Leitsatz (amtlich)
1. Die Vorschriften der §§ 97 ff. GWB über die Beschaffung von Waren, Bau- und Dienstleistungen greifen nur bei öffentlichen Aufträgen ein. Dazu gehört nicht die Erteilung einer Konzession nach dem baden-württembergischen Gesetz über öffentliche Spielbanken.
2. Im Vergabenachprüfungsverfahren muss der Antragsteller darlegen, dass eine Verletzung seiner Rechte möglich ist. Unabdingbare Voraussetzung für die Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2, S. 1 GWB ist es jedenfalls, dass der Antragsteller ein mittelbares wirtschaftliches Interesse am Auftrag geltend macht. Dementsprechend ist gem. § 107 Abs. 2, S. 2 GWB zumindest erforderlich, dass der Antragsteller konkret darlegt, inwieweit ihm die Chance zur Beteiligung an der Vergabe genommen wurde, obwohl diese andernfalls vorhanden gewesen wäre, und welche wirtschaftliche Beeinträchtigung dadurch eingetreten sein soll.
Normenkette
GWB §§ 97, 99 Abs. 4, § 107 Abs. 2
Verfahrensgang
Vergabekammer Stuttgart (Aktenzeichen 1 VK 18/02) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen die Entscheidung der Vergabekammer Baden-Württemberg vom 6.5.2002 wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Beschwerdewert: 5.000 Euro.
Gründe
I. Der Antragsgegner hat auf der Grundlage des baden-württembergischen Gesetzes über öffentliche Spielbanken i.d.F. vom 9.10.2001 (SpBG) im Staatsanzeiger Nr. 49 vom 17.12.2001 Spielbankkonzessionen für die Casinos in B. und K. ausgeschrieben.
Der Antragsteller bat mit Schreiben vom 18.12.2001 und 26.2.2002 um Übersendung der Ausschreibungsunterlagen. Der Antragsgegner kam dieser Bitte nicht nach, sondern forderte zunächst den Antragsteller auf, dass dieser das Unternehmen benenne, welches sich für die Bewerbung interessiere. Der Antragsteller benannte trotz mehrmaliger Aufforderungen seitens des Antragsgegners kein Unternehmen.
Er hat dabei die Ansicht vertreten, der Antragsgegner sei zur Übersendung der Unterlagen an jedwede konkret bezeichnete Person verpflichtet. Ein bestimmter Unternehmer müsse nicht vorhanden sein. Da der Antragsgegner pflichtwidrig die Unterlagen nicht übersandt habe, sei das Vergabeverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden.
Der Antragsteller ließ mit Anwaltschreiben vom 16.4.2002 bei der Vergabekammer Baden-Württemberg die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens beantragen und beanstandete dabei die Ausschreibung mit der Begründung, es läge ein Verstoß gegen § 97 Abs. 7 GWB i.V.m. §§ 7, 2 Nr. 2 VOL/A vor. Es sei auch von einem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz auszugehen, weil die Ausschreibungsunterlagen nicht an alle Interessenten verschickt worden seien. Die Vergabestelle hätte begründen müssen, warum sie dem Antragsteller trotz seines Interesses die Informationen nicht zuleiten wollte; sie hätte etwaige Zweifel an seiner Fachkundigkeit etc. darlegen müssen.
Die Vergabekammer verwarf mit Bescheid vom 6.5.2002 den Antrag als offensichtlich unzulässig, ohne den Nachprüfungsantrag an den Antragsgegner zuzustellen.
Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der beim Vergabesenat eingereichten sofortigen Beschwerde und beantragt, den Beschluss der Vergabekammer aufzuheben und das Verfahren an die Vergabekammer Baden-Württemberg zur Zustellung und Verhandlung zurückzuführen.
II. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Der Senat konnte, nachdem beide am Beschwerdeverfahren Beteiligten ihre Zustimmung erklärt haben, über die sofortige Beschwerde ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 120 Abs. 2, 69 Abs. 1, 2. Hs. GWB).
1. Die sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung der Vergabekammer, den Nachprüfungsantrag wegen offensichtlicher Unzulässigkeit dem Antragsgegner nicht zuzustellen, ist nach § 116 Abs. 1 GWB an sich statthaft (vgl. Portz in Niebuhr/Kulartz/Kus/Portz, Vergaberecht, 1999, § 110 Rz. 14) und auch sonst zulässig, insb. rechtzeitig und formgerecht eingelegt und begründet worden (§ 117 GWB). Inwieweit die Vorschriften des Vergaberechtsänderungsgesetzes Anwendung finden, ist eine Frage der Begründetheit der sofortigen Beschwerde.
2. Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet. Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag des Antragstellers vom 16.4.2002 gem. § 110 Abs. 2 S. 1 zu Recht als offensichtlich unzulässig behandelt.
Ein Fall der offensichtlichen Unzulässigkeit ist gegeben, wenn erkennbar die Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Antrag nicht gegeben sind, d.h., wenn die Mängel für einen unvoreingenommenen, mit den Umständen vertrauten Beobachter ohne weiteres ersichtlich sind (Marx in Motzke/Pietzcker/Prieß, VOB, 2001, § 100 Rz. 2). Dabei ist zwar grundsätzlich im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes eine restriktive Anwendung erforderlich (vgl. auch KG VergabeR 2002, 235; Gröning, VergabeR 2002, 435 [438]). Gleichwohl muss vorliegend der Antrag aus mehreren Gründen als offensichtlich unzulässig bezeichnet werden.
a) Zunächst ist dies der Fall, weil, wie die Vergabekammer zutreffend festgestellt hat, hin...