Verfahrensgang
LG Neubrandenburg (Urteil vom 08.08.2002; Aktenzeichen 10 O 76/01) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Neubrandenburg vom 8.8.2002 - 10 O 76/01, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 153.387,56 EUR (300.000 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 7.7.2001 zu zahlen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Kosten der Nebenintervenientin.
Das Urteil ist für den Kläger und die Nebenintervenientin (wegen der Kosten) ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, eine Zwangsvollstreckung durch den Kläger und/oder die Nebenintervenientin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, sofern diese nicht jeweils zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 153.387,56 EUR.
Gründe
A. Der Kläger nimmt in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der P. Trocknungswerk und Handelsgesellschaft mbH (im Folgenden: Gemeinschuldnerin) den Beklagten als ehemaligen Geschäftsführer nach § 43 Abs. 2 GmbHG wegen Verletzung seiner Geschäftsführerpflichten auf Schadensersatz wegen entgangener Beihilfeleistungen der EU für den Trockenfutterwirtschaftszeitraum von Juli 1996 bis März 1997 in Anspruch. Der Kläger hat den eingeforderten Betrag aus Gründen der Prozessökonomie im Wege der Teilklage auf 300.000 DM (von ca. 1,8 Mio. DM, vgl. Bl. 12 d.A.) Schaden begrenzt.
Für den unstreitigen Sachverhalt, die Parteivorträge und die erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das LG hat die Schadensersatzklage mit der Begründung zurückgewiesen, dem Kläger sei trotz zahlreicher und ausführlicher gerichtlicher Hinweise keine substantiierte Darlegung einer dem Beklagten vorwerfbaren, schadensursächlichen, konkreten Verletzung der ihm als Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin obliegenden objektiven Pflichten gelungen. Ein sog. Organisationsverschulden, welches auch zu einer Pflichtverletzung durch Unterlassen führen könne, sei nicht dargetan. Die Darlegungs- und Beweislast für die objektive Pflichtverletzung hat das LG auf Seiten des Klägers (d.h. der klagenden Gesellschaft) gesehen. Es sei eine Vielzahl möglichen Fehlverhaltens von Mitarbeitern der Gemeinschuldnerin denkbar, die der Beklagte auch im Rahmen einer ausreichenden Organisation des Betriebes im Trocknungswerk nicht habe erkennen können und die ursächlich für die vollständige Rückforderung der im Vorschusswege gewährten Beihilfen gewesen sein könnten.
Darüber hinaus hat das LG auch den Schaden für nicht substantiiert dargelegt angesehen. Der Kläger dürfe insoweit lediglich verlangen, was ihm bei korrekter Bearbeitung der Beihilfeanträge für die Trockenfutterherstellung durch die Gemeinschuldnerin zugestanden hätte. Der Kläger müsse deswegen näher ausführen, welche Beihilfeleistungen berechtigt gewesen wären.
Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerechten Berufung.
In der Berufungsinstanz ist die R. genossenschaft N. AG, die den Betrieb der Gemeinschuldnerin fortführt und der als Insolvenzgläubigerin eine Forderung von ca. 1,4 Mio. DM gegen die Gemeinschuldnerin zusteht, dem Rechtsstreit auf Klägerseite gem. § 66 Abs. 1 ZPO beigetreten. Auch die Streithelferin hat form- und fristgerecht Rechtsmittel gegen das Urteil des LG Neubrandenburg eingelegt.
Klägerin und Streithelferin rügen vor allen Dingen, dass die klagabweisende Entscheidung des LG auf einer rechtsfehlerhaften Verkennung der Darlegungs- und Beweislast zu Lasten der den Geschäftsführer auf Schadensersatz in Anspruch nehmenden GmbH beruhe:
Vorliegend ergebe sich bereits aus dem Schaden, nämlich der vollständigen Rückforderung der im Vorschusswege für die Trockenfutterherstellung aus Grünfutter von geförderten Erzeugerflächen gewährten Beihilfen wegen unklarer Zuordnung und Mengenerfassung des verarbeiteten Grünfutters eine objektive Pflichtverletzung des beklagten ehemaligen Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin.
Die Unregelmäßigkeiten würden in den abgereichten Prüfberichten der BLE (Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung) Nr. ... für das Wirtschaftsjahr 1995 und insb. im Prüfbericht Nr. ... für den Zeitraum Juni 1996 bis 9.7.1997 hinreichend konkret benannt. Beispielhaft greifen Kläger und Streithelferin die folgenden - in der Sache unstreitigen - Beanstandungen aus dem zuletzt erwähnten Prüfbericht Nr. ... auf:
- Grünfutter wurde nicht wie ggü. der BLE angegeben, i.H.v. 14.646 t von vertraglich gebundenen Lieferanten mit Trocknungsflächen gekauft; vielmehr konnte nur die Menge von 10.411 t Grünfutter als von den vertraglich gebundenen Lieferanten stammend nachgewiesen werden.
- Konkret festgestellt wurde, dass mindestens 2.750 t Grünfutter von anderen Lieferanten bezogen wurde.
- Die Auslieferung vo...