Leitsatz (amtlich)

Muss ein Streithelfer befürchten, im Fall des Unterliegens der unterstützten Partei auf den sog. großen Schadensersatz, also Ersatz des vollen Schadens Zug um Zug gegen Übereignung des Vertragsgegenstandes, in Anspruch genommen zu werden, bemisst sich der Streitwert der Streithilfe nach dem Wert des großen Schadensersatzes und ist nicht auf den sog. kleinen Schadensersatz beschränkt.

 

Normenkette

ZPO §§ 68, 3; GKG § 48

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 09.04.2013; Aktenzeichen 17 O 456/13)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der 17. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 9.4.2013 - 17 O 456/13, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Streitwert des Beschwerdeverfahrens: 10.000,- EUR

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 9.4.2013 hat das LG Stuttgart das LG den Antrag einer Zustellung der Klage an Herrn X als Admin-C der/des Beklagten abgelehnt.

Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin sofortige Beschwerde eingelegt mit dem Ziel der Zustellung der Klage an den Admin-C. Mit Beschluss vom 7.5.2013 hat das LG der Beschwerde der Klägerin nicht abgeholfen und die Akten dem OLG Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist gem. § 252 ZPO analog i.V.m. § 567 ZPO statthaft, in zulässiger Weise, insbesondere fristgerecht eingelegt, aber in der Sache nicht begründet.

1. Die Klage kann entgegen der Auffassung der Klägerin nicht an Herrn X als Zustellungsbevollmächtigten wirksam zugestellt werden.

a) Herr X war und ist als administrativer und technischer Ansprechpartner sowie Zonenverwalter gemäß der von der Beklagten mit Eintragung der streitigen Domain akzeptierten Bestimmung der DENIC Zustellungsbevollmächtigter i.S.v. § 184 ZPO geworden. § 184 Abs. 1 ZPO setzt jedoch voraus, dass die Partei vom Gericht zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten im Inland aufgefordert wurde. Die Vorschrift gilt deshalb nicht für verfahrenseinleitende Schriftstücke, sondern setzt eine vorangegangene Zustellung mit der Aufforderung voraus, einen Prozessbevollmächtigten zu bestellen (Häublein in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 184 Rz. 2; Roth in Stein/Jonas ZPO, 22. Aufl., § 184 Rz. 5). Nachdem hier der Beklagten weder die Klage noch eine Aufforderung zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten im Inland zugestellt worden ist, ist § 184 ZPO vorliegend zumindest noch nicht anwendbar.

Die von der Klägerin herangezogene Entscheidung des OLG Frankfurt (Urt. v. 17.6.2010 - 16 U 239/09) geht offenbar davon aus, dass § 184 ZPO auch die Zustellung einer Klage betrifft. Das OLG Frankfurt hat sich dabei nicht mit dem Wortlaut des § 184 Abs. 1 ZPO und der ganz herrschenden Meinung auseinandergesetzt, wonach diese Vorschrift nicht für verfahrenseinleitende Schriftstücke gilt. Der Hinweis des OLG Frankfurt im erwähnten Urteil ist sich im Übrigen nur ein obiter dictum und gehört nicht zu den tragenden Gründen dieser Entscheidung.

b) § 184 ZPO führt nur zu einer Vollmacht zum Empfang und nicht zu einer Vollmacht zum Handeln (B/L/A/H ZPO, 70. Aufl., § 184 Rz. 9). § 184 ZPO schließt allerdings eine Bevollmächtigung zum Empfang von Schriftstücken nicht aus. Über eine Zustellungsvollmacht bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 184 ZPO hinaus ist hier jedoch eine rechtsgeschäftliche umfassende oder auf Zustellungen begrenzte Vollmacht des Herrn X, für den oder die Beklagte zu handeln, weder vorgetragen noch belegt. Insbesondere ergibt sich die Erteilung einer allgemeinen rechtsgeschäftlichen Vollmacht nicht allein aus der Bestimmung in § 3 Abs. 1 S. 2 der DENIC-Domain-Bedingungen, wonach der Admin-C bei Domain-Inhabern mit Sitz im Ausland administrativer Ansprechpartner ist. Deshalb ist auch gem. § 171 ZPO eine Zustellung der Klage an Herrn X nicht möglich. Nach den vorgelegten Unterlagen war die Zustellungsbevollmächtigung des in Deutschland ansässigen administrativen Ansprechpartners ausdrücklich auf den Fall des § 184 ZPO bzw. die entsprechenden Vorschriften der Strafprozessordnung, der Verwaltungsgerichtsordnung und des Verwaltungsverfahrensgesetzes beschränkt. Aufgrund dieser ausdrücklichen Beschränkung ist nach Auffassung des Senats eine erweiternde Auslegung, der administrative Ansprechpartner sei für alle Zustellungen zustellungsbevollmächtigt, nicht möglich. Es mag sein, dass das LG Stuttgart in einem Urt. v. 5.8.2010 - 17 O 290/10, dazu eine andere Auffassung vertreten hat. Diese bindet jedoch das OLG Stuttgart nicht.

Der Senat setzt sich mit dieser Auffassung auch nicht im Widerspruch mit der bislang von ihm vertretenen Auffassung in anderen Fällen oder mit dem Urteil des OLG Stuttgart vom 24.9.2009 - 2 U 16/09, oder der Entscheidung des BGH mit Urt. v. 9.11.2011 - I ZR 150/09. Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung vom 24.9.2009 - 2 U 16/09, nicht vom 10. Zivilsenat des OLG Stuttgart, sondern vom 2. Zivilsenat stammt, was die Klägerin in ihrer Gegenvorstellung übersieht. Zum an...

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