Leitsatz (amtlich)

1. Zur Bestätigung eines Kostenfestsetzungsbeschlusses als Europäischer Vollstreckungstitel nach einem vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren auf Grund der Verordnung/EG Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen = EuVTVO.

2. Zur Beachtung der Mindestvorschriften der Art. 13 bis 17 EuVTVO und zur Heilung von Verfahrensmängeln bei Nichteinhaltung der Mindestvorschriften gem. Art. 18 EuVTVO bei Vertretung des Schuldners durch einen inländischen Rechtsanwalt als Verfahrensbevollmächtigten bereits im Erkenntnisverfahren.

 

Verfahrensgang

LG Ravensburg (Beschluss vom 31.03.2008; Aktenzeichen 8 O 91/07 KfH 2)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtspflegerin des LG Ravensburg vom 31.3.2008 - 8 O 91/07 KfH 2, wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Beschwerdewert: 4.044,40 EUR.

 

Gründe

1. Die Antragstellerin erwirkte auf Grund des rechtskräftigen Anerkenntnisurteils des LG Ravensburg vom 9.7.2007 - 8 O 91/07 KfH 2, im einstweiligen Verfügungsverfahren wegen Unterlassung von Wettbewerbsmaßnahmen und auf Grund des Zurückweisungsbeschlusses des OLG Stuttgart vom 10.9.2007 - 2 W 47/07, auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Kostenausspruch am 25.9.2007 einen Kostenfestsetzungsbeschluss, Az. 8 O 91/07 KfH 2, über einen Betrag von 4.044,40 EUR. Dieser war erlassen worden auf die Anträge vom 24.7. und 18.9.2007, die dem bereits im Erkenntnisverfahren legitimierten Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin zusammen mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss, der unangefochten blieb, am 28.9.2007 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt wurden.

Am 22.10.2007 beantragte die Antragstellerin dessen Bestätigung als Europäischen Vollstreckungstitel, dem am 11.2.2008 entsprochen wurde.

Hierauf begehrte die Antragsgegnerin am 21.2.2008 mit Erfolg den Widerruf der ihrer Auffassung nach zu Unrecht erteilten Bestätigung.

Gegen den Widerrufsbeschluss vom 31.3.2008, zugestellt am 4.4.2008, legte der Antragstellervertreter per Telefax am 18.4.2008 (Eingang der Urschrift am 22.4.2008) sofortige Beschwerde ein.

Der Antragsgegnervertreter ist dem Rechtsmittel entgegengetreten und die Rechtspflegerin hat ohne Abhilfe, weil die Mindestvoraussetzungen für die Bestätigung nicht erfüllt gewesen seien und insoweit auch keine Heilung eingetreten sei, die Akten dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

2. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Widerrufsbeschluss der Rechtspflegerin vom 31.3.2008 ist zulässig (§§ 1081 Abs. 3, 319 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO, 11 Abs. 1 RpflG; Geimer in Zöller, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 1081 Rz. 8 und § 319 Rz. 26).

Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Die Rechtspflegerin hat mit zutreffender Begründung die Bestätigung des Kostenfestsetzungsbeschlusses als Europäischen Vollstreckungstitel widerrufen, weil die Mindestvorschriften der Art. 12 ff. der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (EuVTVO) nicht eingehalten wurden.

Die Kostenfestsetzungsanträge vom 24.7. und 18.9.2007 wurden als verfahrenseinleitende Schriftstücke des Kostenfestsetzungsverfahrens nicht unter Beachtung der Art. 13 bis 17 EuVTVO der Antragsgegnerin vor Erlass des Beschlusses vom 25.9.2007 zugestellt. Eine Heilung der Nichteinhaltung dieser Mindestvorschriften konnte gem. Art. 18 EuVTVO nicht eintreten.

Zwar ermöglicht Art. 18 Abs. 1 EuVTVO eine Heilung sämtlicher Verfahrensmängel im Hinblick auf Zustellung und Unterrichtung (Art. 13 bis 17 EuVTVO). Voraussetzung hierfür wäre aber nicht nur die Zustellung der Entscheidung (Art. 18 Abs. 1a EuVTVO), sondern auch eine Rechtsmittelbelehrung (Art. 18 Abs. 1b EuVTVO) und die Versäumung der Rechtsmitteleinlegung (Art. 18 Abs. 1c EuVTVO).

Nachdem in der ZPO eine Rechtsmittelbelehrung nur bei einem Versäumnisurteil (§ 338 ZPO) vorgesehen ist und dementsprechend dem Kostenfestsetzungsbeschluss nicht beigefügt war, käme hier allenfalls eine Heilung nach Art. 18 Abs. 2 EuVTVO in Betracht (Hüsstege in Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl. 2007, Art. 18 EuVTVO Rz. 2; Lackmann in Musielak, ZPO, 5. Aufl. 2007, Art. 18 EG-Verordnung Nr. 805/2004 - EuVTVO - Rz. 1 und 2; Kropholler, EurZPR, 8. Aufl. 2005, Art. 18 EuVTVO Rz. 1-10; Adolphsen in MünchKomm/ZPO, Bd. 3, 3. Aufl. 2008, § 1080 Rz. 46-51; je m.w.N.). Danach können nur Zustellungsmängel (Art. 13 und 14 EuVTVO) geheilt werden, nicht aber Unterrichtungsmängel (Art. 16 und 17 EuVTVO).

Der Kostenfestsetzungsbeschluss wurde zwar zusammen mit den verfahrenseinleitenden Anträgen ordnungsgemäß am 28.9.2007 dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin (§ 81 ZPO; Vollkommer in Zöller, a.a.O., § 81 Rz. 8 m.w.N.) zugestellt gegen Empfangsbekenntnis und damit durch postalische Zustellung, bei der der Schuldner/Vertreter/Bev...

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