Verfahrensgang
AG Heilbronn (Entscheidung vom 03.12.2020; Aktenzeichen 24 OWi 29 Js 32309/20) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Heilbronn vom 3. Dezember 2020 mit den zugrundeliegenden Feststellungen
aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Amtsgericht Heilbronn
zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Heilbronn verurteilte den Betroffenen am 3. Dezember 2020 wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 29 km/h zu der Geldbuße von 160 € und einem Fahrverbot von einem Monat. Die der Verurteilung zugrundeliegende Geschwindigkeitsüberschreitung wurde mit dem Messgerät Leivtec XV3 gemessen. Das Amtsgericht Heilbronn ging von einem standardisierten Messverfahren aus.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
II.
Die gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde führt auf die Sachrüge des Betroffenen zur Aufhebung des Urteils.
Die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart hat in ihrer Stellungnahme vom 25. Mai 2021, mit der sie einer Einstellung des Verfahrens gemäß § 47 OWiG unter Verweis auf die Möglichkeit der Überprüfung der Geschwindigkeitsmessung durch einen Sachverständigen nicht zugestimmt hat, zum Messverfahren folgendes ausgeführt:
"Von einem standardisierten Messverfahren kann beim Messgerät "Leivtec XV3"zwar derzeit aufgrund der Erkenntnisse, die von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) am 27. Oktober 2020 mit Nachträgen am 12. März 2021 und 1. April 2021 in der Mitteilung zum "Zwischenstand im Zusammenhang mit mutmaßlichen Messwertabweichungen beim Geschwindigkeitsüberwachungsgerät Leivtec XV3"bekannt gegeben wurden, nicht mehr ausgegangen werden".
Dieser Auffassung schließt sich der Senat an (vgl. auch OLG Oldenburg, Beschlüsse vom 16. März 2021, 2 Ss (OWi) 67/21, und vom 20. April 2021, 2 Ss (OWi) 92/21). Mit Kundeninformation vom 12. März 2021 hat auch die Herstellerfirma darum gebeten, von weiteren amtlichen Messungen vorerst Abstand zu nehmen.
Unter diesen Umständen waren derzeit - vor Abschluss der laufenden Untersuchungen der PTB - die bei Zugrundelegung der Grundsätze eines standardisierten Messverfahrens erleichterten Darlegungsanforderungen, die das Amtsgericht vorliegend angewandt hat, nicht ausreichend zur Begründung der Fehlerfreiheit der Messung. Vielmehr wäre zur Beurteilung der Frage, ob die Geschwindigkeitsmessung vorliegend fehlerfrei erfolgt war, die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich gewesen, was jedoch unterblieben ist.
Das Urteil war daher mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Heilbronn zurückzuverweisen.
Fundstellen
ZfS 2021, 594 |
Die Justiz 2022, 121 |