Verfahrensgang

LG Hechingen (Urteil vom 22.04.2016; Aktenzeichen 5 O 3/16 KfH)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des LG Hechingen vom 22.04.2016, Az. 5 O 3/16 KfH, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

 

Gründe

I. Die Kläger nehmen als Kommanditisten der Gebr. C. GmbH & Co. KG den Beklagten als Insolvenzverwalter auf Erstattung von Einkommensteuerzahlungen in Anspruch. Seit der durch Beschluss vom 01.06.2010 erfolgten Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Gebr. C. GmbH & Co. KG wird das Unternehmen vom Beklagten als Insolvenzverwalter weitergeführt, dem es gelingt, seither Gewinne zu erzielen. Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger vom Beklagten als Insolvenzverwalter Erstattungen wegen zu ihren Lasten erfolgten Einkommensteuerfestsetzungen, die auf die erfolgreiche Gewerbetätigkeit der Insolvenzschuldnerin im Geschäftsjahr 2011 zurückzuführen sind (Steuerbescheide Anl. K 5, K 6).

Das LG wies die Klage ab. Ein Anspruch gegen die Gesellschaft aus § 110 HGB, §§ 613, 670 BGB komme nicht in Betracht. Im Gesellschaftsvertrag sei ein unmittelbarer Auskehrungsanspruch der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft nicht vorgesehen. Der Gesellschaftsvertrag erlaube zwar in § 13 Abs. 1 Entnahmen auch für entstehende Steuern. Da jedoch § 5 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages lediglich interne Belastungen bzw. Gutschriften auf dem entsprechenden Darlehenskonto der Gesellschafter vorsehe und zugunsten der Gesellschafter eine Art Kompensation dadurch stattfinde, dass deren Anteile durch das erfolgreiche Wirtschaften der Insolvenzschuldnerin werthaltiger würden, sei nach Abwägung aller Gesichtspunkte die Zuerkennung eines gesellschaftsrechtlichen Erstattungsanspruches der Gesellschafter gegen die Insolvenzmasse abzulehnen. Es verbleibe der Weg der Kündigung der Beteiligung bzw. Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung.

Hiergegen richten sich die Kläger mit ihrer Berufung, zu deren Begründung sie vortragen, das angefochtene Urteil verkenne den Inhalt der gesellschaftsvertraglichen Regelung. Aus § 13 Abs. 1 und § 5 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages ergebe sich ein Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft. Dort werde ein Entnahmerecht der Gesellschafter begründet. Bis zur Insolvenz sei es jahrelange Praxis gewesen, dass den Gesellschaftern die zur Begleichung ihrer Steuerschulden erforderlichen Beträge zu Lasten ihres jeweiligen Darlehenskontos ausgezahlt worden seien.

Bei diesem Erstattungsanspruch handele es sich um eine Masseschuld im Sinne des § 55 Abs. 1 InsO. Die vom LG vertretene Rechtsauffassung führe zu dem offensichtlich falschen Ergebnis, dass der Beklagte das Unternehmen auf Kosten der Gesellschafter betreibe. Der Hinweis auf die Kündigungsmöglichkeit sei deshalb unbehelflich, weil hierfür Fristen nach § 16 des Gesellschaftsvertrags zu beachten seien. Hinzu komme, dass die klagseits zum 31.12.2015 erklärten Kündigungen nach Auffassung des Beklagten unwirksam sein sollten.

Der Hinweis einer Korrektur auf steuerlichem Wege gehe ebenfalls fehl. Den klagseits gestellten Erlassantrag habe das Finanzamt mit Schreiben vom 14.11.2014 (Anl. C 1, C 2) abgelehnt. Die korrekte Behandlung des vorliegenden Vorganges dürfe letztlich auch nicht von einer Billigkeitsmaßnahme des Finanzamtes abhängen.

Der Beklagte sei deshalb zur Erfüllung der gesellschaftsvertraglichen Ansprüche verpflichtet. Jede andere Auslegung führe zu dem der deutschen Rechtsordnung unbekannten Ergebnis, dass die Kläger ohne Möglichkeit der Beeinflussung für das Handeln des Beklagten zu haften hätten. Auch ohne entsprechende Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag sei den Gesellschaftern deshalb nach § 110 HGB, §§ 613, 670 BGB ein Entnahmerecht zuzugestehen. Auf diese Weise werde gewährleistet, dass die bereicherte Vermögensmasse die insoweit verwirklichten Steuerlasten trage.

Dem gegenüber ist der Beklagte der Auffassung, aus §§ 13, 5 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags folge kein Erstattungsanspruch. Dort sei nur geregelt, dass jeder Gesellschafter zu Lasten seines Darlehenskontos Steuerbeträge entnehmen könne. Dieses Entnahmerecht sei in der Insolvenz durch die vorrangigen Gläubigerrechte verdrängt.

Auch eine Masseschuld nach § 55 InsO liege nicht vor. Es fehle bereits an einer Verbindlichkeit der Masse, da nach der Systematik des Steuerrechts der Gesellschafter die Einkommenssteuer schulde.

Zu berücksichtigen sei, dass der Wert der Anteile der Kläger durch die Tätigkeit des Beklagten steige. Auch profitiere der Gesellschafter im umgekehrten Fa...

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