Leitsatz (amtlich)

Grundsätze der Ermessensausübung bei einer Kostenentscheidung in Unterhaltssachen in Fällen der Befristung oder Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs.

 

Normenkette

FamFG § 243 Ziff. 1; BGB § 1578b

 

Verfahrensgang

AG Schwäbisch Gmünd (Aktenzeichen 9 F 148/11)

 

Tenor

Es verbleibt bei der Kostenentscheidung erster Instanz.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin zu 1/3, der Antragsgegner zu 2/3.

Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 12.860 EUR

 

Gründe

I. Die am XXX geborene Antragstellerin und der am XXX geborene Antragsgegner sind geschiedene Eheleute. Im Vergleich des OLG Stuttgart vom 26.11.2009 - 11 UF 145/09 - hatte sich der Antragsgegner zur Bezahlung von nachehelichem Unterhalt i.H.v. monatlich 557,98 EUR verpflichtet, befristet bis zum 31.12.2016.

Mit Abänderungsantrag vom Februar 2011 erstrebte die Antragstellerin unbefristeten Unterhalt i.H.v. monatlich 1.247,61 EUR. Der Antragsgegner anerkannte eine Zahlungsverpflichtung i.H.v. 255 EUR bis einschließlich Dezember 2016, ohne jedoch einen eigenen Abänderungsantrag zu stellen.

Das Familiengericht verpflichtete den Antragsgegner in Abänderung des Vergleichs vom 26.11.2009 zu monatlichen Unterhaltszahlungen i.H.v. 361 EUR ab Februar 2011 und von 944 EUR ab Januar 2012. bis Dezember 2016. Mit der Beschwerde verfolgte die Antragstellerin ihr ursprüngliches Antragsziel weiter..

Im Verhandlungstermin vor dem Senat schlossen die Beteiligten einen Vergleich, in welchem sich der Antragsgegner verpflichtete, monatlichen Unterhalt ab Februar 2011 i.H.v. rund 1.006 EUR, ab Januar 2012 von 1.219,49 EUR, ab Oktober 2012 von 1.195 EUR und ab Januar 2017 unbefristet von 200 EUR zu bezahlen. Eine Einigung über die Kostentragung konnte nicht erzielt werden.

II. Nach billigem Ermessen sind die Verfahrenskosten in erster Instanz gegeneinander aufzuheben, während in zweiter Instanz die Antragstellerin 1/3 und der Antragsgegner 2/3 der Kosten zu tragen haben, § 243 FamFG.

Auch nach Erledigung der Hauptsache durch Vergleich richtet sich die gerichtliche Kostenentscheidung ausschließlich nach § 243 FamFG, da die Sondervorschrift des § 98 ZPO in familienrechtlichen Verfahren keine Anwendung findet (BGH FamRZ 2011, 1933). Lediglich der Rechtsgedanke der Vorschrift stellt eines, aber nicht das maßgebliche, von mehreren Abwägungskriterien im Rahmen der Ermessensentscheidung des § 243 FamFG dar (BGH, a.a.O.).

In Unterhaltssachen ist gem. § 243 FamFG abweichend von den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Kostenverteilung nach billigem Ermessen zu entscheiden, wobei nach § 243 Nr. 1 FamFG insbesondere das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten einschließlich der Dauer der Unterhaltsverpflichtung zu berücksichtigen ist.

Die von § 92 ZPO abweichende Gesetzesformulierung trägt dem Umstand Rechnung, dass in Unterhaltssachen anders als bei Verfahren über einmalige Leistungen der Dauercharakter der Verpflichtung bei der Streitwertermittlung nur begrenzt berücksichtigt werden kann (BT-Drucks. 16/6308, 259). Die Dauer der Unterhaltsverpflichtung hat somit vor allem in den Fällen Bedeutung, in welchen neben der Höhe um den zeitlichen Umfang eines Betreuungsunterhalts nach § 1570 BGB oder 1615l BGB gestritten wird, oder wenn die Beteiligten unterschiedliche Vorstellungen über die Herabsetzung oder Befristung eines Unterhaltsanspruchs nach § 1578b BGB haben (Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 243 FamFG, Rz. 2).

Im zuletzt genannten Fall muss die Befristung oder Herabsetzung kostenrechtlich berücksichtigt werden, wobei im Falle einer Befristung die anzusetzende Quote um so niedriger ist, je länger Unterhalt gezahlt werden muss (Prütting/Helms/Bömelburg, FamFG, 2. Aufl. 2011, § 243 Rz. 16). Wird also ein Unterhaltsanspruch im gegenstandswertrelevanten Zeitraum in vollem Umfang zugesprochen, jedoch dem streitigen Befristungsantrag des Pflichtigen in vollem Umfang entsprochen, kann dies zu einer Kostenquotelung bis hin zur Kostenaufhebung führen (MünchKomm/Dötsch, FamFG, 3. Aufl. 2010, § 243 Rz. 5; Johannsen/Henrich/Maier, Familienrecht, 5. Aufl. 2010, § 243 FamFG, Rz. 5). Kommt es zu einer Quotelung unter Einbeziehung von Dauer der Befristung bzw. Umfang der Begrenzung sind als Maßstab der Entscheidung die Vorstellungen der Beteiligten über die Höhe und Dauer der Unterhaltsleistungen heranzuziehen (Keidel/Giers, FamFG, 17. Aufl. 2011, § 243 Rz. 3). In jedem Fall bedarf auch die gerichtliche Ermessensabwägung der Darstellung eines für alle Beteiligten nachvollziehbaren Abwägungsprozesses, um auch die wirtschaftlichen Überlegungen transparent zu gestalten (Johannsen/Henrich/Maier, a.a.O., § 243 FamFG, Rz. 1).

So hat das OLG Schleswig (NJW 2012, 3655) in einem Fall, in welchem die Höhe des Unterhalts nicht mehr im Streit war, das Begehren des Pflichtigen auf Befristung in gleicher Höhe bewertet wie das Begehren der Berechtigten, einen über die Dauer von noch 5 weiteren Jahren hinaus zugesprochenen Unterhalt zu erhalten. Zu Grundsätzen einer Bi...

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