Leitsatz (amtlich)
Für den Vermieter ist die Gewährung einer Räumungsfrist grundsätzlich unzumutbar, wenn die Zahlung der laufenden Miete/Nutzungsentschädigung für die Dauer der Räumungsfrist nicht gewährleistet ist.
Verfahrensgang
LG Ellwangen (Urteil vom 28.04.2006; Aktenzeichen 3 O 60/2006) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen die Versagung einer Räumungsfrist im Anerkenntnisurteil der 3. Zivilkammer (ER) des LG Ellwangen vom 28.4.2006 - 3 O 60/2006 - wird zurückgewiesen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens über die sofortige Beschwerde.
III. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wir auf bis zu 13.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist gem. § 721 Abs. 6 Nr. 1 ZPO zulässig, jedoch unbegründet.
Eine Räumungsfrist gem. § 721 ZPO ist der Beklagten nicht zu gewähren.
Zwar ist eine entsprechende Bewilligung auch im Falle einer Kündigung wegen rückständigen Mietzinses grundsätzlich möglich. Dabei sind jedoch die Interessen des Mieters und des Vermieters gegeneinander abzuwägen. Dies führt zur Versagung der Räumungsfrist.
Grundsätzlich ist es dem Vermieter nicht zuzumuten, eine Räumungsfrist hinnehmen zu müssen, wenn nicht gewährleistet ist, dass wenigstens für die Dauer der Räumungsfrist die laufende Miete/Nutzungsentschädigung gezahlt wird.
Die Beklagte hat zu keiner Zeit die Zahlung von Miete/Nutzungsentschädigung für die Zeit der begehrten Räumungsfrist angeboten. Zwar hat sie darauf hingewiesen, dass sie in absehbarer Zeit mit Provisionszahlungen rechne. Die Beklagte hat jedoch bereits mit Schreiben vom 25.10.2005 (Anlage K 8) die Begleichung von Mietrückständen durch erwartete Zahlungseingänge bis 31.12.2005 angekündigt, ohne dass letztlich Zahlungen erfolgt sind. Angesichts dieser Umstände bietet die jetzige Ankündigung von Zahlungseingängen durch die Beklagte keine ausreichende Gewähr, dass sie die anfallenden Mietzinsen/Nutzungsentschädigung wird aufbringen können, zumal sie die behaupteten Provisionszahlungen nicht näher darlegt.
Ein ggü. dem Interesse des Klägers vorrangiges Interesse der Beklagten hat diese nicht dargetan. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sie die streitgegenständlichen Räume tatsächlich zu Wohnzwecken nutzt und welche Härte eine Räumung für sie bedeuten würde. Sie wusste selbst, dass sie seit Mai 2005 keine Miete mehr bezahlt und damit die Gefahr einer fristlosen Kündigung heraufbeschwört. Sie konnte und musste sich daher frühzeitig darauf einstellen, dass sie bei Eintritt der Kündigungsvoraussetzungen mit Kündigung und alsbaldiger Räumung zu rechnen hat. Darüber hinaus hat der Kläger nach mehrfacher Mahnung mit Schreiben vom 16.11.2005 die fristlose Kündigung mit einer Räumungsfrist zum 23.11.2005 erklärt und schließlich am 9.2.2006 Räumungsklage eingereicht. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 28.4.2006 hat die Beklagte ihre Räumungsverpflichtung anerkannt. Angesichts dieses Zeitablaufs hatte die Beklagte bis heute ausreichend Zeit, sich auf die anstehende Räumung vorzubereiten. Die Gewährung einer Räumungsfrist kann unter diesen Umständen nicht in Betracht kommen.
Zu Unrecht hebt die Beklagte darauf ab, dass die Räumung für sie und ihre Familie eine unbillige Härte bedeute.
Selbst wenn die streitgegenständlichen Räume insgesamt als Wohnraum vermietet wären, würde die Gewährung einer Räumungsfrist grundsätzlich die Erfüllung einer Ersatzraumbeschaffungspflicht der Beklagten voraussetzen, denn nur in diesem Fall verdient die Beklagte den besonderen Schutz des Gesetzes vor der sofortigen Räumung ihrer Wohnung.
Die Beklagte hat jedoch nicht dargelegt, dass sie Anstrengungen unternommen hat, um Ersatzraum zu beschaffen. Dabei kann sich die Beklagte nicht auf die Lage auf dem Wohnungsmarkt berufen. Der Wohnungsmarkt ist gerichtsbekannt entspannt. Soweit die Anmietung einer Ersatzwohnung lediglich an der Zahlungsfähigkeit scheitert, kann dies bei der Gewährung einer Räumungsfrist nicht berücksichtigt werden.
Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass sie im Erdgeschoss ihre 85-jährige Mutter untergebracht habe, die sich im Endstadium einer Alzheimer-Erkrankung befinde, kommt ohnehin nur eine Betreuung in einem Pflegeheim oder innerhalb der (Ersatz-)Wohnung der Beklagten in Betracht, weil Patienten in diesem Stadium der Erkrankung nicht mehr sich selbst überlassen werden können und deshalb auch keine eigene Wohnung mehr benötigen. Soweit die Beklagte im Übrigen behauptet, dass ein Pflegeplatz kurzfristig nicht zur Verfügung stehe, hat sie weder dargelegt noch unter Beweis gestellt, dass sie sich erfolglos um einen Pflegeplatz bemüht hat. Soweit die Beklagte darüber hinaus eine Fremdbetreuung wegen auftretender Aggressionen bei der Mutter ausschließt, hat sie hierfür keinen Beweis angeboten.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Bei der Festsetzung des Streitwertes ist der Senat von dem auf den begehrten Verlängerungszeitraum entfallenden Mietzins bzw. Nutzungsentschädigung ausgegangen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugela...