Entscheidungsstichwort (Thema)
GmbH-Recht: Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beantwortung der Frage zum ausreichend freien Vermögen i.S.d. § 33 Abs. 2 GmbHG; Vereinbarung von Ratenzahlung; Streitwert einer Vollstreckungsgegenklage
Leitsatz (amtlich)
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beantwortung der Frage, ob ausreichend freies Vermögen i.S.d. § 33 Abs. 2 GmbHG vorliegt, ist der des Abschlusses des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts.
2. Dies gilt auch bei der Vereinbarung von Ratenzahlung. In diesem Fall kommt es weder auf den Zeitpunkt der Zahlung der letzten Rate an noch ist auf jeden einzelnen Fälligkeitstermin abzustellen.
3. Zum Streitwert einer Vollstreckungsgegenklage.
Normenkette
GmbHG § 33 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Rostock (Urteil vom 27.05.2011; Aktenzeichen 3 O 215/10) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Rostock vom 27.5.2011 - 3 O 215/10, wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziff. 1 genannte Urteil des LG Rostock ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 220.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 185.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einem notariellen Vertrag, mit dem der Beklagte seine Geschäftsanteile an der Klägerin an diese veräußert und abgetreten hat, wobei der als Gegenleistung zu erbringende Kaufpreis, hinsichtlich dessen die Klägerin sich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hatte, in Raten zu bezahlen war.
Die den Kaufpreis betreffende Regelung in Abschnitt II, § 1 Nr. 2 des Vertrages vom 22.10.2009 lautet wie folgt:
"Der Erwerber hat an den Veräußerer einen Kaufpreis i.H.v. 185.000 EUR (in Worten: einhundertfünfundachtzigtausend Euro) zu bezahlen.
Der Kaufpreis ist wie folgt zu zahlen:
Der Kaufpreis ist in Raten zu zahlen. Die erste Rate beträgt 5.000 EUR und ist fällig im Februar 2010. Ab März 2010 folgen monatliche Raten i.H.v. 10.000 EUR.
Bei verspäteter Zahlung ist der Kaufpreis mit 5 Prozentpunkten p.a. über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen."
Bereits zuvor, am 14.7.2009 hatten der Beklagte und der heutige Alleingeschäftsführer der Klägerin, beide damals je zur Hälfte an der Klägerin beteiligt und deren Geschäftsführer, eine Gewinnausschüttung zum 17.7.2009 i.H.v. insgesamt 140.000 EUR beschlossen, wobei die Klägerin die anfallende Kapitalertragssteuer sowie den Solidaritätszuschlag übernahm. An jeden der beiden damaligen Gesellschafter wurde daher ein Betrag von 51.537,50 EUR ausbezahlt, und zwar aufgrund eines weiteren Gesellschafterbeschlusses vom 17.7.2009 in 9 Raten zu je 5.150 EUR und einer Schlussrate von 5.187,50 EUR.
Die Klägerin hat mit ihrer am 29.3.2010 erhobenen Klage die Unzulässigkeit der zwischenzeitlich von dem Beklagten betriebenen Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde geltend gemacht und dazu zunächst verschiedene eigene Gegenansprüche gegen den Beklagten, insbesondere aus Gewährleistung für vom Beklagten für die Klägerin durchgeführte Bauvorhaben und aus einer angeblichen verdeckten Gewinnausschüttung, behauptet und insoweit die Aufrechnung erklärt. Mit Schriftsatz vom 15.11.2010 hat sie erstmals die Nichtigkeit des Anteilskaufvertrages gem. § 33 Abs. 2 GmbHG geltend gemacht und sich zur Begründung u.a. auf ihre Bilanz zum 31.12.2009 gestützt. Der Beklagte hat den klägerischen Vortrag im Einzelnen bestritten und sich bezüglich § 33 Abs. 2 GmbHG auf den Standpunkt gestellt, es komme auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der jeweiligen Rate an.
Wegen der Einzelheiten zum unstreitigen Sachverhalt und dem erstinstanzlichen Parteivorbringen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das LG hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben, die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 22.10.2009 für unzulässig erklärt und den Beklagten dazu verurteilt, die vollstreckbare Ausfertigung des Vertrages an die Klägerin herauszugeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der schuldrechtliche Teil des Vertrages sei nach § 33 Abs. 2 Satz 3 GmbHG nichtig. Die Klägerin habe zum 31.12.2008 über ein freies Vermögen i.H.v. 241.047,03 EUR verfügt, das sich nach der Gewinnausschüttung auf 101.047,03 EUR reduziert habe. Da der Kaufpreis des gerade drei Monate später abgeschlossenen Anteilsabtretungsvertrages diesen Betrag übersteige, liege ein Verstoß gegen § 33 Abs. 2 Satz 1 GmbHG vor, der zur Nichtigkeit des schuldrechtlichen Geschäftes führe. Der Beklagte könne daher aus dem Vertrag keinen Zahlungsanspruch herleiten und deshalb nicht daraus vollstrecken. Auf welchen Zeitpunkt (Auszahlung und/oder Vertragsschluss) es für die Beurteilung der Frage ankomme, ob eine Rücklage aus freiem Vermögen gebildet werden könne, hat das LG nicht entschieden. Zwar könne d...