Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässige Berufung allein durch Nebenintervenienten

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Nebenintervenient ist gemäß § 67 ZPO nur dann berechtigt, namens der Hauptpartei ein Rechtsmittel einzulegen und dieses zu begründen, selbst wenn sich die Hauptpartei am Verfahren nicht mehr beteiligt, wenn er dem Rechtsmittel nach § 66 ZPO wirksam beigetreten ist.

Der Begriff des rechtlichen Interesses in § 66 Abs. 1 ZPO ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weit auszulegen. Aus dem Erfordernis eines rechtlichen Interesses folgt jedoch, dass ein rein wirtschaftliches oder tatsächliches Interesse für die Zulässigkeit einer Nebenintervention nicht ausreicht. Es ist vielmehr erforderlich, dass der Nebenintervenient zu der unterstützten Partei oder zu dem Gegenstand des Rechtsstreits in einem Rechtsverhältnis steht, auf das die Entscheidung des Rechtsstreits durch ihren Inhalt oder ihre Vollstreckung unmittelbar oder auch nur mittelbar rechtlich einwirkt.

Der bloße Wunsch eines Nebenintervenienten, der Rechtsstreit möge zugunsten einer Partei entschieden werden, und die Erwartung, dass die damit befassten Gerichte auch in einem künftigen eigenen Rechtsstreit mit einer Partei an einem einmal eingenommenen Standpunkt festhalten und zu einer letztlich auch ihm günstigen Entscheidung gelangen, stellen lediglich Umstände dar, die ein tatsächliches Interesse am Obsiegen einer Partei zu erklären vermögen. Das genügt indes ebenso wenig wie der denkbare Umstand, dass in beiden Fällen dieselben Ermittlungen angestellt werden müssen oder über gleichgelagerte Rechtsfragen zu entscheiden ist.

Eine entsprechend § 68 ZPO eintretende Bindung wirkt nie zu Lasten der unterstützten Partei. Die Streithilfewirkung tritt vielmehr nur gegenüber dem Dritten ein.

 

Verfahrensgang

LG Rostock (Aktenzeichen 3 O 662/15 (1))

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 26.06.2020; Aktenzeichen V ZR 106/19)

 

Tenor

1. Die Berufung der Nebenintervenientin gegen das Urteil des Landgerichts Rostock vom 10.02.2017 - Az.: 3 O 662/15 (1) - wird als unzulässig verworfen.

2. Die Nebenintervenientin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Dieses Urteil sowie das in Ziffer 1 des Tenors genannte Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Nebenintervenientin kann die Vollstreckung aus dem Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Unterlassung von Lichtimmissionen sowie Schadensersatz für wegen dieser Immissionen geminderter Mieteinnahmen sowie die Feststellung einer künftigen Ersatzpflicht hieraus.

Hinsichtlich der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen sowie der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils des Landgerichts Rostock vom 10.02.2017 wird auf dieses gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Die A., der schon in erster Instanz der Streit verkündet worden war, ist in der Berufungsinstanz dem Rechtstreit auf Seiten der Klägerin beigetreten und hat für die Klägerin Berufung eingelegt. Mit der Berufung verfolgt die Nebenintervenientin das erstinstanzliche klägerische Begehren - unter Klagerweiterung - vollumfänglich weiter.

Die Klägerin sei Eigentümerin des Geschäftshauses mit der postalischen Anschrift W. in R. Mieterin des gesamten Gebäudes sei die Nebenintervenientin. Die Beklagte betreibe auf dem Flachdach des gegenüber liegenden Hauses unter der postalischen Anschrift: F. in R. eine LED-Werbetafel in Metallrahmenkonstruktion mit Wechsellicht in den äußeren Abmessungen von 3,84 m × 6,16 m. Genehmigt sei eine Bildschirmgröße von 24,51 qm, der Bildschirm habe indes eine Größe von 28,59 qm.

Das Ordnungsverfahren, für welches das VG Schwerin die aufschiebende Wirkung des Widerspruches angeordnet hatte, werde von der Hansestadt Rostock noch immer betrieben, da diese davon ausgehe, dass die Werbeanlage nicht baugenehmigungsgerecht errichtet und unter Verstoß gegen immissionsschutzrechtliche Bestimmungen betrieben werde.

Die Klägerin habe unter Beweisantritt vorgetragen, dass das intensive Wechsellicht der LED - Werbeanlage gesundheitsschädlich für die Mitarbeiter der Streitverkündeten sei. Die Konzentrationsfähigkeit der in den benannten Räumen arbeitenden Mitarbeiter der Streitverkündeten sei erheblich gestört.

Nach der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2016 habe die Nebenintervenientin beim T. eine arbeitsmedizinische Beurteilung zur psychischen Belastung durch die LED-Werbetafel in Auftrag gegeben. Das Gutachten von Dr. S. datiere vom 03.02.2017. Es sei von der Nebenintervenientin - auch im Hinblick auf die mietrechtliche Auseinandersetzung mit der Klägerin - an die Klägerin übergeben worden, die das Gutachten mit Schriftsatz vom 07.02.2017 beim Landgericht eingereicht habe. In seinem Gutachten vom 03.02.2017 sei der Sachverständige Dr. S. zu dem Ergebnis gelangt, dass die LED-Werbetafel zu einer ...

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