Entscheidungsstichwort (Thema)

Erzwingung der Offenlegung des Jahresabschlusses einer GmbH: Verpflichteter im Zwangsgeldverfahren; eindeutige Bezeichnung des durchzusetzenden Verhaltens. Aufstellung und Offenlegung des Jahresabschlusses. Verhängung eines Zwangsgeldes und Einspruch gegen Androhung eines Zwangsgeldes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Zwangsgeldverfahren zur Erzwingung der Offenlegung des Jahresabschlusses einer GmbH richtet sich gegen den Geschäftsführer und nicht gegen die Gesellschaft.

2. Das Verhalten, das durch (Androhung und) Verhängung von Zwangsgeld durchgesetzt werden soll, muss eindeutig bezeichnet sein. Der Ausspruch, der „Pflicht zur Aufstellung und Offenlegung des Jahresabschlusses nachzukommen”, genügt nicht.

 

Normenkette

HGB §§ 325, 335; KapCoRiLiG

 

Verfahrensgang

LG Heilbronn (Aktenzeichen 1 KfH T 4/99)

AG Heilbronn (Aktenzeichen HRB 3219)

 

Gründe

Eine Gläubigerin einer GmbH beantragte beim Registergericht, deren Geschäftsführer zur Offenlegung des Jahresabschlusses anzuhalten und ihr die Abschrift einer „aktuellen Bilanz” zu übersenden. Nachdem der – alleinige – Geschäftsführer der GmbH der wiederholten gerichtlichen Aufforderung, „seiner Pflicht zur Aufstellung und Offenlegung des Jahresabschlusses nachzukommmen”, keine Folge geleistet hatte, drohte das Registergericht zunächst ein Zwangsgeld an. Den dagegen gerichteten Einspruch wies das Registergericht zurück, setzte ein Zwangsgeld fest und drohte zugleich ein neues Zwangsgeld in doppelter Höhe an.

Die unter Bezugnahme auf eine vorgelegte (angebliche) „Bilanz zum 31.12.1993” umfassend eingelegte Beschwerde wies das Landgericht als Beschwerde der GmbH zurück. Die dagegen gerichtete weitere Beschwerde führte zur Aufhebung der Entscheidung beider Vorinstanzen und zur Zurückverweisung an das Amtsgericht.

1. Die Beschwerde gegen die Verfügung des Amtsgerichts …, soweit darin gem. § 132 I FGG ein weiteres Zwangsgeld … angedroht wird, war unzulässig (§ 132 II FGG). Vielmehr hatte das Amtsgericht die „Beschwerde” der Beschwerdeführerin … insoweit als Einspruch zu bescheiden. Erst gegen diese Entscheidung ist die sofortige Beschwerde eröffnet (§ 139 I FGG; vgl. auch OLG Karlsruhe Die Justiz 2000, 141).

2. Auch im übrigen erweisen sich die Entscheidungen sowohl des Landgerichts als auch des Amtsgerichts als rechtsfehlerhaft.

a) Formell fehlerhaft ist die Entscheidung des Erstbeschwerdegerichts insoweit, als … von einer Beschwerde der GmbH ausgeht und dieser auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt, obwohl die Beschwerde – zutreffend – vom Geschäftsführer der GmbH eingelegt ist …. Sowohl die Pflicht zur Erstellung eines Jahresabschlusses (§ 264 Abs. 1 HGB) als auch die Pflicht zur Offenlegung (§ 325 HGB) richtet sich nicht an die Gesellschaft „als solche”, sondern ausdrücklich an die gesetzlichen Vertreter der Kapitalgesellschaft. Desgleichen ist die (Androhung und) Festsetzung eines Zwangsgelds zur Durchsetzung der Rechnungslegungs- und Offenlegungspflichten nur gegen die „Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs einer Kapitalgesellschaft” (§ 335 S. 1 HGB) möglich. Für eine Vollstreckung ist die zutreffende Bezeichnung des Verpflichteten von entscheidender Bedeutung.

Daran hat auch die teilweise Neufassung der einschlägigen Vorschriften durch das „Kapitalgesellschaften- und Co-Richtlinie-Gesetz (KapCoRiLiG)” vom 24.2.2000 (BGBl I, 154) nichts geändert. Dieses (gem Art. 10) am 9.3.2000 – und damit kurz nach der landgerichtlichen Entscheidung – in Kraft getretene Gesetz ist grundsätzlich im Rechtsbeschwerdeverfahren als maßgebliches Recht zu beachten, soweit nicht spezielle Übergangsvorschriften bestehen.

b) Einen wesentlichen Mangel sämtlicher im Verfahren getroffenen Entscheidungen stellt es dar, dass das Verhalten, das mit der (Androhung und) Verhängung von Zwangsgeld durchgesetzt werden soll, nicht hinreichend eindeutig bezeichnet ist. Da die Vollstreckung des Zwangsgelds auch nach seiner Verhängung noch durch die Erfüllung der angeordneten Verpflichtung abgewendet werden darf, muss das zu erzwingende Verhalten genau – gleichsam in vollstreckungsfähiger Form – bezeichnet sein.

aa) Obgleich im Antrag der Gläubigerin … um Überlassung einer Abschrift der „aktuellen Bilanz” gebeten worden war, enthalten die Verfügungen des Amtsgerichts … keine nähere Zeitbestimmung. Auch das Landgericht hat angesichts der vorgelegten Seiten 21 bis 23 eines Jahresabschlusses zum 31.12.1993 keinen Anlass gesehen, das Geschäftsjahr des Jahresabschlusses zu benennen, auf den sich das verhängte Zwangsgeld beziehen soll. Die landgerichtliche Beanstandung, dass die Unterlagen für das Geschäftsjahr 1993 „keineswegs” „genügen”, ist zwar uneingeschränkt zutreffend, aber ebenfalls unzureichend. Die Frage, ob der Beschwerdeführer etwa mit der Vorlage eines Jahresabschlusses 1996 oder 1997 ein Zwangsgeld abwenden könnte, bleibt offen.

Die Frage, für welches Geschäftsjahr die Vorlage eines Jahresabschlusses erzwungen werden soll, erhält zusätzliche Bedeutung durch das er...

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