Leitsatz (amtlich)

Einem außenstehenden Aktionär fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für die Durchführung eines Spruchverfahrens zur Überprüfung der Angemessenheit der in einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag bestimmten Kompensationsleistungen, wenn die Übertragung seiner Aktien auf den Hauptaktionär aufgrund eines in derselben Hauptversammlung wie die Zustimmung zum Unternehmensvertrag beschlossenen Übertragungsbeschlusses vor Ablauf eines Geschäftsjahres wirksam und die Angemessenheit der im Übertragungsbeschluss bestimmten Abfindung in einem anderen Spruchverfahren mit demselben Antragsgegner gerichtlich überprüft wird.

 

Normenkette

AktG §§ 304-305, 327 f., § 328; SpruchG

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 13.12.2010; Aktenzeichen 31 O 168/08 KfH AktG)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des LG Stuttgart vom 13.12.2010 - 31 O 168/08 KfH AktG, wird zurückgewiesen.

2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin. Außergerichtliche Kosten werden im Beschwerdeverfahren nicht erstattet.

3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 200.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Antragstellerin begehrt im Spruchverfahren Festsetzung einer angemessenen Abfindung bzw. eines angemessenen Ausgleichs wegen des Abschlusses eines Unternehmensvertrags.

I. Die Hauptversammlung der G. AG beschloss am 12.9.2002 die Zustimmung zu einem Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag der Gesellschaft als abhängigem Unternehmen mit der F.-GmbH vom 29.7.2002.

1. In dem Unternehmensvertrag war für die außenstehenden Aktionären eine Abfindung i.H.v. 26 EUR je (Vorzugs-)Aktie und ein jährlicher Ausgleich von 1,72 EUR bestimmt. Im Einzelnen enthielt der Unternehmensvertrag u.a. folgende Bestimmungen:

"§ 2 Gewinnabführung

...

(3) Die Verpflichtung zur Gewinnabführung gilt erstmals für den ganzen Gewinn des Geschäftsjahres der G., das am 1.10.2002 beginnt, sofern das Bestehen des Gewinnabführungsvertrages bis zum Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses für dieses Geschäftsjahr im Handelsregister eingetragen ist. Wird das Bestehen des Gewinnabführungsvertrages erst nach diesem Zeitpunkt in das Handelsregister eingetragen, so verschiebt sich der Zeitraum, für den die Gewinnabführungspflicht erstmals gelten soll, um ein Geschäftsjahr. Verschiebt sich die Eintragung des Bestehens des Gewinnabführungsvertrages um ein weiteres Geschäftsjahr, so verschiebt sich auch der Zeitraum der erstmaligen Geltung der Gewinnabführungsverpflichtung um ein weiteres Geschäftsjahr.

...

§ 4 Ausgleich

(1) F. garantiert den außenstehenden Aktionären der G. als angemessenen Ausgleich für jedes volle Geschäftsjahr der G. und für jede Aktie der G. mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital von EUR 2,56 die Zahlung eines Betrages von EUR 1,72. Die Ausgleichszahlung ist am ersten Bankarbeitstag in F. nach der ordentlichen Hauptversammlung der G. für das abgelaufene Geschäftsjahr fällig.

(2) Die Ausgleichszahlung nach Abs. 1 erfolgt erstmals für das erste Geschäftsjahr, für das die Verpflichtung zur Gewinnabführung gem. § 2 Abs. 2 besteht. Falls dieser Vertrag während eines Geschäftsjahrs endet oder G. während der Dauer dieses Vertrages ein Rumpfgeschäftsjahr bildet, vermindert sich der Ausgleich zeitanteilig.

...

(5) Falls ein Verfahren nach § 306 AktG eingeleitet wird und das Gericht rechtskräftig einen höheren Ausgleich festsetzt, können die außenstehenden Aktionäre, auch wenn sie inzwischen abgefunden wurden, eine entsprechende Ergänzung des von ihnen bezogenen Ausgleichs verlangen. Ebenso werden alle übrigen außenstehenden Aktionäre gleichgestellt, wenn sich F. gegenüber einem Aktionär der G. in einem Vergleich zur Abwendung oder Beendigung eines Verfahrens nach § 306 AktG zu einem höheren Ausgleich verpflichtet.

§ 5 Abfindung

(1) F. verpflichtet sich, auf Verlangen eines außenstehenden Aktionärs der G. dessen Aktien an der G. gegen eine Barabfindung i.H.v. 26 EUR je Aktie mit einem rechnerischen Anteil am grundkapital von 2,56 EUR zu erwerben.

...

(3) Die Verpflichtung der F. zum Erwerb der Aktien ist befristet. Die Frist endet zwei Monate nach der Veröffentlichung des Abfindungsangebots durch F., frühestens jedoch zwei Monate nach dem Tag, an dem die Eintragung des Bestehens dieses Vertrages im Handelsregister der G. nach § 10 des Handelsgesetzbuches (HGB) als bekannt gemacht gilt. Eine Verlängerung der Frist nach § 305 Abs. 4 Satz 3 AktG bleibt unberührt.

...

(5) Falls ein Verfahren nach § 306 AktG eingeleitet wird und das Gericht rechtskräftig eine höhere Abfindung festsetzt, können auch die bereits abgefundenen Aktionäre eine entsprechende Ergänzung der Abfindung verlangen. Ebenso werden alle übrigen außenstehenden Aktionäre gleichgestellt, wenn sich F. gegenüber einem Aktionär der G. in einem Vergleich zur Abwendung oder Beendigung eines Verfahrens nach § 306 AktG zu einer höheren Abfindung verpflichtet ..."

2. Der Unternehmensvertrag wurde am 7.10.2002 im Handelsregister eingetragen (BG ...

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