Leitsatz (amtlich)
Im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach Bewilligung von Beratungshilfe für die Angelegenheit "außergerichtliche Schuldenbereinigung gem. § 305 InsO" kann die Einigungs- und Erledigungsgebühr nach Nr. 2508 RVG-VV für die Mitwirkung bei einer außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans gem. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO nur einmal vom Rechtsanwalt verdient werden. Eine Erhöhung oder Vervielfachung dieser Erfolgsgebühr ist nicht vorgesehen wie bei der Geschäftsgebühr als Tätigkeitsgebühr nach Nr. 2503 bis 2507 RVG-VV bezogen auf die Anzahl der Gläubiger.
Normenkette
RVG-VV § 44; RVG § 2 Abs. 2 i.V.m. Nr. 2508
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 05.05.2008; Aktenzeichen 19 T 162/08) |
AG Nürtingen (Aktenzeichen GR V 982/06) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 19. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 5.5.2008 - 19 T 162/07, wird zurückgewiesen.
II. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
1. Am 16.8.2006 beantragte der Berechtigte die Bewilligung von Beratungshilfe für die Angelegenheit "außergerichtliche Schuldenbereinigung gem. § 305 InsO". Der Berechtigungsschein wurde ihm antragsgemäß am selben Tag erteilt. In diesem Rahmen nahm er die anwaltliche Hilfe der Antragstellerin in Anspruch.
Diese beantragte am 15.10.2007 die Festsetzung ihrer Gebühren und Auslagen i.H.v. insgesamt 1.300,67 EUR (Geschäftsgebühr nach RVG-VV Nr. 2506 - 15 Gläubiger -: 448 EUR, Einigungs- und Erledigungsgebühr nach RVG-VV Nr. 2508: 5 × 125 EUR = 625 EUR, Auslagenpauschale nach RVG-VV Nr. 7002: 20 EUR, Umsatzsteuer auf die Vergütung nach RVG-VV Nr. 7008: 207,67 EUR).
Die Rechtspflegerin in ihrer Funktion als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat am 6.2.2008 die Einigungs- und Erledigungsgebühr nur einmal i.H.v. 125 EUR in Ansatz gebracht und die aus der Staatskasse zu bewilligende Beratungshilfevergütung unter Berücksichtigung der ebenfalls reduzierten Umsatzsteuer auf 112,67 EUR mit insgesamt 705,67 EUR festgesetzt.
Die hiergegen erhobene Erinnerung der Antragstellerin wurde am 11.4.2008 durch das AG Nürtingen zurückgewiesen. Diese Entscheidung wurde von der Antragstellerin mit der Beschwerde angefochten, die wiederum am 5.5.2008 durch das LG Stuttgart zurückgewiesen wurde unter gleichzeitiger Zulassung der weiteren Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der streitigen Frage, ob die Einigungs- und Erledigungsgebühr nach RVG-VV Nr. 2508 mehrfach anfallen kann.
Gegen den am 12.5.2008 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin per Telefax am 15.5.2008 weitere Beschwerde eingelegt.
Die Kammer hat die Akte ohne Abhilfe dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
2. Nachdem die weitere Beschwerde zum OLG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache durch das LG Stuttgart als Beschwerdegericht in seinem Beschluss vom 5.5.2008 zugelassen wurde, ist das Rechtsmittel der Antragstellerin als sofortige weitere Beschwerde statthaft, frist- und formgerecht eingelegt und damit auch sonst zulässig (§ 55 Abs. 1, Abs. 4 RVG, § 4 Abs. 1 BerHG, § 56 Abs. 1, Abs. 2 RVG i.V.m. § 33 Abs. 6, Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 Satz 1 und 4 RVG). Das Rechtsmittel kann jedoch nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 33 Abs. 6 Satz 2 RVG i.V.m. §§ 546, 547 ZPO).
In der Sache ist die weitere Beschwerde unbegründet, da ein Rechtsfehler des LG nicht vorliegt.
Gemäß § 44 RVG erhält der Rechtsanwalt für die Tätigkeit im Rahmen der Beratungshilfe aus der Staatskasse eine Vergütung nach § 2 Abs. 2 RVG in Verbindung mit Nr. 2500 bis 2508 RVG-VV n.F. (Nr. 2600 bis 2608 RVG-VV a.F.). Voraussetzung ist die Erteilung eines Berechtigungsscheins für die Beratungshilfe außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens in den in § 2 Abs. 2 BerHG aufgeführten Angelegenheiten. Dabei muss der Sachverhalt, für den Beratungshilfe beantragt wird, angegeben werden und das AG stellt dem Rechtssuchenden unter genauer Bezeichnung der "Angelegenheit" einen Berechtigungsschein für die Beratungshilfe durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl aus.
Sachliche Voraussetzung für eine Bewilligung durch den funktionell zuständigen Rechtspfleger (§ 24a Abs. 1 Nr. 1 RPflG) ist zum Einen die Bedürftigkeit des Rechtssuchenden und zum Zweiten, dass die Wahrnehmung der Rechte nicht mutwillig ist (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 3 BerHG). Dagegen ist die Gewährung der Beratungshilfe nicht abhängig von der Erfolgsaussicht der Rechtswahrnehmung, die im Rahmen der Prozesskostenhilfe im Übrigen durch den Richter zu prüfen ist. Entsprechend kann auch von einem Rechtsanwalt, der in diesem frühen Stadium für den Rechtssuchenden den Antrag stellt, noch keine eingehende Prüfung der Rechtslage erwartet werden. Die Beratungshilfe soll die sachkundige Beratung durch Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe gerade ermöglichen. Allerdings darf die Rechtswahrnehmung nicht mutwillig sein.
Die Rechtspflegerin hat diese Voraussetz...