Entscheidungsstichwort (Thema)
Belastung eines Grundstücks mit einer Finanzierungsgrundschuld aufgrund transmortaler Vollmacht
Leitsatz (amtlich)
1. Im Grundbuchverfahren wird der einer transmortalen Vollmacht innewohnende Rechtsschein nicht dadurch zerstört, dass der Bevollmächtigte in einer dem Grundbuchamt vorgelegten Urkunde erklärte, gesetzlicher Erbe des Vollmachtgebers geworden zu sein.
2. Die Eintragung einer von einem transmortal Bevollmächtigten nach dem Ableben des Vollmacht-gebers bewilligten Finanzierungsgrundschuld setzt nicht die Voreintragung des Erben voraus.
Normenkette
BGB §§ 173, 172; GBO §§ 39-40
Verfahrensgang
AG Ravensburg (Beschluss vom 30.07.2018; Aktenzeichen RAV046 GRG 805/2018 Biberach GB 3725) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 3 wird der Beschluss des Amtsgerichts Ravensburg - Grundbuchamt - vom 30.07.2018 (Az.: RAV046 GRG 805 / 2018) aufgehoben.
2. Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Eintragungsantrag nicht aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses zurückzuweisen.
Gründe
I. Der am 09.03.2018 verstorbene, im Grundbuch zusammen mit seinem Bruder, dem Beteiligten zu 1, als Miteigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundbesitzes eingetragene XXX hatte seinen Söhnen, den Beteiligten zu 2 und 4, am 24.10.2011 eine notariell beglaubigte Vollmacht erteilt, welche - ausdrücklich mit Wirkung über den Tod hinaus - auch die Vermögenssorge umfasste.
Am 09.05.2018 schlossen die Beteiligten einen notariell beurkundeten Auseinandersetzungsvertrag, in dem sich die Erben nach XXX, vertreten durch die Beteiligten zu 2 und 4, und der Beteiligte zu 1 verpflichteten, ihre Miteigentumsanteile an die Beteiligten 2 und 3 zu jeweils hälftigem Miteigentum zu übertragen. Darüber hinaus wurden die Erwerber bevollmächtigt, zum Zwecke der Finanzierung des Kaufpreises zulasten des Vertragsgegenstands Grundpfandrechte in beliebiger Höhe zu bestellen, die Erwerber erteilten sich gegenseitig entsprechende Vollmacht. In dem Auseinandersetzungsvertrag hatten die Beteiligten zu 2 und 4 erklärt, jeweils zur Hälfte Erben des XXX geworden zu sein.
Auf Grundlage der im Auseinandersetzungsvertrag vom 09.05.2018 erteilten Belastungsvollmachten bestellte der Beteiligte zu 2 am 18.06.2018 zugunsten der XXX eine Grundschuld über einen Betrag von 520.000 EUR nebst Zwangsvollstreckungsunterwerfung und bewilligte und beantragte deren Eintragung im Grundbuch. Der gemäß § 15 GBO vertretungsbefugte Notar hat diesen Antrag bei dem Grundbuchamt eingereicht.
Mit Zwischenverfügung vom 30.07.2018 hat das Grundbuchamt beanstandet, dass zur Eintragung der Grundschuld die Voreintragung der Erben erforderlich sei, wofür ein Antrag der Erben auf Grundbuchberichtigung und ein entsprechender Erbnachweis benötigt werde. Zur Beseitigung der aufgezeigten Hindernisse wurde eine Frist bis zum 13.09.2018 gesetzt. Zur Begründung hat die Rechtspflegerin ausgeführt, die Voreintragung sei nach § 39 GBO erforderlich, die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 40 GBO seien nicht gegeben, da es nicht um die Übertragung oder Aufhebung eines Rechts sondern um die Eintragung einer Belastung gehe.
Gegen diese Entscheidung hat der vertretungsbefugte Notar mit Schriftsatz vom 23.08.2018 namens der Beteiligten zu 1 bis 3 Beschwerde eingelegt, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 24.09.2018 nicht abgeholfen hat.
II. Die nach §§ 71 ff. GBO zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 3 hat auch in der Sache Erfolg.
Die von dem Grundbuchamt in der angegriffenen Entscheidung aufgezeigten Eintragungshindernisse liegen nicht vor.
Zu Recht lässt die Rechtspflegerin zunächst die begehrte Eintragung der Grundschuld nicht am Nachweis der Vollmacht scheitern. Ist der Bevollmächtigte im Besitz der Vollmachtsurkunde - wie vorliegend -, hat das Grundbuchamt regelmäßig von deren Fortbestand auszugehen (OLG Schleswig, Beschluss vom 15.07.2014 - 2 W 48/14; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29.08.1991 - 11 W 32/91; Demharter, GBO, 31. Aufl., § 19, Rn. 80). Der der transmortalen Vollmacht innewohnende Rechtsschein wurde vorliegend nicht dadurch zerstört, dass die transmortal bevollmächtigten Beteiligten zu 2 und 4 erklärten, jeweils zur Hälfte gesetzliche Erben des im Grundbuch als Eigentümer eingetragenen XXX geworden zu sein (abweichend allerdings für den hier so nicht gegebenen Fall, dass der transmortal Bevollmächtigte bei Abgabe der notariellen Erklärung ausdrücklich auch als Alleinerbe handelte: OLG München, Beschluss vom 31.08.2016 - 34 Wx 273/16). Dabei kann dahinstehen, ob der streitigen Rechtsauffassung, die trans- oder postmortale Vollmacht erlösche durch "Konfusion", wenn der Bevollmächtigte Alleinerbe des Vollmachtgebers wird, weil rechtsgeschäftliche Stellvertretung eine Personenverschiedenheit zwischen Vertreter und Vertretenem voraussetze (so OLG Hamm, Beschluss vom 10.01.2013 - 15 W 79/12; kritisch mit beachtlichen Argumenten: Weinland in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 168 BGB, Rn. 13 m.w.N.) zu folgen...