Leitsatz (amtlich)
1. Die Sparleistungen des Arbeitnehmers, nicht aber der Zuschuss des Arbeitgebers auf einen Vertrag betreffend vermögenswirksame Leistungen sind als Einkommen gem. § 115 Abs. 1 ZPO zu behandeln.
2. Bei einer überobligatorischen Tätigkeit neben der Erziehung von einem oder mehreren Kindern unter 16 Jahren ist vom Einkommen des PKH-Beziehers für alle Kinder zusammen (nur) einmal ein Mehrbedarf nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 ZPO i.H.v. 40 % des Eckregelsatzes von § 22 BSHG abzuziehen.
3. Nur die Hälfte des an den PKH-Bezieher ausgezahlten vollständigen Kindergelds ist dessen Einkommen; die andere Hälfte, die auf einen barunterhaltspflichtigen Elternteil entfällt, ist gem. § 1612b BGB Unterhalt an das Kind und mindert ggf. den Freibetrag für das Kind nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 ZPO.
Verfahrensgang
AG Nagold (Beschluss vom 25.05.2004; Aktenzeichen F 103/02 Uki) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Rechtspflegers des AG - FamG - Nagold v. 25.5.2004 dahin abgeändert, dass dem Kläger die Zahlung von monatlichen Raten i.H.v. 30 Euro ab 1.7.2004 auf die Prozesskosten auferlegt wird.
2. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde des Klägers zurückgewiesen.
3. Der Kläger trägt die Gerichtsgebühr, die auf die Hälfte ermäßigt wird. Außergerichtliche Kosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Dem Kläger wurde antragsgemäß mit Beschluss des AG - FamG - Nagold v. 18.6.2002 und mit Beschluss des OLG Stuttgart v. 30.4.2003 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung für eine Klage auf Kindesunterhalt bewilligt. Von der Klage mit umfasst waren Ansprüche, die nach dem Unterhaltsvorschussgesetz auf das Land übergegangen und mit Abtretungsvertrag zwischen dem Land Baden-Württemberg und dem Kläger v. 4.11.2001 auf den Kläger rückübertragen worden waren.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers haben sich seit der Erstbewilligung von Prozesskostenhilfe insb. insoweit verändert, als er für die bei ihm lebenden Kinder J. und T. Barunterhalt i.H.v. monatlich jeweils 249 Euro von der Beklagten erhält.
Der Rechtspfleger beim AG Nagold hat daraufhin die Prozesskostenhilfe-Bewilligungsbeschlüsse dahingehend abgeändert, dass der Kläger ab dem 1.7.2004 monatliche Raten i.H.v. 60 Euro auf die Prozesskosten zu zahlen hat.
Gegen diesen dem Kläger am 28.5.2004 zugestellten Beschluss hat er mit Schreiben v. 21.6.2004, beim AG Nagold am 22.6.2004 eingegangen, sofortige Beschwerde eingelegt. Er ist der Auffassung, die von ihm monatlich gezahlten vermögenswirksamen Leistungen seien als besondere Belastung vom Gehalt abzuziehen. Weil er mit zwei Kindern allein zusammenlebe und allein für deren Pflege und Erziehung sorge, sei als besondere Belastung ein Betrag i.H.v. 40 % vom sozialrechtlichen Eckregelsatz abzuziehen. Das Kindergeld dürfe nicht als Einkommen berücksichtigt werden. Soweit er vom Land Baden-Württemberg an ihn zurück abgetretene Ansprüche eingeklagt habe, sei Prozesskostenhilfe offensichtlich nur aus prozessökonomischen Gründen für den gesamten Streitwert bewilligt worden. Die anteiligen Kosten des Verfahrens müssten deshalb beim Landratsamt Calw geltend gemacht werden.
II. Die zulässige, insb. fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist teilweise begründet.
1. Zahlungen auf einen Vertrag zur vermögenswirksamen Anlage sind keine besonderen Belastungen im Sinn des § 115 Abs. 1 S. 3 ZPO (strittig; vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 17.6.2004 - 18 WF 130/04; OLG Dresden v. 2.10.2002 - 10 WF 577/02, OLGReport Dresden 2002, 551; a.A. Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 115 Rz. 12, m.w.N.). Zwar werden die vermögenswirksamen Anlagen in der Regel langfristig angelegt und stehen daher für die Prozessfinanzierung nicht zur Verfügung; die Zahlungen auf den zugrundeliegenden Vertrag können jedoch in der Regel ohne weiteres ausgesetzt werden, wenn der Rechtsstreit und die in diesem Zusammenhang gewährte Prozesskostenhilfe ansonsten nicht finanziert werden kann (OLG Dresden v. 2.10.2002 - 10 WF 577/02, OLGReport Dresden 2002, 551). Allerdings entfallen bei einer Vertragsaussetzung die Zuschüsse des Arbeitgebers nach dem Vermögensbildungsgesetz, die laut der vorgelegten Gehaltsabrechnung vom Januar 2004 für den Kläger 3,33 Euro betragen. Dieser Betrag ist deshalb vom Einkommen des Klägers abzuziehen, wenn die Sparbeiträge des Klägers für vermögenswirksame Anlagen im Übrigen beim Einkommen des Klägers berücksichtigt werden (OLG Stuttgart, Beschl. v. 17.6.2004 - 18 WF 130/04). Bei diesen Sparleistungen handelt es sich deshalb um eine Vermögensbildung aus frei verfügbarem Eigeneinkommen. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger beabsichtigt, die ersparten Guthaben zur Schuldentilgung zu verwenden, wobei ggf. auch das Sparvermögen aus einem solchen Vertrag über vermögenswirksame Leistungen zur Deckung zur Prozesskosten einzusetzen sein kann (OLG Koblenz v. 20.8.1999 - 13 WF 503/99, FamRZ 2000, 1094; OLG Karlsruhe v. 13.10.1987 - 16 WF 156/87, FamRZ 1988, ...