Leitsatz (amtlich)

Begründung von Teileigentum an einer Tiefgarage/Eintragung im Grundbuch: Ein Vollzugshindernis für die Eintragung einer Aufteilung gem. § 3 WEG kann nicht daraus gefolgert werden, dass sich auf dem Stammgrundstück ausschließlich die Tiefgaragenzufahrt befindet und der gesamte Bauteil der Tiefgarage infolge eines rechtmäßigen (anfänglich gestatteten) Überbaus auf dem Nachbargrundstück. Beide Bauteile bilden ein einheitliches Gebäude. Die Größe und die wirtschaftliche Bedeutung des übergebauten Gebäudeteils im Verhältnis zu dem auf dem Grundstück des Erbauers liegenden "Stammteils" sind unerheblich.

 

Normenkette

BGB §§ 94-95, 912; WEG §§ 1, 3

 

Verfahrensgang

Notariat Tübingen (Beschluss vom 20.05.2011; Aktenzeichen GRG 782/2010 Tübingen GB 30563)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Zurückweisungsbeschluss des Notariats Tübingen - Grundbuchamt/Referat II - vom 20.5.2011 - Ref. II GRG 782/2010 Tübingen GB 30563, aufgehoben.

2. Das Grundbuchamt wird angewiesen, die vom ermächtigten Notar beantragte Aufteilung des Grundstücks Flst. 6002/8, M., 28 m2, Grundbuch von T. Nr. 30563, zu vollziehen, sofern der Eintragung nicht andere Hindernisse entgegen stehen.

3. Gerichtsgebühren und Auslagen werden nicht erhoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

 

Gründe

I. Mit Antrag vom 3.4.2009 (Urkundenrolle Nr. 320/2009 des Notars H.) - eingegangen beim Grundbuchamt Tübingen am 16.11.2010 - hat der Notar die Eintragung einer Aufteilung gem. § 3 WEG bezüglich des Grundstücks, Flurstück 6002/8, M., 28 m2, Grundbuch von Tübingen Nr. 30563, begehrt.

Auf dem Grundstück befindet sich die Zufahrt zu einer Tiefgarage, die auf dem Nachbargrundstück, Flurstück 6002/10, M., 9a 44 m2, Grundbuch von T. Nr. 30132, errichtet wurde. Letzteres ist belastet unter Abt. II, lfd. Nr. 2, mit folgender Grunddienstbarkeit:

"Grunddienstbarkeit (Duldung des Überbaus mit einer Tiefgarage) für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks der Gemarkung T., Flst. Nr. 6002/8.

Hat Gleichrang mit dem Recht Abt. II Nr. 3.

Bezug: Bewilligung vom 27.2.2009 (Notar W. H. in T., UR 184/2009).

Eingetragen (GA 23880, 5) am 31.3.2009. Aus Grundbuch T. Blatt Nr. 23880 Abt. II Nr. 2 hierher übertragen am 4.5.2009.

Aus Grundbuch T. Blatt Nr. 30093 hierher übertragen am 29.5.2009."

Das herrschende Grundstück, Flurstück Nr. 6002/8, ist zugunsten des dienenden Grundstücks, Flurstück Nr. 6002/10, ebenfalls mit Grunddienstbarkeiten belastet, die jedoch lediglich Nutzungsrechte beinhalten, wie das Recht, die Unterseite der Decke der Tiefgarage zu bestimmten Zwecken zu nutzen und eine Fläche zu gestalten und zu benutzen.

Die Tiefgarage wurde auf der Grundlage der Überbaugrunddienstbarkeit auf dem angrenzenden Flurstück Nr. 6002/10 mit 11 konventionellen und 12 Stellplätzen in Mehrfachparkereinrichtung erstellt. Das herrschende Grundstück, Flurstück Nr. 6002/8, soll unter Einbezug der Tiefgarage gem. § 3 WEG in Miteigentumsanteile verbunden mit Teileigentumseinheiten an den Tiefgaragenstellplätzen aufgeteilt werden.

Das Grundbuchamt hat den entsprechenden Antrag mit Beschluss vom 20.5.2011 zurückgewiesen. Es ist der Auffassung, dass die Tiefgarage kein wesentlicher Bestandteil des "überbauenden" Grundstücks, Flurstück Nr. 6002/8, geworden sei, weswegen die Garagenzufahrt und die Tiefgarage verschiedenen Grundstücken zuzuordnen seien, wodurch sich eine Aufteilung gem. § 3 WEG i.V.m. § 1 Abs. 4 WEG verbiete.

Die Beteiligten haben am 31.5.2011 gegen den Zurückweisungsbeschluss Beschwerde eingelegt. Sie verweisen darauf, dass die Zufahrt und die Tiefgarage ein einheitliches Bauwerk darstellten, zumal der sich auf dem Stammgrundstück befindende Baukörper "tunnelförmig" mit durchgehenden seitlichen Wänden und einer Überdachung errichtet sei und sich bautechnisch nicht von der Tiefgarage abgrenzen lasse. Zudem handle es sich um einen rechtmäßigen Überbau, der auf der Grundlage der eingetragenen Grunddienstbarkeit vorgenommen worden sei.

Das Notariat hat nicht abgeholfen und die Akte mit Beschluss vom 27.6.2011 dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

II.1. Das Rechtsmittel ist gem. § 71 Abs. 1 GBO statthaft.

Der Notar, dessen Antragsermächtigung gem. § 15 Abs. 2 GBO gegeben ist, kann - ohne eine Vollmacht vorlegen zu müssen - gegen die auf den Eintragungsantrag ergangene Entscheidung für einen Antragsberechtigten, nicht aber im eigenen Namen, Beschwerde einlegen (Demharter, GBO, 27. Aufl. 2010, § 15 GBO Rz. 20, m.w.N.). Dies ist geschehen namens sämtlicher Beteiligter.

Das Rechtsmittel wurde gem. § 73 Abs. 1 GBO beim Grundbuchamt durch Einreichung einer Beschwerdeschrift (§ 73 Abs. 2 GBO) eingelegt und ist damit auch im Übrigen zulässig.

Über die Beschwerde hat das OLG gem. § 72 GBO zu entscheiden, nachdem das Notariat ihr nicht abgeholfen hat (§ 75 GBO).

2. Das Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg. Denn das vom Grundbuchamt in dem angefochtenen Zurückweisungsbeschluss angenommene Vollzugshindernis besteht nicht.

Nach § 1 Abs. 1 und 3 WEG kann an nicht zu W...

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