Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachverständiger/Ersetzung der Zustimmung-Spruchverfahren. Verbesserung des Umtauschverhältnisses nach Verschmelzung

 

Leitsatz (amtlich)

§ 7 Abs. 2 ZSEG ist in einem umwandlungsrechtlichen Spruchverfahren (§§ 305 ff UmwG) dahin auszulegen, dass das Gericht die verweigerte Zustimmung der – regelmäßig kostentragungspflichtigen – Antragsgegnerin zu Stundensätzen, die die gesetzlichen Höchststundensätze nach § 3 ZSEG deutlich übersteigen, unabhängig von der Zustimmung der (zahlreichen) Antragsteller ersetzen kann.

 

Normenkette

ZSEG § 7 Abs. 2; UmwG § 312 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Heilbronn (Aktenzeichen 3 KfH O 510/97)

 

Gründe

Aus den Gründen:

I.

Die 10 antragstellenden Aktionäre nehmen die Antragsgegnerin – eine AG, die aus der im Herbst 1997 beschlossenen Verschmelzung zweier AG hervorgegangen ist – imSpruchverfahren nach §§ 305 ff UmwG 1994 aufVerbesserung des Umtauschverhältnisses nach § 15 UmwG in Anspruch. Das Grundkapital der beiden AG betrug zum maßgeblichen Stichtag knapp 135 Mio bzw. 66 Mio DM, die konsolidierten Umsätze beliefen sich auf etwas über bzw. etwas unter je 1,3 Mrd. die Bilanzsummen auf über 1,1 Mrd bzw 685 Mio DM, wozu (zusammen) 44 Tochtergesellschaften, davon 27 im Ausland, beigetragen haben.

DurchBeschluss vom Nov. 1999 hat die Kammer für Handelssachen nach längeren Auseinandersetzungen unter den Beteiligten einenSachverständigen mit der Erstellung eines Bewertungsgutachtens beauftragt. Dieser hat unter Zugrundelegung der Angaben der Antragsgegnerin für das erbetene Bewertungsgutachten einen voraussichtlichen Kostenaufwand in Höhe von 3,36 Mio DM veranschlagt und um Zustimmung zu einemStundensatz von 385,– DM gebeten; durch weiteres Schreiben hat er seine vorläufige Kalkulation und die beabsichtigte Vorgehensweise erläutert, nachdem die Antragsgegnerin ihr Einverständnis mit den „irrealen” und „grotesken” Honorarvorstellungen des Sachverständigen verweigert und diesen wegen „Unfähigkeit und/oder Befangenheit” abgelehnt hatte.

Ein Teil der Antragsteller hat eine Äußerung zum Stundensatz für „nicht angezeigt” erachtet, weil „die Gegenseite die Kosten zu tragen hat”, aber in weiteren Schriftsätzen zum Ausdruck gebracht, das der Widerstand der Antragsgegnerin gegen den bestellten Sachverständigen und deren Verzögerungstaktik nicht mehr länger geduldet werden dürften.

DurchBeschluss vom Nov. 2000 hat die Kammer – bei gleichzeitiger Zurückweisung der sonstigen Verfahrensanträge der Antragsgegnerin – mangels Zustimmung der Antragsgegnerin gem. § 7 Abs. 2 ZSEG dem vom bestellten Sachverständigen kalkuliertenStundensatz von 385,– DM (zzgl. MwSt)zugestimmt.

Mit derBeschwerde greift die Antragsgegnerin die gerichtliche Zustimmungsentscheidung gem. § 7 Abs. 2 ZSEG als „offensichtlich gesetzwidrig” an. Ein Teil der Antragsteller ist entgegen getreten und auch der Sachverständige hat eine Stellungnahme abgegeben. Der Kammervorsitzende hat der Beschwerde der Antragsgegnerin nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.

II.

1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die gerichtliche Zustimmung nach § 7 Abs. 2 S. 1 ZSEG ist nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 7 Abs. 2 S. 4 ZSEGnicht statthaft und deshalb als unzulässig zu verwerfen.

Die Frage, inwieweit ein nicht gegebenes Rechtsmittel dadurch statthaft werden kann, dass der Beschwerdeführer dieses als„außerordentliche Beschwerde” bezeichnet und zugleich dem Gericht eine „offensichtliche Gesetzwidrigkeit” oder „greifbare Gesetzwidrigkeit” vorwirft, bedarf hier keiner näheren Erörterung, ebensowenig wie die Frage, ob hinsichtlich der Eröffnung des Beschwerdeverfahrens an der Senatsentscheidung vom 25.11.1975 (Die Justiz 1976, 258 = RPfl 1976, 190; abl. zB Bleutge, ZSEG, 3. Aufl., § 7 Rn 8) festzuhalten ist. Denn die gerügte Gesetzwidrigkeit liegt „offensichtlich” nicht vor.

a) Der Antragsgegnervertreter begründet die „greifbare Gesetzwidrigkeit” damit, dass eine gerichtliche Zustimmung zur Sachverständigenvergütung nach § 7 Abs. 2 ZSEG auf die nach § 3 ZSEG vorgegebenen Stundensätze – hier also auf höchstens 150,– DM/Std – begrenzt sei. Dies steht bereits in klarem Widerspruch zu § 7 Abs. 2 S. 2 ZSEG, weil die durch das KostenrechtsänderungsG 1994 angefügte Bestimmung ausdrücklich als„Soll-Vorschrift” formuliert ist. Es handelt sich nicht um eine verdeckte „Muss-Vorschrift”, die den Ermessensspielraum des Gerichts auf die Sätze des § 3 ZSEG begrenzt. Vielmehr ist es Zweck des § 7 ZSEG, einen Weg aus dem engen Rahmen des § 3 ZSEG hinaus zu eröffnen. Die 1994 vorgenommene Änderung des ZSEG sollte die am Wortlaut klammernde Auslegung durch die Gerichte überwinden helfen; die absichtlich gewählte „Soll-Regelung” soll dabei dem Gericht „in ganz besonders gelagerten Fällen” die Möglichkeit eröffnen, die Sätze des § 3 ZSEG zu überschreiten (vgl. Otto, JurBüro 1994, 385, 393; BT-Drs. 12/6962, S. 56, 97; sowie allgemein Meyer/Höver/Bach, ZSEG 22. Aufl., § 7 Rn 1.2; Bleutge, aaO § 7 Rn 6). Das vorliegende Spruchverfahren bildet unter de...

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