Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert für Scheidungsverbundverfahren ist unter Beachtung des Gesamtvolumens der Ehescheidung festzulegen

 

Leitsatz (amtlich)

Der Umstand, dass eine Ehescheidung einvernehmlich erfolgt ist, kann keine Berücksichtigung bei der Festsetzung des Gegenstandswerts finden. Vielmehr muss das Gesamtvolumen der Ehescheidung sowie die Bedeutung der Sache und ihre Schwierigkeit herangezogen werden. Nach einer Methode kann dann das Vermögen um Freibeträge für jede Partei gekürzt und sodann der restliche Wert mit einem Prozentsatz zugrunde gelegt werden. Bei Beachtlichkeit aller Einzelumstände kann dabei auch die Hälfte des nach Abzug der Freibeträge verbleibenden Werts für die Bemessung des Gegenstandswerts angemessen sein.

 

Normenkette

GKG § 42 Abs. 2, § 48 Abs. 2-3, § 49 Nr. 3

 

Verfahrensgang

AG Stuttgart-Bad Cannstatt

 

Tenor

Auf die Beschwerde der vormaligen Prozessbevollmächtigten des Antragstellers, Frau Rechtsanw., wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Stuttgart-Bad Cannstatt, soweit darin der Gegenstandswert für die Ehesache festgesetzt worden ist, abgeändert.

Der Gegenstandswert für die Ehesache wird auf 30.000 EUR festgesetzt, unter Einschluss der Folgesache Versorgungsausgleich mithin auf insgesamt 32.000 EUR.

 

Gründe

I. Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Familiengericht im Scheidungsverbundverfahren den Gegenstandswert für den die Ehescheidung betreffenden Verfahrensteil auf 10.500 EUR und für die Folgesache Versorgungsausgleich auf weitere 2.000 EUR festgesetzt. Dagegen richtet sich die Streitwertbeschwerde, mit der die Festsetzung eines Gegenstandswerts von insgesamt 52.000 EUR, nämlich weiteren 39.500 EUR, begehrt wird.

Bei Wertfestsetzung sei nicht beachtet worden, dass die Parteien über Vermögen verfügten, so die Antragsgegnerin über ein Hausgrundstück, welches einen Verkehrswert von ca. 750.000 EUR aufweise, und ferner beide Parteien über Barvermögen i.H.v. 70.000 EUR. Nach Abzug von Freibeträgen, 15.000 EUR für jede Partei, sei das Vermögen im Umfang von 5 % dem Gegenstandswert hinzuzurechnen.

Das Familiengericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und das damit begründet, es habe den Gegenstandswert für die Ehescheidung ausgehend von dem durch die Parteien in drei Monaten erzielten Familiennettoeinkommen ermittelt.

Der Antragsteller tritt seinerseits der Beschwerde entgegen. Er rügt, Frau Rechtsanwältin F. habe die Beschwerde ohne Vollmacht ihres vormaligen Mandanten, des Antragstellers, eingelegt. So sich die Beschwerde lediglich auf das Aktivvermögen beziehe, seien (auch grundpfandrechtlich gesicherte) Verbindlichkeiten nicht in Abzug gebracht. Außerdem sei entgegen dem Beschwerdevorbringen geltend zu machen, der Gegenstandswert sei zu hoch angesetzt, soweit er nämlich einen Umfang von 2.000 EUR übersteige.

II. Die Streitwertbeschwerde ist gem. § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 32 Abs. 2 RVG statthaft und innerhalb der Frist des § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG eingelegt. Sie hat in der Sache teilweise Erfolg.

6. Nach § 48 Abs. 2 GKG ist der Streitwert in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Er darf bei einer Ehesache nicht unter 2.000 EUR angenommen werden; für die Einkommensverhältnisse ist das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Eheleute einzusetzen (§ 48 Abs. 3 Satz 2 und Satz 1 GKG).

Wie die Parteien vortragen ließen und auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht erklärten, erzielte der Antragsteller zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 2.000 EUR und die Antragsgegnerin ein solches von ca. 1.500 EUR. Für sich genommen führte das zu einem Gegenstandswert von (3 × 3.500 EUR =) 10.500 EUR. Nach der Vorschrift des § 42 Abs. 2 GKG, auf welche in § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG verwiesen ist, sind indes auch die Vermögensverhältnisse zu beachten.

Im Falle des eigengenutzten Wohnhauses ist umstritten, ob der Verkehrswert (zum Meinungsstand vgl. Maurer/Borth, in: Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, 5. Aufl., Kapitel I Rz. 768; Keske, in: Gerhardt/v. Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 6. Aufl., 17. Kapitel Rz. 25; Thalmann, in: Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Aufl., § 606 ZPO Rz. 33) oder aber die ersparte Miete in Ansatz zu bringen ist (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., § 48 GKG Rz. 30). Teilweise wird vertreten, das Vermögen um Freibeträge für jede Partei zu kürzen und sodann den restlichen Wert mit einem Prozentsatz dessen zugrunde zu legen (so OLG Karlsruhe FamRZ 1999, 1288).

Von letzterem geht die Beschwerdeführerin aus. Sie trägt den Wert an dem im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden Hausgrundstück mit 750.000 EUR sowie den der gemeinsamen Barmittel mit 70.000 EUR vor. Werden diese Werte addiert, so ergibt sich eine Summe von 820.000 EUR. Zwar weist ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge