Verfahrensgang
AG Ludwigsburg (Beschluss vom 19.06.2018; Aktenzeichen 7 F 508/18) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Ludwigsburg vom 19.6.2018 abgeändert:
Der Antragstellerin wird ratenfrei Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin H. bewilligt.
Gründe
I. Mit ihrem im April 2018 beim Amtsgericht eingegangenen Antrag hat die Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe für ein beabsichtigtes Scheidungsverfahren hinsichtlich einer im März 1992 in M. B., Provinz G. in Afghanistan geschlossenen Ehe begehrt.
Das Verfahrenskostenhilfegesuch der Antragstellerin wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 19.6.2018 zurückgewiesen. Der Antrag sei wegen des Fehlens des Datums der Eheschließung und des zuständigen Standesamts nicht hinreichend bestimmt. Auch ein Nachweis der Eheschließung sei nicht erbracht worden. Mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 19.7.2018 gegen die am 21.6.2018 zugestellte Entscheidung, der das Amtsgericht mit Beschluss vom 27.7.2018 nicht abgeholfen hat, verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag auf Verfahrenskostenhilfe für ein beabsichtigtes Scheidungsverfahren weiter.
II. Die gem. § 113 Abs. 1 FamFG, §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 ff. ZPO zulässige Beschwerde ist begründet. Der Antragstellerin ist ratenfrei Verfahrenskostenhilfe für ein beabsichtigtes Scheidungsverfahren zu bewilligen.
Die Antragstellerin hat während des Beschwerdeverfahrens eine Ehebescheinigungsurkunde der afghanischen Botschaft in Teheran/Iran vom 31.3.2010 in Kopie vorgelegt, in der die Eheschließung im Jahre 1992 bestätigt wird.
Der Senat lässt diesen Nachweis für die Eheschließung im März 1992 für das Beschwerdeverfahren bei gebotener summarischer Prüfung genügen. Vornehmlich in islamisch geprägten Kulturkreisen sind religiöse Eheschließungszeremonien üblich, deren (ggf. sofortige) staatliche Registrierung nicht immer erfolgt bzw. erfolgen muss (vgl. Art. 61 Abs. 2 ZGB Afghanistan v. 5.1.1977: statt der Registrierung genügt der Nachweis einer öffentlichen Urkunde). Die im Jahre 2010 erfolgte Bestätigung der Eheschließung durch die Botschaft der Islamischen Republik Afghanistan in Teheran ist für das Zustandekommen der Ehe nach dem gem. Art. 13 EGBGB maßgeblichen Heimatrecht der beiden afghanischen Staatsangehörigen als ausreichend anzusehen. Unerheblich ist hierbei auch der Umstand, dass ein exakter Eheschließungstag nicht angegeben worden ist. Religiösen Eheschließungen in bestimmten islamischen Kulturkreisen ist eine derartige Angabe - ähnlich den oft fehlenden exakten Geburtsangaben - zumeist wesensfremd. Es genügt unter Umständen die bloße Angabe des Jahres der Eheschließung.
Ob die Eheschließung aufgrund der Minderjährigkeit der Braut zur Unwirksamkeit der Ehe geführt hat (vgl. Art. 71 Abs. 2, Art. 77 Nr. 3 ZGB Afghanistan sowie die eingehende Senatsverfügung vom 8.8.2018) oder ob jedenfalls die spätere staatliche Registrierung in der afghanischen Botschaft in Teheran zu einer etwaigen Heilung einer nichtigen Ehe geführt hat, muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Fundstellen
Dokument-Index HI13538458 |