Leitsatz (amtlich)
Ein Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO n.F. setzt voraus, dass der Fahrzeugführer eines der dort genannten elektronischen Geräte benutzt und es hierfür aufnimmt oder hält.
Normenkette
StVO § 23 Abs. 1a
Verfahrensgang
AG Ludwigsburg (Entscheidung vom 26.09.2018; Aktenzeichen 3 OWi 61 Js 70591/18) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 26. September 2018 mit den zugrundeliegenden Feststellungen
aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Amtsgericht Ludwigsburg
zurückverwiesen.
Gründe
I.
Durch Bußgeldbescheid des Landratsamtes L. vom 20. Juni 2018 wurde gegen den Betroffenen eine Geldbuße von 100,00 € festgesetzt, weil er - tateinheitlich - als Führer eines Kraftfahrzeuges ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, in vorschriftswidriger Weise (Handy in der linken Hand gehalten) benutzt, den vorgeschriebenen Führerschein nicht mit sich geführt und mit einem Kraftfahrzeug einen Verkehrsbereich, obwohl dieser für ihn durch Zeichen 260 gesperrt war, benutzt hat.
Nach fristgerecht und unbeschränkt eingelegtem Einspruch verhängte das Amtsgericht Ludwigsburg mit Urteil vom 26. September 2018 wegen der fahrlässigen Begehung der im Bußgeldbescheid aufgeführten Verkehrsordnungswidrigkeiten gegen den Betroffenen eine Geldbuße von 100,00 €.
Hiergegen wendete sich der Betroffene mit seinem form- und fristgerecht gestellten Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, mit der er die Sachrüge erhebt und die Zulassung zur Fortbildung des Rechts begehrt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen.
Mit Beschluss vom 27. Dezember 2018 hat der zunächst nach § 80a Abs. 1 und 3 S. 2 2. Hs. OWiG zur Entscheidung berufene Einzelrichter die Rechtsbeschwerde zugelassen und die Sache, da er die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Fortbildung des Rechts für geboten hielt, nach § 80a Abs. 3 S. 1 OWiG dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.
II.
Die nach § 79 Abs. 1 S. 2 OWiG zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat auch in der Sache jedenfalls vorläufigen Erfolg.
Das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg ist materiell-rechtlich fehlerhaft, weil die tatrichterlichen Feststellungen weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht die Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a StVO n.F. tragen.
Ein Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO n.F. setzt - wie nach alter Rechtslage bis zu der durch die 53. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 6. Oktober 2017 mit Wirkung vom 19. Oktober 2017 in Kraft getretenen Änderung des § 23 Abs. 1a StVO - nach wie vor voraus, dass der Fahrzeugführer ein Mobiltelefon oder nunmehr aufgrund der Neufassung des § 23 Abs. 1a StVO ein anderes elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, benutzt und es hierfür aufnimmt oder hält.
Das bloße Halten eines in § 23 Abs. 1a StVO n.F. definierten elektronischen Gerätes in der Hand ohne Inanspruchnahme einer gerätespezifischen Bedienfunktion stellt keine Benutzung im Sinne dieser Vorschrift dar. Nicht das Aufnehmen oder Halten eines elektronischen Gerätes als solches wird untersagt, sondern - wie das zweckgerichtete Tatbestandsmerkmal "hierfür" verdeutlicht - allein dessen bestimmungsgemäße Verwendung.
1.
Hierfür spricht vor allem der Wortlaut des § 23 Abs. 1a StVO n.F.. Sowohl in der bisherigen als auch in der neuen Fassung dieser Vorschrift ist die Rede von einer Nutzung des Gerätes. Während es in § 23 Abs. 1a StVO a.F. hieß: Wer ein Fahrzeug führt, darf ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss ..., wird nunmehr in der "Neufassung" formuliert: Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmen ist, nur benutzen, wenn (1.) hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und ...
Der Wortlaut beider Verordnungstexte lässt keinen Interpretationsspielraum zu, sondern es wird insoweit auch nach neuer Rechtslage weiterhin eine gerätespezifische Nutzung vorausgesetzt.
2.
Dass die Neuregelung anstatt des bisherigen Verbots nunmehr ein Gebot enthält, unter welchen Voraussetzungen eine Gerätenutzung zulässig ist, führt nicht zu einer Änderung oder Ausweitung des Anwendungsbereichs der neuen Vorschrift im Hinblick auf eine nach wie vor erforderliche Nutzung des elektronischen Gerätes. Hierfür sprechen im Übrigen auch die ebenfalls durch die 53. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vorgenommenen Änderungen der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) und der Anlage zu dieser Verordnung (Bußgeldkatalog - BKat -). Unter Bezugnahme auf § 23 Abs. 1a StVO n.F. heißt es in Nr. 246 und Nr. 246.1 des Bußgeldka...