Entscheidungsstichwort (Thema)
Arglist des Architekten bei Kenntnis von Mängeln der Bauleistung; unbeachtliche Berufung auf fünfjährige Verjährungsfrist
Normenkette
BGB § 195 a.F., §§ 242, 631, 635 a.F:, § 638 a.F.
Verfahrensgang
LG Rostock (Urteil vom 22.04.2003; Aktenzeichen 3 O 121/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin zu 1) und des Klägers zu 2) wird das Urteil des LG Rostock vom 22.4.2003, Einzelrichterin der 3. Zivilkammer - Az. 3 O 121/02 geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 60.290,68 EUR nebst Jahreszinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 27.3.2002 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 60.290,68 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Kläger begehren von der Beklagten Schadensersatz wegen Verletzung der Bauaufsicht.
Im Jahre 1994 beauftragten die Kläger die Bauunternehmung N.B. GmbH R. (fortan: Fa. N.) aufgrund eines VOB/B-Vertrages mit der Errichtung eines Einfamilienhauses. Die Beklagte erhielt von den Klägern mit Ingenieurvertrag vom 28.7.1994 den Auftrag, entsprechend der Leistungsphase 8 des § 15 Abs. 1 HOAI die Objektüberwachung bei diesem Bauvorhaben zu führen. Für die Beklagte war deren Mitarbeiter B. unmittelbar bei dem Bauvorhaben der Kläger tätig. Hinsichtlich der Gewährleistungsfristen sieht der Ingenieurvertrag unter § 9 Abs. 2 vor, dass die fünfjährige Verjährungsfrist jeweils mit der letzten nach dem Vertrag zu erbringenden Leistung, spätestens jedoch mit Nutzungsbeginn des jeweiligen Objektes, zu laufen beginne. Gemäß § 5 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen zum Ingenieurvertrag (AVI), welche gem. § 2 des Ingenieurvertrags dessen Vertragsbestandteil wurden, endet die Verjährungsfrist für alle Ansprüche des Auftraggebers im Zusammenhang mit Leistungen aus diesem Vertrag vorbehaltlich arglistigen Verhaltens des Ingenieurs zum selben Zeitpunkt, in welchem Ansprüche des Auftraggebers gegen die übrigen an der Planung und Ausführung des Objektes Beteiligten verjähren.
Am 9.12.1994 nahmen die Kläger die Bauleistungen der Fa. N. ab, soweit diese fertig gestellt waren. Zu diesem Zeitpunkt fehlte u.a. die Montage des Schornsteinkopfes. Die Parteien des Bauwerkvertrages kamen überein, dass eine endgültige Abnahme nach Fertigstellung sämtlicher Arbeiten erfolgen sollte. Bei der Abnahme war der Mitarbeiter der Beklagten B. anwesend, nahm die technische Abnahme jedoch nicht vor und unterzeichnete das Abnahmeprotokoll auch nicht.
Ob die Kläger unmittelbar nach dem 9.12.1994 das Einfamilienhaus bezogen oder ob der Einzug der Kläger erst am 28.12.1994 stattfand, ist zwischen den Parteien streitig. Eine Abnahme über die Gesamtleistungen fand am 24.1.1995 statt. Bei diesem Abnahmetermin war für die Beklagte abermals deren Mitarbeiter B. anwesend, erneut ohne eine technische Abnahme durchzuführen.
Am 24.1.1995 teilte der Mitarbeiter der Beklagten B. den Klägern mit, er sehe seine vertraglichen Leistungen als übererfüllt an. Auf Verlangen der Kläger sandte Herr B. am 10.2.1995 an diese ein Faxschreiben, in welchem er ihnen einen Schätzbetrag nannte, welcher zur Grundlage eines Zahlungseinbehaltes wegen noch nicht erbrachter bzw. mangelhaft erbrachter Leistungen der Fa. N. gemacht werden sollte. Ausweislich der von der Beklagten erstellten Auflistung schätzte diese den wegen ausstehender Leistungen und festgestellter Mängel zurückzubehaltenden Betrag auf 24.825 DM ein. Am 31.5.1995 fand - unter Teilnahme des Herrn B. - ein weiteres Gespräch zwischen den Parteien des Bauwerksvertrages statt. Im Jahre 1996 erfolgten Nachbesserungsarbeiten der Fa. N. an dem Klinkermauerwerk und den Verfugungen. Am 9.7.1996 rechneten die Kläger nach Fertigstellung der Restleistungen vollständig ggü. der Fa. N. ab. Ob die Kläger auch den bislang einbehaltenen Betrag i.H.v. 22.951,50 DM an die Fa. N. zahlten, ist zwischen den Parteien streitig.
Gemeinsam mit der Fa. N. beauftragten die Kläger in der Folge, nämlich im September 1998, den Sachverständigen Dipl.-Ing. W., ein Gutachten über vorhandene Mängel an dem Bauvorhaben zu erstellen. Nachdem der Privatgutachter im November 1998 dieses Gutachten erstellt hatte, ließ die Fa. N. im Jahre 1999 durch ein Subunternehmen teilweise erneut Mängelbeseitigungsarbeiten (Mauerwerksmängel/Hydrophobierung) durchführen, welche jedoch erfolglos verliefen. Den Klägern sind insoweit Gutachterkosten i.H.v. 2.918,32 DM entstanden, welche sie im Klagewege von der Beklagten ersetzt verlangen.
Am 17.12.1999 (Eingang beim LG) beantragten die Kläger die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens (Az.: 3 O 34/99) gegen die Beklagte und die Fa. N., über deren Vermögen im Verlaufe des Verfahrens am 17.4.2001...