Leitsatz (amtlich)
1. Der Ausschluss von Minderheitsaktionären nach §§ 327a ff. AktG ist mit Art. 14 GG vereinbar.
2. Wenn Hauptaktionärin eine GmbH ist, müssen nicht alle ihre Geschäftsführer den schriftlichen Bericht nach § 327c AktG unterschreiben; es genügt die Unterschrift von Geschäftsführern in vertretungsberechtigter Zahl.
3. Der Vorstand kann die Erläuterung des Übertragungsberichts und die Beantwortung von Fragen der Hauptaktionärin überlassen.
4. Die Angemessenheit der Barabfindung kann durch den sachverständigen Prüfer zeitgleich mit der Erstellung des Berichts über die Angemessenheit der Abfindung durch die Hauptaktionärin geprüft werden.
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 18.09.2003; Aktenzeichen 33 O 113/03 KfH) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des LG Stuttgart vom 18.9.2003 – 33 O 113/03 KfH – wird zurückgewiesen.
II. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Beschwerdewert: 50.000 Euro
Gründe
I. Der Antragsgegner ist Aktionär der Antragstellerin. Die A Beteiligungsgesellschaft mbH, die mehr als 95 % der Aktien der Antragstellerin hält, verlangte von der Antragstellerin, einen Beschluss ihrer Hauptversammlung über die Übertragung der Aktien der Minderheitsgesellschafter herbeizuführen. Der Bericht der Hauptaktionärin über die Übertragung gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung vom 7.4.2003, der von einem Wert von 143,08 Euro je Stückaktie ausgeht, ist von zwei vertretungsberechtigten Geschäftsführern der Hauptaktionärin unterschrieben. Die Geschäftsführung der Hauptaktionärin hat „trotz Fehlens einer entsprechenden Rechtspflicht” die Barabfindung auf 150 Euro je Stückaktie festgesetzt. Der vom LG Stuttgart bestellte Prüfer der Angemessenheit der Abfindung erklärte in seinem Prüfbericht vom 7.4.2003 die vorgeschlagene Barabfindung von 150 Euro für angemessen. Die Hauptversammlung der Antragstellerin beschloss am 5.6.2003 die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Hauptaktionärin.
Gegen diesen Beschluss erhob der Antragsgegner Anfechtungsklage. Der Übertragungsbericht der Hauptaktionärin sei fehlerhaft, weil er nur von zwei der drei Geschäftsführer der Hauptaktionärin unterschrieben sei. Der Vorstandsbericht zur Übertragung sei vom Vorstand W, der gleichzeitig Geschäftsführer der Hauptaktionärin war, als Vertreter der Hauptaktionärin erstattet worden. Unklar sei, in welcher Eigenschaft die Vorstände B, der ebenfalls gleichzeitig Geschäftsführer der Hauptaktionärin war, und W die gestellten Fragen zum Übertragungsbericht erläutert hätten. Eine ordnungsgemäße Übertragungsprüfung fehle. Der Übertragungsprüfer sei nicht unabhängig gewesen, weil er parallel zur von der Hauptaktionärin beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geprüft habe. Der Abfindungsbetrag von 150 Euro sei erst am 7.4.2003 festgesetzt worden, unmöglich könne die Überprüfung der Angemessenheit am selben Tag erfolgt sein. Am 7.4.2003 sei der Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2002 noch nicht festgestellt gewesen. Die §§ 327a ff. AktG seien verfassungswidrig, weil die Minderheitsaktionäre ohne Klageerhebung ihren Ausschluss nicht verhindern könnten und ihnen bei der Festlegung der Entschädigung jedes Mitspracherecht fehle. Das Barabfindungsangebot sei fehlerhaft, weil die Marktrisikoprämie mit 5 % und der Basiszinssatz mit 5,5 % überhöht angesetzt sei.
Das LG Stuttgart stellte auf Antrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 18.9.2003 fest, dass die Erhebung der Anfechtungsklage gegen den Übertragungsbeschluss der Hauptversammlung der Antragstellerin vom 5.6.2003 der Eintragung des Übertragungsbeschlusses im Handelsregister nicht entgegenstehe. Dagegen legte der Antragsgegner sofortige Beschwerde ein, mit der er die Zurückweisung des Antrags begehrt.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Erhebung der Anfechtungsklage steht der Eintragung des Übertragungsbeschlusses nicht entgegen. Die Anfechtungsklage des Antragsgegners ist offensichtlich unbegründet. Ein Beschluss des für die Anfechtungsklage zuständigen LG, nach dem die Erhebung der Klage der Eintragung nicht entgegensteht, kann nach § 327e Abs. 2 AktG i.V.m. § 319 Abs. 6 AktG ergehen, wenn die Anfechtungsklage offensichtlich unbegründet ist. Offensichtlich unbegründet ist eine Anfechtungsklage, wenn das Ergebnis der sachlichen und rechtlichen Beurteilung der Anfechtungsklage eindeutig ist, auch wenn dabei schwierige Rechtsfragen zu beurteilen sind (OLG Stuttgart v. 13.3.2002 – 20 W 32/01, AG 2003, 456; OLG Hamburg v. 11.4.2003 – 11 U 215/02, AG 2003, 441 = NZG 2003, 539; OLG Köln v. 6.10.2003 – 18 W 35/03, BB 2003, 2307). Die Anfechtungsklage des Antragsgegners ist eindeutig unbegründet.
1. Die Anfechtungsklage ist unbegründet, soweit sie mit einer Fehlerhaftigkeit des Berichts der Hauptaktionärin begründet wird.
Der von § 327c Abs. 2 S. 1 AktG verlangte schriftliche Bericht der Hauptaktionärin liegt vor. Der Bericht ist von zwei der drei Geschäftsführer der Hauptaktionärin unterschrieben. Die beiden ...