Normenkette

WiStG § 5

 

Verfahrensgang

AG Stuttgart-Bad Cannstatt (Aktenzeichen 6 C 818/84)

LG Stuttgart (Aktenzeichen 13 S 168/84)

 

Tenor

Ob bei Anmietung eines Gebäudes, das aus mehreren Wohnungen besteht, von denen der Mieter eine Wohnung selbst bewohnt und die übrigen mit Genehmigung des Vermieters untervermietet, ein Mietverhältnis über Wohnraum oder andere Räume (= Geschäftsräume) vorliegt, hängt davon ab, ob nach dem übereinstimmenden Vertragswillen der Parteien der vorherrschende Vertragszweck im eigenen Wohnen des Mieters oder im Weitervermieten liegt.

 

Tatbestand

I.

Die Kläger hatten mit dem Rechtsvorgänger des Beklagten am 31.1.1982 einen Mietvertrag über das Haus Neckartalstr. 109, Stuttgart 50, mit 3 Wohnungen zu einem monatlichen Mietzins von 1.800,– DM zuzüglich 200,– DM Nebenkostenvorauszahlung abgeschlossen. In § 24 des Mietvertrags wurde handschriftlich vermerkt:

„Der Mieter hat das Recht auf alle Räume weiter zu vermieten an diese Räume welche er braucht nicht.”

Die Kläger zogen in eine Wohnung ein und vermieteten die anderen beiden Wohnungen an türkische Landsleute.

Nach Erwerb des Hauses durch den Beklagten schlossen die Parteien am 1.9.1983 einen Mietvertrag zum selben Mietpreis. In § 9.3 dieses Mietvertrags ist schreibmaschinenschriftlich eingesetzt:

„Untervermietung an 4 Personen gestattet.”

Die Kläger sind der Ansicht, der vereinbarte und von ihnen bezahlte Mietpreis sei überhöht und fordern mit der Klage unter Berufung auf §§ 812 BGB, 5 WiStG den nach ihrer Ansicht in der Zeit von September 1983 bis Januar 1984 zuviel bezahlten Mietzins in Höhe von monatlich 651,60 DM zurück.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, § 5 WiStG sei nicht anwendbar; da der vorherrschende Vertragszweck des Mietvertrages vom 1.9.1983 in der Weitervermietung von 2/3 der angemieteten Gesamtfläche zu sehen sei, liege rechtlich eine Geschäftsraummiete und keine Wohnraummiete vor.

Im Berufungsverfahren hat das Landgericht, das ein Wohnraummietverhältnis annehmen will, dem Oberlandesgericht Stuttgart folgende Frage zum Rechtsentscheid vorgelegt:

„Liegt bei Anmietung eines Gebäudes, das aus mehreren Wohnungen besteht, von denen der Mieter eine Wohnung selbst bewohnt und die übrigen mit Genehmigung des Vermieters untervermietet, eine Geschäftsraum- oder eine Wohnraummiete vor?”

Der Senat beantwortet die Frage wie aus dem Leitsatz ersichtlich.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Voraussetzungen des Art. III Abs. 1 S. 1 des Dritten Gesetzes zur Änderung mietrechtlicher Vorschriften vom 21.12.1967 (BGBl. I S. 1248) in der Fassung des Gesetzes v. 5.6.1980 (BGBl. I, S. 657) liegen vor.

Es handelt sich um eine Rechtsfrage, die den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum betrifft. Die Frage zielt nämlich darauf ab, ob dann, wenn der Mieter nur einen Teil der angemieteten Räume selbst bewohnt und die anderen weitervermietet, ein Mietverhältnis über Wohnraum oder über andere Räume vorliegt, weil § 5 WiStG nur auf Wohnraummietverhältnisse anwendbar ist. Diese Rechtsfrage ist von grundsätzlicher Bedeutung, da zu erwarten ist, daß die gleiche Frage auch künftig wiederholt auftreten wird. Soweit ersichtlich, ist sie bisher durch Rechtsentscheid noch nicht entschieden.

2. Entschieden ist durch Rechtsentscheid bisher lediglich, daß dann kein Mietverhältnis über Wohnraum vorliegt und damit die den Wohnraummieter schützenden Vorschriften der §§ 564 b BGB, 5 WiStG nicht anwendbar sind, wenn der Mieter die an ihn vermieteten Räume nicht selbst bewohnt, sondern weitervermietet.

Es haben das OLG Karlsruhe durch RE vom 24.10.1983 (NJW 84, 373) zu § 5 WiStG, das OLG Braunschweig durch RE vom 27.6.1984 (1 W 15/84) zu § 564 c BGB und der erkennende Senat durch RE vom 25.10.1984 (Die Justiz 85, 26 = ZMR 85, 14) zu § 564 b BGB in Übereinstimmung mit dem BGH (WPM 79, 148; BGH, NJW 81, 1377; BGH, WPM 82, 1390; BGH, NJW 82, 1696 – ebenso schon RGZ 124, 4) entschieden, daß es sich dann nicht um ein Mietverhältnis über Wohnraum handelt, wenn der Zweck eines Mietvertrags über zum, Wohnen geeignete Räume darin besteht, daß der Mieter diese an Dritte zu Wohnzwecken untervermietet.

Nach den genannten Entscheidungen ist bei der Abgrenzung zwischen Wohnraum- und Geschäftsraummiete entscheidend, worin der von den Parteien vereinbarte vertragsmäßige Gebrauch liegen soll, der sich danach richtet, welchen Zweck der Mieter mit der Anmietung verfolgt. Ein Wohnraummietverhältnis ist daher zu verneinen, wenn die Räume zwar zum Wohnen geeignet sind, der nach dem Vertrag vorgesehene Gebrauch des Mieters jedoch nicht im Wohnen, sondern im Weitervermieten liegt. Dabei ist für die Verneinung von Wohnraummiete und die Annahme von Geschäftsraummiete nicht erforderlich, daß bei der Weitervermietung wirtschaftliche Zwecke verfolgt werden. Im Mietrecht sind den Mietverhältnissen über Wohnraum nämlich die Mietverhältnisse über andere Räume gegenübergestellt, weshalb Geschäftsräume alle Räume sind, die zu anderen als Wohnzwecken bestimmt sind, selbst wenn sie nicht ge...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?