Leitsatz (amtlich)
1. Die Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil kann sich zulässiger Weise darauf beschränken, sich gegen die Zurückweisung des Antrages auf Vorbehalt der Beschränkung der Erbenhaftung zu wenden, ohne dass es dafür des Erreichens der Berufungssumme bedürfte.
2. Der Vorbehalt der Haftungsbeschränkung kann grundsätzlich auch noch in der Berufungsinstanz erfolgen; § 531 Abs. 2 ZPO steht dem nicht entgegen. Darunter fallen jedoch nicht die Prozesskosten, die nicht in der Person des Erblassers, sondern aufgrund von Rechtshandlungen seitens des Erben entstanden sind.
3. Ist der Vorbehalt begehrt, kann das Prozessgericht im allgemeinen entweder die Frage des Haftungsumfangs sachlich aufklären und darüber entscheiden, oder aber sich mit dem Ausspruch des Vorbehalts der Haftungsbeschränkung begnügen und die sachliche Klärung dem besonderen Verfahren nach § 785 ZPO überlassen.
4. Eines Vorbehalts bedarf es jedoch - insbesondere - dann nicht, wenn die Sache nach eigener Prüfung des Prozessgerichts entscheidungsreif ist.
Verfahrensgang
LG Schwerin (Urteil vom 24.05.2007; Aktenzeichen 3 O 470/05) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird die Ziff. II. des Tenors des am 24.5.2007 verkündeten Urteils der Einzelrichterin der Zivilkammer 3 des LG Schwerin wie folgt geändert:
Die Haftung des Beklagten wird auf den Nachlass seines am 6.12.2004 verstorbenen Vaters F.-G. B. beschränkt. Diese Beschränkung betrifft nicht die Kostenentscheidung.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
2. Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 25 % und der Beklagte zu 75 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 90 % und der Beklagte zu 10 %.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Streitwert für das Berufungsverfahren: 8.408 EUR.
6. Der Streitwert für das Verfahren in erster Instanz wird von Amts wegen dahingehend geändert, dass er auf den Betrag von 31.228 EUR festgesetzt wird.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten als Erben nach seinem am 6.12.2004 verstorbenen Vaters auf Bezahlung von Behandlungskosten in Anspruch.
Der Vater des Beklagten (künftig: Erblasser) befand sich vom 30.1. bis 24.2.2003 in stationärer Behandlung in einer Klinik des Medizinischen Zentrums S. (MZS) Die Trägerschaft für das MZS wurde durch die Klägerin aufgrund des Ausgliederungs- und Umwandlungsvertrages vom 23.12.2003/16.1.2004 von der Landeshauptstadt S. übernommen.
Dem Erblasser wurde u.a. ein Herzschrittmacher eingesetzt. Nach Abschluss der Behandlung stellte sich heraus, dass er - entgegen ursprünglicher und wohl übereinstimmender Annahme - nicht krankenversichert war. Die Klägerin stellte dem Erblasser daher am 9.7.2003 Behandlungskosten i.H.v. 23.274,73 EUR in Rechnung. Der Erblasser zahlte nicht. Für eine angebliche weitere Behandlung (Nachuntersuchung) vom 21.7.2003 verlangte die Klägerin von dem Erblasser mit Rechnung vom 25.8.2003 den Betrag von 147,25 EUR, der ebenfalls nicht bezahlt wurde.
Die Klägerin hat am 19.8.2005 einen Mahnbescheid sowie am 28.9.2005 einen Vollstreckungsbescheid gegen den Beklagten erwirkt, und zwar über die Hauptforderung von 23.421,98 EUR (23.274,73+147,25) zzgl. Zinsen, pauschaler Mahnkosten von 5 EUR und Kosten i.H.v. 701 EUR für die Beauftragung eines Inkassobüros. Vor dem LG hat sie diesen Anspruch (mit geringfügigen Änderungen beim Zinsbeginn) weiterverfolgt.
Der Beklagte hat erstinstanzlich die Aktivlegitimation der Klägerin sowie die Behandlung seines Vaters überhaupt bestritten. Die Rechnungen seien nicht prüffähig und damit nicht fällig. Auch führe die fehlende Krankenversicherung des Erblassers nicht zu dem geltend gemachten Anspruch der Klägerin gegen den Erblasser. Darüber hinaus hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass der Nachlass überschuldet und damit dürftig sei und dass die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden sei (Beschluss vom 15.5.2006). Mit Schriftsatz vom 22.3.2006 hat er erstmals beantragt, ihm gem. § 780 ZPO die Beschränkung seiner Haftung vorzubehalten.
Die Klägerin hat dazu vorgetragen, dass dem Beklagten auf ihren Antrag hin eine Inventarfrist nach § 1994 BGB gesetzt worden sei. Der Beklagte wiederum hat erklärt, das Inventar fristgerecht bis zum 9.3.2007 errichten zu wollen.
Das LG hat - nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Beklagten und Durchführung einer Beweisaufnahme - mit dem im schriftlichen Verfahren ergangenen angefochtenen Urteil der Klage bezüglich der Hauptforderung teilweise - i.H.v. 23.274,73 EUR - stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe ihre Aktivlegitimation ausreichend dargelegt, das weitere Bestreiten des Beklagten sei unbeachtlich. Dass der Erblasser entsprechend den in der Anlage K 4 ausgewiesenen Positionen tatsächlich behandelt worden sei, ergebe sich aus den Aussagen der beiden Zeugen. Die Klägerin sei auch berechtigt, die Kosten dieser Behandlung von dem Beklagten zu verlangen. Zwar fehle dem zwische...