Leitsatz (amtlich)
Die gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2, § 9 Abs. 1 Satz 3 EGBGB in einen Verbraucherdarlehensvertrag aufzunehmenden Pflichtangaben zum Widerrufsrecht müssen nicht mit den übrigen Darlehensbestimmungen in einer einheitlichen Vertragsurkunde enthalten sein. Vielmehr genügt es zur Wahrung der Schriftform des § 492 Abs. 2 BGB, wenn in einer Haupturkunde hinreichend deutlich auf die Anlage, die die Widerrufsinformation enthält, Bezug genommen wird.
Normenkette
BGB § 492 Abs. 2; BGBEG Art. 247 § 6 Abs. 2, § 9 Abs. 1 S. 3
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Kläger gegen das am 10.04.2018 verkündete Urteil des Landgerichts Rostock, Az. 1 O 734/16, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger.
3. Dieses Urteil sowie das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Rostock sind vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des auf Grund der Urteile vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Nachdem die Kläger zunächst begehrt haben, dass der mit der Beklagten geschlossene Immobiliendarlehensvertrag vom 14./22.06.2011 (GA 39ff) aufgrund ihres Widerrufs mit Schreiben vom 20.06.2016 (GA 174f) in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden sei, beantragen sie nunmehr in der Berufungsinstanz die Rückzahlung der von ihnen an die Beklagte auf den Vertrag geleisteten Zahlungen für den Zeitraum ab dem 30.06.2011 zuzüglich eines Nutzungsersatzes von Zinsen in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.
In dem Widerrufsschreiben vom 20.06.2016 erklärten die Kläger vorsichtshalber bezüglich der Zahlungsforderungen der Beklagten die Aufrechnung mit ihrem Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Raten sowie der darauf entfallenden Nutzungsentschädigung (GA 174f). Im erstinstanzlichen, nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 15.03.2018 (GA 103ff) erklärten die Kläger abermals die Aufrechnung mit ihrem Anspruch aus dem Rückabwicklungsverhältnis wegen ihrer bis zum Widerruf geleisteten Zahlungen in Höhe von 61.028,28 EUR und eines Zinsanspruches von 2,5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz in Höhe von 2.670,77 EUR.
Die Kläger zahlten auf den Darlehensvertrag vom 14./22.06.2011 (GA 39ff) über ein Darlehen von 200.000,00 EUR bis zum Zeitpunkt des Widerrufs 61.028,28 EUR an die Beklagte. Nach Widerruf zahlten sie in der Zeit ab dem 30.06.2016 bis einschließlich 31.07.2018 zusammen 25 Monatsraten à 1.000,00 EUR, insgesamt somit 25.000,00 EUR, an die Beklagte (vgl. Aufstellung der Kläger vom 01.08.2018, Anlage K8 = GA 176ff).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf das Urteil des Landgerichts Rostock vom 10.04.2018 (GA 111ff, vorgeh.) verwiesen.
Das Landgericht Rostock hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Kläger blieben an das Darlehen gebunden, da sie den Darlehensvertrag nicht fristgemäß widerrufen hätten. Die Beklagte habe die Kläger ordnungsgemäß belehrt. Dem stehe nicht entgegen, dass die Widerrufsbelehrung nicht in der Vertragsurkunde selbst, sondern in einer Anlage enthalten sei. Diese Anlage sei in der von den Klägern unterzeichneten weiteren Anlage ausdrücklich in Bezug genommen worden. Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
Gegen das ihnen am 17.04.2018 zugestellte Urteil haben die Kläger mit am 03.05.2018 beim Oberlandesgericht Rostock eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie mit am 18.06.2018 eingegangenem Schriftsatz begründet haben.
Die Kläger greifen das angefochtene Urteil des Landgerichts Rostock im vollen Umfang an. Die in Bezug genommene Widerrufsbelehrung der Beklagten sei kein Bestandteil der Vertragsurkunde geworden, so dass die Voraussetzung in Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB, wonach die Widerrufsbelehrung im schriftlichen Vertrag enthalten sein müsse, nicht erfüllt sei. Die Anforderungen der Schriftform an die Urkundeneinheit seien nicht gewahrt. Die Zusammengehörigkeit zwischen der Vertragsurkunde und der als Anlage enthaltenen, externen Widerrufsbelehrung (GA 48f) sei nicht zweifelsfrei kenntlich gemacht. Soweit in der zweiseitigen mit "Besondere Vereinbarung" überschriebenen Anlage zum Darlehen (GA 46f) enthalten sei, dass abweichend zu den Bestimmungen in Tz. 14 für die Widerrufsinformation die Bestimmungen in der Anlage dieses Vertrags gelten, sei dies nicht im Text hervorgehoben worden und leicht zu übersehen.
Die im Schriftsatz vom 01.08.2018 (GA 169ff) vorgenommene Änderung der Klage von den zunächst in der Berufungsbegründung vom 18.06.2018 (GA 150ff) angekündigten Feststellungsanträgen auf den Leistungsantrag auf Rückzahlung der geleisteten Raten zuzüglich Nutzungsentschädigung sei zulässig, da das Landgericht Rostock einen Hinweis auf die Unzulässigkeit der Feststellungsklage nicht erteilt habe, ...