Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundbuchberichtigung. Löschung eines Vorkaufsrechts

 

Leitsatz (amtlich)

Ein für den ersten Verkaufsfall bestelltes dingliches Vorkaufsrecht erlischt, wenn das belastete Grundstück mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht an ein Kind verkauft wird.

 

Normenkette

BGB §§ 1097, 511

 

Verfahrensgang

LG Tübingen (Aktenzeichen 5 T 274/96)

 

Tatbestand

Aus den Gründen!

I.

Ehe Antragstellerin ist im Grundbuch als Eigentümerin von 2 Grundstücken eingetragen, die sie durch einen notariellen „Grundstücksübertragungsvertrag” … 1988 von ihrem Vater unter gleichzeitiger Bestellung eines lebenslänglichen Nießbrauchsrechts zugunsten ihrer Eltern übertragen bekommen hat. Der in diesem Vertrag vereinbarte, um den Wert des Nießbrauchsrechts verminderte Kaufpreis war größtenteils zur Sicherstellung der Versorgung der Eltern in Raten zu zahlen und durch eine Pflicht der Antragstellerin zur Darlehensgewährung an ihre Eltern im Bedarfsfalle ergänzt.

Zu Lasten dieser Grundstücke ist zugunsten der 4 Schwestern des … Vaters ein dingliches Vorkaufsrecht eingetragen, das im notariellen Vertrag vom … 1950 über den „Auseinandersetzungsvollzug” nach dem Tode der Großeltern der Antragstellerin seine Grundlage hat. In … dieser Urkunde ist bestimmt, daß den Schwestern des Vaters „ein dingliches Vorkaufsrecht für den 1. Verkaufsfall” bestellt wird, das für die Berechtigten zwar vererblich ist, aber „mit dem Tode des letzten der ursprünglich Berechtigten” erlischt. Im Gegenzug hat der Vater der Antragstellerin ein ebenfalls auf den ersten Verkaufsfall beschränktes dingliches Vorkaufsrecht an den Grundstücken erhalten, die aus dem elterlichen Nachlaß auf seine Schwestern übertragen worden sind …

Mit Antrag vom 4./7.1996 hat die Antragstellerin die Berichtigung des Grundbuchs begehrt, wen das Vorkaufsrecht ihrer 4 Tanten durch den Übertragungsvertrag von 1988 materiellrechtlich erloschen sei. Auf die Mitteilung des Berichtigungsantrags haben 3 Tanten … der Löschung widersprochen. …

Nachdem die Beteiligte Ziff. 2 auf die Mitteilung des Grundbuchamts … es beabsichtige das Vorkaufsrecht zu löschen, falls nicht innerhalb von 2 Wochen widersprochen werde, fristgemäß Widerspruch eingelegt hatte, hat der Grundbuchnotar … Löschungsantrag zurückgewiesen; es bestünden Zweifel über die Reichweite des Vorkaufsrechts, weshalb der Streit der Beteiligten über die Auslegung des Auseinandersetzungsvertrags von 1950 im Klagewege zu klären sei.

Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das Landgericht … die Entscheidung des Grundbuchamts aufgehoben und den Notar angewiesen, die Vorkaufsrechte der 3 Antragsgegnerinnen im Wege der Berichtigung zu löschen. Dabei hat sich das Landgericht unter Berufung auf die herrschende Lehre auf den Standpunkt gestellt, daß das nur für den ersten Verkaufsfall bestellte Vorkaufsrecht der Antragsgegnerinnen dadurch erloschen sei, daß die Grundstücke 1988 ohne Eintritt des Vorkaufsfalls an die Tochter des filmeren Eigentümers übertragen worden sind; der Vorkaufsfall sei deshalb nicht eingetreten, weil der Übertragungsvertrag von 1988 ein umfassender Versorgungsvertrag und nicht ein normaler Kaufvertrag gewesen sei.

Dagegen wendet sich die Beteiligte Ziff. 2 mit der weiteren Beschwerde, …. Sie macht geltend, das Vorkaufsrecht sei durch den Übertragungsvertrag nicht erloschen; das Landgericht habe verkannt, daß eine vorweggenommene Erbfolge das Vorkaufsrecht nicht zum Erlöschen bringe, weil eine solche Veräußerung nach §§ 1098 Abs. 1, 511 BGB kern „Verkaufsfall” im Sinne von § 504 BGB sei; der gesetzliche Erbe könne ebensowenig als „Dritter” angesehen werden wie ein Mitberechtigter: vielmehr ergebe sich daraus, daß in § 1097 Halbs. 1 BGB auch der Erbe als Belasteter bezüglich des ersten Verkaufsfalls genannt sei, der Fortbestand des Vorkaufsrechts gegenüber dem Erben unabhängig davon, ob er durch Erbgang oder vorweggenommene Erbfolge neuer Eigentümer geworden sei. …

 

Entscheidungsgründe

II.

Die – zulässige – Rechtsbeschwerde der Beteiligten Ziff. 2 hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Beschwerdeentscheidung des Landgerichts ist rechtsfehlerfrei (§§ 78 GBO, 550 ZPO).

Zu Recht hat sich das Landgericht auf den Rechtsstandpunkt gestellt, daß das Grundbuch unrichtig geworden und deshalb auf Antrag ohne Zustimmung der als Berechtigte eingetragenen Antragsgegnerinnen zu berichtigen ist (§ 22 GBO). Der erforderliche Nachweis ist hier durch die vorliegenden Urkunden geführt. Einer Verweisung der Beteiligten auf den ordentlichen Klageweg zur Klärung unterschiedlicher Auslegungsmöglichkeiten, wie es das Grundbuchamt angenommen hat, bedarf es nicht, weil der Grundbuchinhalt und die in Bezug genommene Eintragungsbewilligung hinreichend eindeutig sind.

1) Zutreffend hat das Landgericht angenommen, daß das im Auseinandersetzungsvertrag von 1950 bestellte dingliche Vorkaufsrecht zugunsten der Tanten der Antragstellerin, das – gemäß § 1097 Halbs. 1 BGB – ausdrücklich auf den „ersten Verkaufsfall” beschränkt war, durch den Übertrag...

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