Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 12.10.1995; Aktenzeichen 10 KfH O 138/95) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluß des Vors. Richters der 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 12.10.1995
Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz werden der Beklagten auferlegt.
2. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Wert des Beschwerdeverfahrens: |
8.000,00 DM |
Tatbestand
I.
Der Kläger, ein Verband i.S. von § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG, hat in einem an die Beklagte gerichteten Abmahnschreiben vom 17.07.3995 beanstandet, daß die Beklagte in der … Zeitung vom … Gleitsichtbrillen mit der Aussage bewarb
„Das gab's noch nie!
Gleitsichtbrillen auf Rezept.”
Als die Beklagte auf die Abmahnung nicht reagierte, insbesondere die verlangte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht übersandte, hat der Kläger Unterlassungsklage erhoben. Nach Zugang dieser Klage hat die Beklagte ohne schuldhaftes weiteres Zögern eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, worauf die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Sie streiten nun darüber, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.
Das Landgericht Stuttgart hat mit seinem Beschluß vom 12.10.1995 die Verfahrenskosten dem Kläger auferlegt mit der Begründung, die Beklagte habe keine Klagveranlassung gegeben. Es sei nicht bewiesen, daß der Beklagten das Abmahnschreiben zugegangen sei. Sie sei deshalb so zu behandeln, als wenn überhaupt keine Abmahnung abgesandt worden wäre. Der bisherigen überwiegenden Rechtsprechung, die das Risiko mangelnder Feststellbarkeit des Zugangs einer Abmahnung dem Adressaten zurechne und auch in einem solchen Fall eine Klagveranlassung des Adressaten annehme, könne nicht gefolgt werden. Eine solche Auffassung stehe in unüberbrückbarem Widerspruch dazu, daß der Zweck der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung, einen Prozeß zu vermeiden, nur zu erfüllen sei, wenn die Abmahnung den Verletzer auch erreiche. Die Problematik sei nicht anders und deshalb auch nicht anders zu lösen als in den Fällen des Klaganerkenntnisses nach Klagerhebung ohne Nachweis, daß der Schuldner bereits in Verzug gesetzt wurde. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf die in NJWE-WettbR 1996, 21 veröffentlichte Entscheidung verwiesen.
Mit seiner Beschwerde will der Kläger weiterhin erreichen, daß der Beklagten die Verfahrenskosten auferlegt werden. Er beruft sich auf die seiner Meinung nach sachgerechte überwiegende Rechtsprechung. Diese sei insbesondere durch wohlfeile Schutzbehauptungen von Verletzern veranlaßt, sie hätten kein Abmahnschreiben erhalten. Die Beklagte ist dieser sofortigen Beschwerde entgegengetreten und verweist auf die nach ihrer Meinung zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist zulässig und hat auch Erfolg. Unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts sind die Verfahrenskosten der Beklagten deshalb aufzuerlegen, weil ohne übereinstimmend erklärte Erledigung in der Hauptsache dem Klagantrag hätte entsprochen werden müssen und die Beklagte Veranlassung zur Klagerhebung gegeben hat.
1.
Daß die beanstandete Werbung der Beklagten, Gleitsichtbrillen auf Rezept habe es noch nie gegeben, unrichtig und daher wettbewerbswidrig war, ist zwischen den Parteien nicht im Streit. Deshalb hat die Beklagte auch alsbald nach Erhebung der Klage eine strafbewehrte Unterwerfungserklärung abgegeben und damit die Grundlage für die Erledigung des Rechtsstreits gelegt.
2.
Nach § 91 a ZPO ist über die Verteilung der Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands zu entscheiden. Da die Werbung der Beklagten gegen § 3 UWG verstoßen hatte, hätte die Unterlassungsklage des Klägers ohne Erledigung in der Hauptsache Erfolg gehabt. Dem entspricht es, die Verfahrenskosten der Beklagten aufzuerlegen.
Mit ihrem Einwand, dar Kläger müsse deshalb die Verfahrenskosten tragen, weil sie ihm keine Veranlassung zur Klage gegeben habe, kann die Beklagte nicht durchdringen:
Anlaß zur Klagerhebung ist dann gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die den Kläger bei vernünftiger Sicht annehmen lassen müssen, er werde ohne Erhebung der Klage nicht zu seinem Recht kommen (Zöller/Herget, ZPO, 19. Aufl., § 93 Rdnr. 3; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 93 Rdnr. 12). Dabei ist die Frage der Klagveranlassung aus der Sicht des Klägers zu beurteilen. Ob den Beklagten ein Verschulden trifft, ist unbeachtlich (Zöller/Herget, a.a.O.; Stein/Jonas/Bork, a.a.O. mit Rspr.-Nachweisen).
Die Frage der Klagveranlassung ist aus der Sicht des Klägers zu beurteilen, weil § 93 ZPO eine Ausnahmeregelung zuungunsten des mit dem Klaganspruch durchdringenden und deshalb nach dem Grundsatz des § 91 ZPO an sich von Kosten freizustellenden Klägers darstellt. Sinn und Zweck dieser Ausnahmebestimmung liegt darin, zur Vermeidung unnötiger Kosten für den Schuldner und einer unnötigen Inanspruchnahme der Gerich...