Leitsatz (amtlich)

Sofortige Beschwerde gegen ein Zwischenurteil nach § 387 ZPO:

Zeugnisverweigerung unter Berufung auf ein seit 27 Jahren bestehendes Eheversprechen, ohne dass eine Eheschließung erfolgt ist.

 

Normenkette

ZPO §§ 387, 383 Abs. 1 Nr. 1, §§ 386, 294; BGB § 1297

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 14.10.2010; Aktenzeichen 9 O 69/09)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 4.11.2009 gegen das Zwischenurteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 14.10.2010 - 9 O 69/09 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Streitwert des Beschwerdeverfahrens. 2.500 EUR.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten in dem vorliegenden Beschwerdeverfahren um die Berechtigung der Zeugin F. M., das Zeugnis wegen eines Verlöbnisses mit dem Beklagten zu verweigern.

Der Kläger nimmt den Beklagten im Wege einer Teilklage auf Zahlung von 10.000 EUR mit der Begründung in Anspruch, fehlerhaft bei einer Kapitalanlage beraten worden zu sein. Der Beklagte habe ihn, seine Frau und die R. GmbH in Finanzfragen beraten. Von allen drei natürlichen und juristischen Personen seien dem Beklagten in der Vergangenheit hohe Geldbeträge zur Verfügung gestellt worden. Auf Anraten des Beklagten habe er u.a. 2003 an einem als risikolos dargestellten Lastschriftgeschäft teilgenommen und Frau I., der Vorstandsvorsitzenden der ... A. AG, einen Betrag von 505.000 EUR zur Verfügung gestellt und nicht mehr zurückerhalten (vgl. dazu das Urteil des OLG Köln vom 8.12.2004 - 13 U 50/04, Anlage. K 16). Hieran habe der Beklagte durch Provisionen verdient. Hilfsweise stützt der Kläger sein Begehren auf einen Verlust i.H.v. 100.000 EUR durch das Lastschriftgeschäft betreffend die F. GmbH aus dem Jahr 2003, das ebenfalls der Beklagte empfohlen habe. Die erzielten und nicht offen gelegten Provisionen seien herauszugeben, die vom Beklagten und dessen Lebensgefährtin M. abgerechnet worden seien. Letztere habe mit der ... A. AG am 30.3.2003 einen Kapitalvermittlungsvertrag geschlossen (Anlage K 6 = Anlage K 14). Auch zum Beweis der Behauptung, dass der Beklagte die über Frau M. abgerechneten Provisionen erhalten habe, hat sich der Kläger auf die Zeugin M. berufen. Der Beklagte habe versprochen, den eingetretenen Schaden auszugleichen.

Der Beklagte bestreitet den Abschluss eines Beratungsvertrages und beruft sich u.a. auf Verjährung. Er habe zwischen Frau I. und dem Kläger einen Beteiligungsdarlehensvertrag vermittelt, in dem auf seine Provisionsberechtigung hingewiesen worden sei (Anlage B 3). Der Kläger habe die erlittenen Verluste selbst zu verantworten.

Die Staatsanwaltschaft S. hat gegen den Beklagten unter dem Aktenzeichen ... Js ... ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Kreditwuchers, des Betruges und des Betreibens von verbotenen Bankgeschäften geführt. Inzwischen wurde der Beklagte durch rechtskräftiges Urteil des LG S. vom 22.6.2010 zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren verurteilt.

Im Anschluss an den Hinweisbeschluss vom 24.11.2009 (Bl. 203/205 d.A.) hat das LG in der Sitzung vom 20.5.2010 die Vernehmung der Zeugin M. angeordnet (Bl. 2205/226 d.A.). Im Termin vom 15.7.2010 hat die Zeugin unter Berufung auf ein dem Beklagten im Jahr 1983 erteiltes Eheversprechen das Zeugnis verweigert. Wegen verschiedener Probleme sei es bislang nicht zur Heirat gekommen, während der Inhaftierung sei eine Eheschließung nicht beabsichtigt (vgl. Bl. 230/232 d.A.).

Das LG hat nach ergänzender Anhörung der Zeugin am 7.10.2010 (Bl. 252/254 d.A.) mit Zwischenurteil vom 14.10.2010, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, ein Zeugnisverweigerungsrecht der Zeugin M. angenommen (Bl. 258/261 d.A.).

Gegen diese ihm am 22.10.2010 zugestellte Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers vom 4.11.2010. Ein Zeugnisverweigerungsrecht stehe der Zeugin nicht zu. Die Angaben der Zeugin zum Verlöbnis seien nicht glaubhaft. Im Strafurteil des LG S. vom 1.2.2010 (Az 11 KLs ... Js ... /0) sei von einem Verlöbnis zur Zeugin nicht die Rede. In dem vom Kläger gegen den Beklagten beim LG S. angestrengten Zivilprozess mit dem Az ... O ... /09 sei Frau M. am 12.5.2010 als Zeugin vernommen und vereidigt worden. Dort habe sie sich selbst nur als Lebensgefährtin des Beklagten bezeichnet. Ein ernsthaftes Eheversprechen liege, da die Ehe seit 27 Jahren nicht geschlossen worden und von der Zeugin während der Dauer der Inhaftierung auch nicht gewünscht sei, nicht vor.

Der Beklagte hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

Das LG hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und mit Beschluss vom 9.12.2010 die Akten dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

Vom Senat wurde die Zeugin ergänzend zur Vorlage einer Versicherung an Eides statt aufgefordert (§§ 386 Abs. 1, 294 ZPO). Dieser Aufforderung ist die Zeugin am 21.1.2011 nachgekommen.

Die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die Zeugin M. wurde sowohl von der zuständigen Staatsanwaltschaft als auch von der Generalstaatsanwaltschaft abge...

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