sich nur schwergängig öffnen und schließen
- es stehe unter Spannung, weil es fehlerhaft montiert sei
- das Tor hakt im letzten Element aus
- die Gummidichtungen zwischen einzelnen Torelementen als auch an den Anschlägen sind defekt
- die Bürstenschienen sind stellenweise verbogen
- die einzelnen Elemente weisen diverse großflächige Beulen auf
- die Lackierung des Tores ist mangelhaft (Nieten teilweise überhaupt nicht lackiert, Farbunterschiede, Farbabplatzungen)
- die Scharniere seien nicht lotgerecht montiert.
Die Klägerin hat die Abweisung der Widerklage beantragt und eine Verantwortlichkeit für die Mängel abgelehnt. Sie hat gemeint, das Gebäude trage die Toranlage aufgrund fehlerhafter Statik nicht. Dafür habe die Beklagte oder der Statiker einzustehen, nicht die Klägerin. Die Beschädigung der Gummidichtungen und Bürstenschienen sowie das Aushaken des Tores seien auf unsachgemäße Handhabung zurückzuführen. Zudem fahre die Beklagte mit einem 60-Tonnenkran über die Schienen, wodurch sie ebenfalls beschädigt würden. Die festgestellten Beulen seien auf Fremdeinwirkungen zurückzuführen.
Das LG Neubrandenburg hat nach Beweiserhebung durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Prof. R. mit Urteil vom 23.6.2008 den Vollstreckungsbescheid vom 2.7.2003 aufrechterhalten und die Widerklage abgewiesen. Wegen der weiteren erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen und der Urteilsgründe im Einzelnen nimmt der Senat auf das angefochtene Urteil Bezug.
Die Beklagte greift das Urteil mit ihrer Berufung vollumfänglich an und rügt insbesondere die Verletzun...