Verfahrensgang

LG Stralsund (Urteil vom 05.03.2004; Aktenzeichen 6 O 96/03)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 5.3.2004 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Stralsund, Az.: 6 O 96/03, wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die in Italien ansässige Beklagte aus einer Gewinnzusage in Anspruch. Im September 2002 erhielt die Klägerin ein Schreiben von der Beklagten, das u.a. den Auszug eines Gewinner-Protokolls vom 6.9.2002 enthielt. Danach sollte die Klägerin Gewinnerin eines Gesamtbetrages i.H.v. 25.000 EUR sein. Zur Anforderung des Gewinns sollte die Klägerin eine als "eidesstattliche Versicherung" bezeichnete Erklärung - in der das Geburtsdatum anzugeben war - unterzeichnen. Der letzte Satz dieser Erklärung lautet wie folgt: "Durch meine Unterschrift erteile ich mein Einverständnis mit den Vergabebedingungen." Die Vergabebedingungen waren in kleiner Schrift und an unauffälliger Stelle auf einem mit mehreren Warenangeboten versehenen Bestellschein abgedruckt. In den Vergabebedingungen wird u.a. darauf hingewiesen, dass der Betrag von 25.000 EUR zu gleichen Teilen unter allen Einsendern von unterschriebenen und gültigen "eidesstattlichen Versicherungen" aufgeteilt werde und dass Beträge unter 1,50 EUR nicht ausgezahlt werden würden. Für die Beantwortung lag dem Schreiben der Beklagten an die Klägerin ein Rückumschlag mit folgender Adressenangabe bei:

"S.

Schlemmen & Genießen

z. Hd. C.M.

Direktion

PLZ, Ort."

Wegen des übrigen Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat der Klage - bis auf Zinsen für einen Tag - stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird ebenfalls Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie ist der Auffassung, das LG habe § 661a BGB fehlerhaft ausgelegt. Die Werbesendung müsse in ihrer Gesamtheit betrachtet und bewertet werden. Es sei daher insb. zu berücksichtigen, dass die Klägerin durch ihre Unterschrift ihr Einverständnis mit den Vergabebedingungen erteilt habe. Schon deswegen habe die Klägerin mit den sich daraus ergebenden Einschränkungen rechnen müssen, ohne dass es darauf ankomme, an welcher Stelle und in welcher Größe diese abgedruckt seien. Im Übrigen ist die Beklagte der Auffassung, dass die §§ 305 ff. BGB auf die von der Beklagten verwendeten Spielregeln nicht anwendbar seien. Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. §§ 305 ff. BGB lägen nur dann vor, wenn es sich um vorformulierte Bedingungen für gegenseitige Verträge handele. Die vom Unternehmer abgegebene Mitteilung i.S.d. § 661a BGB sei hingegen einem einseitigen Rechtsgeschäft gleichzustellen, auf das die gesetzlichen Regeln über allgemeine Geschäftsbedingungen nicht anwendbar seien.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des LG Stralsund vom 5.3.2004, Az.: 6 O 96/03, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend weist sie darauf hin, dass § 661a BGB vom Empfänger einer Gewinnmitteilung keine überdurchschnittlich gründliche Prüfung hinsichtlich des in Aussicht gestellten Preises verlange.

Wegen des übrigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst eingereichten Unterlagen Bezug genommen.

II. Die Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Die deutschen Gerichte sind zur Entscheidung dieses Rechtsstreits international zuständig. Die Vorschrift des § 513 Abs. 2 ZPO steht einer Prüfung dieser Frage in der Berufungsinstanz nicht entgegen, weil diese Regelung trotz ihres weit gefassten Wortlautes nicht die internationale Zuständigkeit betrifft (BGH v. 28.11.2002 - III ZR 102/02, MDR 2003, 348 = BGHReport 2003, 248 m. Anm. Schneider = NJW 2003, 426 [426 f.], m.w.N.). Im Übrigen komme die Vorschrift des § 513 Abs. 2 ZPO bei einer abweichenden Auslegung insoweit nicht zur Anwendung, als sie im Widerspruch zu vorrangigen gemeinschaftsrechtlichen Regelungen (beispielsweise aus Art. 25f der EG-VO Nr. 44/2001 (im Folgenden: EuGVVO) stehe.

Die internationale Zuständigkeit bestimmt sich vorliegend nicht nach dem europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen (EuGVÜ), sondern nach der am 1.3.2002 in Kraft getretenen EuGVVO, weil die Klageschrift vom 10.3.2003 der Beklagten am 5.11.2003 - mithin nach In-Kraft-Treten der EuGVVO - zugestellt worden ist, Art. 66 Abs. 1 EuGVVO. Aus diesem Grund kommt es letztlich nicht darauf an, dass im Anwendungsbereich des EuGVÜ nach dem Urteil des EuGH vom 20.1.2005 (EuGH v. 20.1.2005 - Rs. C-27/02, NJW 2005, 811 ff.) die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte im Falle einer grenzüberschreitenden Gewinnmitteilung an einen deutschen Verbraucher entgegen der vom BGH in seinem Urteil vom 28.11.2002 (BGH v. 28.11.2002 - III ZR 102/02, MDR 2003, 348 = BGHReport 2003, 248 m. Anm. Schneider = NJW 2003,...

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