Leitsatz (amtlich)
Bei der Frage, ob wegen Zeitablaufs von der Verhängung eines Fahrverbots gemäß § 44 StGB abzusehen ist, ist die zwischen der angefochtenen Entscheidung und der Entscheidung des Revisionsgerichts verstrichene Zeit nicht zu berücksichtigen.
Normenkette
StGB § 44 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Tübingen (Entscheidung vom 16.07.2015; Aktenzeichen 23 Ns 12 Js 4542/14) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 16. Juli 2015 wird als unbegründet
verworfen.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Rottenburg am Neckar hat den Angeklagten am 5. Februar 2015 wegen versuchter Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu der Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 250 € verurteilt. Dem Angeklagten wurde für die Dauer von drei Monaten verboten, im öffentlichen Straßenverkehr Kraftfahrzeuge aller Art zu führen. Die Berufung des Angeklagten wurde durch Urteil des Landgerichts Tübingen vom 16. Juli 2015 verworfen.
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt und sowohl Verfahrensrügen als auch die Sachrüge erhoben. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision des Angeklagten als unzulässig, hilfsweise als unbegründet, höchst hilfsweise mit der Maßgabe als unbegründet zu verwerfen, dass die Verhängung des Fahrverbots entfällt.
II.
Die Revision des Angeklagten ist zulässig, jedoch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Revision ist zulässig, da sie insbesondere wirksam durch den Unterbevollmächtigten begründet (§ 344 StPO) wurde.
Der Verteidiger hat dem die Revisionsbegründungsschrift fertigenden Rechtsanwalt wirksam Untervollmacht für die Abfassung der Revisionsbegründungsschrift erteilt. Es ist unschädlich, dass dies erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist nachgewiesen wurde (vgl. OLG Nürnberg, NJW 2007, 1767; Brandenburgisches Oberlandesgericht, NStZ 1995, 52; Thüringer Oberlandesgericht, NStZ-RR 2012, 320). Zudem ist trotz undatierter Untervollmacht davon auszugehen, dass der Unterbevollmächtigte bereits zu dem Zeitpunkt bevollmächtigt war, als er die Revisionsbegründungsschrift fertigte, da der Verteidiger dies in seinem Schriftsatz vom 10. November 2015 anwaltlich versichert hat.
Des Weiteren ist mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die Erteilung der Untervollmacht im Einverständnis mit dem Angeklagten als tragender Grundlage der Unterbevollmächtigung (vgl. Thüringer Oberlandesgericht, aaO) erfolgt ist, zumal die Einwilligung nur die Beziehung zwischen dem Angeklagten und seinem Verteidiger berührt und dem Gericht - wie die Hauptvollmacht - nicht in einer bestimmten Form nachzuweisen ist (Lüderssen/Jahn in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 38 Rn. 20).
Schließlich ist auch hinreichend ersichtlich, dass der die Revisionsbegründungsschrift fertigende Rechtsanwalt in Untervollmacht handelte. Ein Unterbevollmächtigter muss bei der Unterzeichnung das Vertretungsverhältnis zum Ausdruck bringen, da der Unterzeichner die volle Verantwortung für den Schriftsatz übernimmt; eine Vertretung bei der Unterzeichnung der Revisionsbegründungsschrift ist unzulässig (KG Berlin, JR 1974, 207; Thüringer Oberlandesgericht, aaO; Franke in Löwe-Rosenberg, aaO, § 345 Rn. 23). Unterzeichnet ein Rechtsanwalt in Untervollmacht, ist in der Regel von der Übernahme dieser Verantwortung auszugehen (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., Einl. Rn. 129). Im vorliegenden Fall hat der Unterbevollmächtigte zwar nicht ausdrücklich kenntlich gemacht, dass er in Untervollmacht für den Verteidiger handelte. Das Handeln in Untervollmacht ist aber auch ohne entsprechenden Vertretungszusatz unproblematisch aus der Revisionsbegründungsschrift ersichtlich, da sie mit dem Briefkopf des Verteidigers versehen ist und die eindeutig erkennbare Unterschrift des Unterbevollmächtigten trägt. Es besteht daher vorliegend kein Zweifel, dass sich der Unterbevollmächtigte den Inhalt der Revisionsbegründungsschrift zu eigen gemacht und dafür aufgrund eigener Prüfung die Verantwortung übernommen hat.
2. Die Revision ist jedoch nicht begründet, da das Urteil des Landgerichts keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen lässt.
a) Die vom Angeklagten erhobenen Verfahrensrügen sind bereits unzulässig. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im Antrag der Generalstaatsanwaltschaft verwiesen.
b) Auch die erhobene Sachrüge deckt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
aa) Die getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen versuchter Nötigung gemäß § 240 Abs. 1, 3, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB und wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b, Abs. 3 Nr. 1 StGB; die fehlerhafte Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses beschwert den Angeklagten nicht.
Nach den Feststellungen des Landgerichts fuhr der Angeklagte mit einem Pkw mit hoher Geschwindigkeit auf dem linken Fahrstreifen einer Autobahn und bedrängte den ihm vorausfahrenden Zeugen T. durch...