Leitsatz (amtlich)

1. Zur Schätzung des Verkehrswertes des Aktieneigentums in Spruchverfahren (Anschluss an die Senatsbeschlüsse vom 5.6.2013 - 20 W 6/10, vom 24.7.2013 - 20 W 2/12, vom 15.10.2013 - 20 W 3/13 sowie vom 5.11.2013 - 20 W 4/12).

2. Zu den Voraussetzungen für die Tragung der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens durch den Beschwerdeführer nach § 15 Abs. 2 Satz 2 SpruchG a.F. wegen von vornherein offensichtlich fehlender Erfolgsaussicht des eingelegten Rechtsmittels.

 

Normenkette

AktG §§ 304-305

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 27.05.2013; Aktenzeichen 31 O 191/08 KfH AktG)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin Ziff. 8 gegen den Beschluss der 31. Kammer für Handelssachen des LG Stuttgart vom 27.5.2013 - 31 O 191/08 KfH AktG - wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin Ziff. 8 trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens; die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 200.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Gegenstand dieses Spruchverfahrens ist die gerichtliche Festsetzung einer angemessenen Barabfindung wegen des Ausscheidens der Minderheitsaktionäre, u.a. der Antragstellerin, aus der X Versicherung AG in Folge der Übertragung ihrer Aktien an die Antragsgegnerin als Hauptaktionärin (sog. Squeeze-out; § 327a Abs. 1 Satz 1 AktG).

I.1. Die Beschwerdeführerin war - wie die übrigen Antragsteller, die am Verfahren in erster Instanz beteiligt waren - Minderheitsaktionärin der X Versicherung AG. Diese entstand im Jahr 1993. Satzungsmäßiger Unternehmensgegenstand war der Betrieb der Reparaturkosten- und Garantieversicherung von Kraftfahrzeugen sowie die Vermittlung anderer Versicherungen.

2. Durch Beschluss der Hauptversammlung der X Versicherung AG vom 24.7.2003 wurden die Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Hauptaktionärin, die Antragsgegnerin, übertragen gegen eine Abfindung i.H.v. 12 EUR je Aktie.

Grundlage dieser Barabfindung war eine von der A. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden: Bewertungsgutachter) im Auftrag der Antragsgegnerin unter dem 4.6.2003 durchgeführte Unternehmensbewertung zum 24.7.2003 (Anlage Ag 1a; im Folgenden: Bewertungsgutachten).

Mit Beschluss des LG Stuttgart vom 7.5.2003 wurde die B. oHG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zum sachverständigen Prüfer nach § 327c Abs. 2 AktG bestellt. Sie erstattete unter dem 10.6.2003 einen Bericht über die Prüfung der Angemessenheit der Barabfindung gem. § 327a AktG (Anlage 1b; im Folgenden: Prüfbericht). Dieser bestätigte die Angemessenheit der von dem Bewertungsgutachter ermittelten Abfindung.

Der Beschluss der Hauptversammlung der X Versicherung AG vom 24.7.2003 wurde am 19.9.2003 im Handelsregister eingetragen und im Anschluss daran bekannt gemacht, im Bundesanzeiger am 13.11.2003.

3. Das Grundkapital der X Versicherung AG betrug am 4.6.2003, dem Zeitpunkt der Erstellung des Bewertungsgutachtens, 5.112.918,81 EUR und war eingeteilt in 1.168.600 vinkulierte Namensstückaktien sowie 831.400 Inhaberstückaktien; etwa 1.407.000 EUR des Kapitals, entfallend auf 888.000 Namensaktien, war noch nicht eingezahlt; die ausstehende Einlage je Namensaktie belief sich auf etwa 1,59 EUR. Die Antragsgegnerin hielt zum Zeitpunkt des Ausschließungsbeschlusses rund 96,9 % der Aktien, die restlichen befanden sich im Streubesitz.

Die X Versicherung AG ist börsennotiert. Der durchschnittliche Börsenkurs lag in dem Dreimonatszeitraum vor der Bekanntgabe der Strukturmaßnahme, die am 11.6.2003 erfolgte, bei etwa 10 EUR.

4. Grundlage der auf 12 EUR je Aktie bemessenen Abfindung ist das erwähnte Gutachten der A. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Dieses ermittelte den Unternehmenswert der X Versicherung AG unter Heranziehung der Verlautbarungen der von dem Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) aufgestellten Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW S 1) in der Fassung vom 28.6.2000 (IDW S 1 2000) im Ertragswertverfahren.

Der Bewertungsgutachter gelangt zu einem Ertragswert des betriebsnotwendigen Vermögens der X Versicherung AG zum 24.7.2003 von 19.037.004 EUR, woraus sich unter Hinzurechnung steuerlicher Sonderwerte ein Unternehmenswert zu diesem Zeitpunkt von 19.468.637 EUR ergab. Von hier aus gelangt er zu einem Wert je Aktie von 9,73 EUR.

Der von dem Bewertungsgutachter im Rahmen der Unternehmensbewertung nach dem Ertragswertverfahren im sog. Zwei-Phasen-Modell zugrunde gelegte Detailplanungszeitraum umfasst eine detaillierte Planung für die Geschäftsjahre 2003 bis 2005. Die Fortschreibung für die Zeit der ewigen Rente ab dem Jahr 2006 erfolgte auf der Basis der Planung für das Jahr 2005.

Die in der Detailplanungsphase wie auch der Phase der ewigen Rente erwarteten künftigen Erträge wurden jeweils mit einem Kapitalisierungszinssatz abgezinst. Der Bewertungsgutachter legt einen Basiszinssatz von 5,5 % jährlich zugrunde. Zur Plausibilisierung des Risikozuschlags zieht er das Capital-Asset-Pricing-Modell (CAPM) ...

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