Leitsatz (amtlich)

Die Rechtskraft eines Kostenfestsetzungsbeschlusses steht einer Nachliquidation von Umsatzsteuer nicht entgegen, sofern in dem Beschluss über die Frage der Umsatzsteuerfestsetzung nicht entschieden worden ist.

 

Normenkette

ZPO § 104

 

Verfahrensgang

LG Rottweil (Beschluss vom 15.01.2009; Aktenzeichen 1 O 38/07)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss der Rechtspflegerin des LG Rottweil vom 15.1.2009 - 1 O 38/07, abgeändert:

Aufgrund des rechtskräftigen Urteils des LG Rottweil vom 7.2.2008 sind als Nachfestsetzung zum Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13.3.2008 von der Klägerin an den Beklagten an weiteren Kosten zu erstatten 363,85 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 22.10.2008.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Im Übrigen trägt die Klägerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Beschwerdewert: 363,85 EUR.

 

Gründe

I. Durch das klagabweisende Urteil des LG Rottweil vom 7.2.2008 wurden der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Nach Berufungsrücknahme ist dieses rechtskräftig geworden.

In dem sich anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren nahm der Beklagte in seine Kostenaufstellung die Umsatzsteuer von 363,85 EUR auf, erklärte aber gleichzeitig, dass er zum Vorsteuerabzug berechtigt und deshalb die ausgewiesene Umsatzsteuer nicht festzusetzen sei. Der hierauf erlassene, von den Parteien nicht angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13.3.2008 berücksichtigte dementsprechend lediglich die beantragte Nettosumme und in ihm wurde festgestellt, dass der Erstattungsbetrag keine Umsatzsteuer enthält.

Nachdem für die zweite Instanz wegen der Erklärung vom 6.10.2008, dass der Beklagte nicht vorsteuerabzugsberechtigt und deshalb die ausgewiesene Umsatzsteuer festzusetzen sei, diese im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 4.11.2008 in Ansatz gebracht worden war, beantragte der Beklagte mit Schriftsatz vom 20.10.2008, im nachhinein auch die von der Klägerin für das erstinstanzliche Verfahren zu erstattende Umsatzsteuer von 363,85 EUR festzusetzen. Es habe sich herausgestellt, dass er bereits zum damaligen Zeitpunkt nicht mehr vorsteuerabzugsberechtigt gewesen sei, weil er seine frühere Tätigkeit als Autohändler altersbedingt eingestellt und der frühere Betrieb abgewickelt gewesen sei.

Die Rechtspflegerin hat mit Beschluss vom 15.1.2009 den Antrag auf Nachfestsetzung zurückgewiesen, da die Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 13.3.2008 entgegen stehe. Gegen die am 16.1.2009 zugestellte Entscheidung hat der Beklagte durch seinen Prozessbevollmächtigten am 20.1.2009 sofortige Beschwerde eingelegt, der die Klägerin entgegengetreten ist.

Die Rechtspflegerin hat nicht abgeholfen und die Akte mit Beschluss vom 27.2.2009 dem OLG Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 568 ff. ZPO, § 11 Abs. 1 RpflG) und in der Sache begründet.

1. Der Nachliquidation der Umsatzsteuer steht die Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 13.3.2008 nicht entgegen.

Hat der Erstattungsberechtigte zunächst die Mehrwertsteuer nicht geltend gemacht und erklärt, vorsteuerabzugsberechtigt zu sein, so entscheidet das Erstgericht nicht über die Mehrwertsteuer. Es hat keinen Anlass darüber zu entscheiden, da ihre Festsetzung nicht beantragt ist. In diesem Fall kann auch später noch Mehrwertsteuer verlangt werden, ohne dass die Rechtskraft des früheren Kostenfestsetzungsbeschlusses entgegensteht, da diese nur das umfassen kann, über das auch entschieden worden ist (OLG Stuttgart, Beschl. v. 11.9.2006 - 8 W 363/06; OLGReport Karlsruhe 2007, 542; OLG Düsseldorf AGS 2006, 201; OLG München NJW-RR 2004, 69; BVerfG JurBüro 1995, 583; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl. 2008, Nr. 7008 RVG-VV Rz. 63 ff.; je m.w.N.).

Soweit die OLG in den zitierten Entscheidungen zum Teil zu einem anderen Ergebnis gelangen, beruht dies auf einer abweichenden Sachverhaltskonstellation, die der vorliegenden nicht vergleichbar ist.

Hier hatte der Beklagte zwar in seiner Kostenaufstellung die Mehrwertsteuer zunächst mit aufgenommen, aber in dem Antrag zugleich die Erklärung abgegeben, dass er vorsteuerabzugsberechtigt und deshalb die ausgewiesene Umsatzsteuer nicht festzusetzen sei. Hierdurch hat er gerade die Anmeldung der Mehrwertsteuer-Position rückgängig gemacht und diese einer Entscheidung der Rechtspflegerin entzogen. So enthält auch der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13.3.2008 keine Entscheidung über diese Position, sondern lediglich die erläuternde Feststellung, dass in dem Erstattungsbetrag keine Umsatzsteuer enthalten ist.

Nachdem somit lediglich eine Erklärung im Rahmen des § 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO abgegeben worden war des Inhalts, dass der Beklagte vorsteuerabzugsberechtigt sei, und demzufolge die Festsetzung der Umsatzsteuer - auch wenn sie in der Kostenaufstellung zunächst aufgeführt war - ausdrücklich nicht beantragt worden war, ist deren Nichtberücksichtigung in de...

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