Leitsatz (amtlich)
Im Fall des § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IRG ist rechtliches Gehör gewährt, wenn feststeht, dass die Justizbehörden des ersuchenden Staates dem Ausgelieferten das Nachtragsersuchen zur Kenntnis gebracht und ihm Gelegenheit gegeben haben, sich dazu zu äußern. Einer förmlichen Vernehmung bedarf es - im Gegensatz zu § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 IRG - nicht.
Normenkette
IRG § 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Tenor
Die Auslieferung des Verfolgten an die Slowakische Republik zur dortigen Verfolgung der in dem Ersuchen des Kreisgerichts in Zvolen vom 24. März 2014 - 2 T 103/2011 - dargestellten Straftat der Bedrohung
wäre zulässig.
- Es wird festgestellt, dass die Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart vom 28. Januar 2015, keine Bewilligungshindernisse geltend machen zu wollen, rechtsfehlerfrei getroffen ist.
Gründe
I.
1. Der Senat erließ mit Beschluss vom 24. Januar 2013 - 1 Ausl. 382/12 - aufgrund des slowakischen Ersuchens Auslieferungshaftbefehl gegen den Verfolgten zur Strafvollstreckung einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und zwei Monaten wegen Betruges gemäß dem Europäischen Haftbefehl des Amtsgerichts Lucenec vom 12. Dezember 2012 (Az. 3 T 28/2011).
Bei seiner richterlichen Anhörung vor dem Amtsgericht Ellwangen am 7. Februar 2013 machte der Verfolgte keine Angaben zur Sache. Einer vereinfachten Auslieferung stimmte er nicht zu. Mit Beschluss vom 6. März 2013 erklärte der Senat die Auslieferung des Verfolgten zur Vollstreckung der dem Europäischen Haftbefehl des Amtsgerichts Lucenec vom 12. Dezember 2012 (Az. 3 T 28/2011) zugrunde liegenden Freiheitsstrafe von acht Jahren und zwei Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Lucenec vom 13. November 2012 - 3 T/ 8/2011-379 - für zulässig. Daraufhin wurde der Verfolgte am 15. März 2013 am Flughafen München den slowakischen Behörden übergeben. Der Senat hob den Auslieferungshaftbefehl mit Beschluss vom 21. März 2013 auf.
2. Mit Schreiben vom 24. März 2014, eingegangen beim Oberlandesgericht Stuttgart am 11. Juli 2014, ersucht das Kreisgericht Zvolen um Erteilung der Zustimmung zur Strafverfolgung des Ausgelieferten wegen einer vor der Übergabe an die slowakischen Behörden begangenen Straftat der Bedrohung. Der Verfolgte soll am 31. Juli 2010 gegen 10.00 Uhr an einer Tankstelle in D. nach einem Streit den am 24. März 1965 geborenen J. B. und dessen am 8. Mai 1992 geborenen Sohn J. B. jun. mit dem Tode bedroht haben. Konkret soll der Verfolgte ein Messer gezückt, dieses dem J. B. und seinem Sohn gezeigt und den beiden in bewusst ernst zu nehmender Weise angedroht haben, er werde sie töten.
3. Mit Schreiben vom 17. Juli 2014 wies die Generalstaatsanwaltschaft das Kreisgericht Zvolen darauf hin, dass dem Verfolgten zunächst durch die slowakischen Behörden Gelegenheit gegeben werden müsse, sich zu dem Ersuchen um Erweiterung der Auslieferungsbewilligung und dem gegen ihn erhobenen Vorwurf zu äußern. Die slowakischen Behörden haben daraufhin der Verteidigerin des Verfolgten in dem slowakischen Verfahren das Ersuchen übermittelt und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Verfolgte und seine Verteidigerin haben in schriftlichen Eingaben gegenüber dem Kreisgericht Zvolen einer Verfolgung wegen der genannten Straftat der Bedrohung nicht zugestimmt.
4. Mit Vorabentscheidung vom 28. Januar 2015 hat die Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 79 Abs. 2 IRG entschieden, keine Bewilligungshindernisse geltend zu machen. Zwar habe der Verfolgte vor seiner Auslieferung einen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt. Dies stehe einer Bewilligung des Nachtragsersuchens aber nicht entgegen, weil vorliegend die Auslieferung eines deutschen Staatsangehörigen zur Strafverfolgung zulässig wäre, da die Straftat der Bedrohung in der Slowakischen Republik begangen worden sei und keine Bezüge zum Inland aufweise.
Die Vorabentscheidung wurde dem Kreisgericht Zvolen mit Schreiben vom 28. Januar 2015 zusammen mit einem Begleitschreiben für den Verfolgten mit der Bitte übermittelt, die Unterlagen dem Verfolgten auszuhändigen und ihn darauf hinzuweisen, dass er innerhalb von vier Wochen gegenüber dem Senat Stellung nehmen kann. Die Unterlagen wurden dem Verfolgten am 19. Februar 2015 und seiner Verteidigerin am 13. März 2015 zugestellt. Der Verfolgte hat sich geäußert. Er bringt vor, dass er in dem früheren Auslieferungsverfahren beim Oberlandesgericht Stuttgart die Anwendung des Grundsatzes der Spezialität beantragt habe. Dies sei ihm vom Oberlandesgericht auch gewährt worden. Das nunmehrige Ansinnen des Kreisgerichts Zvolen um Zustimmung zur Strafverfolgung sei daher gesetzes- und verfassungswidrig.
5. Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt,
gemäß § 35 Abs. 1 IRG festzustellen, dass die Auslieferung des Verfolgten aus Deutschland an die Slowakische Republik zur dortigen Verfolgung der in dem Ersuchen des Kreisgerichts in Zvolen vom 24. März 2014 - 2 T 103/2011 - dargestellten Straftat der Bedrohung zulässig wäre.
II.
Die Auslieferung des Verfolgten zur Verfolgung de...