Nachgehend

BGH (Beschluss vom 30.04.2009; Aktenzeichen III ZB 91/07)

 

Tenor

1. Die Anträge und Hilfsanträge werden zurückgewiesen.

2. Die Streithilfe wird für unzulässig erklärt.

3. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Streithilfe, die die Streithelferin trägt.

Streitwert: 30.000.000 EUR.

 

Gründe

A. Die Antragstellerin begehrt gem. § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO die Feststellung, dass ein von der Antragsgegnerin am 30.12.2004 eingeleitetes Schiedsverfahren auf Wandelung des Vertrags über die Lieferung einer T. in K. nach Wegfall des Schiedsrichters unzulässig ist. Hilfsweise möchte sie festgestellt haben, dass sich die Antragsgegnerin nicht auf den Wegfall des Schiedsrichters berufen kann. Höchsthilfsweise beantragt sie die Bestimmung des Präsidenten des OLG Karlsruhe, Dr. W., zum Ersatzschiedsrichter.

I. Die Antragstellerin lieferte auf der Grundlage eines Vertrages vom 30.6.1995 (Anlage K 1) sowie zweier Ergänzungsverträge vom 27.2.1997 (K 2) und vom 13.2.1998 (K 3) an die Antragsgegnerin eine sog. T. zur thermischen Abfallbehandlung, die in K. errichtet wurde. Inzwischen ist streitig geworden, ob die Antragstellerin oder ihre Streithelferin - die Fa. T. AG mit Sitz in L. - Vertragspartnerin ist.

Mit Schiedsvereinbarung vom 25.7./4.8.2000 (K 4) vereinbarten die Parteien für die damals streitigen Ansprüche auf Ersatz von Mehrkosten ein Schiedsgericht, dessen Einzelschiedsrichter der Präsident des OLG Stuttgart., E., war. Dieses Schiedsverfahren wurde am 19.1.2002 durch einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut beendet (K 5).

Ziff. II.4. des Vergleichs enthält folgende Vereinbarung:

"Soweit sich die Parteien über Abnahme, Gewährleistung oder die Fragen aus Ziff. 2 nicht einigen können, kann jede Seite das vereinbarte Schiedsgericht erneut anrufen. Die Parteien sind sich einig, dass der Schiedsvertrag vom 25.7./4.8.2000 diesen Streit mit umfasst. Das Schiedsgericht hat in diesem Fall eine Billigkeitsentscheidung in möglichst enger Anlehnung an die vertraglichen Bestimmungen zu treffen."

Nachdem Streit über die Funktionsfähigkeit der Anlage entstanden war, leitete die Antragstellerin am 16.1.2004 beim Präsidenten des OLG Stuttgart. als Schiedsrichter ein weiteres Schiedsverfahren ein (K 6) mit dem Ziel festzustellen, dass sie nur zur Durchführung bestimmter Maßnahmen verpflichtet sei. Der Schiedsrichter verfügte am 20.1.2004 die Zustellung der Schiedsklage (K 22). Er wies darauf hin, dass im Hinblick auf die Erteilung der erforderlichen Nebentätigkeitsgenehmigung eine Vereinbarung der Parteien über die hälftige Kostenteilung vorgelegt werden möge.

Mit Schreiben vom 11.2.2004 (K 8) erklärte der Schiedsrichter, dass er im Hinblick auf Einwendungen der Antragsgegnerin gegen die Zuständigkeit des Schiedsgerichts, wegen der fehlenden Zusage einer Kostenteilung und der fehlenden Zustimmung zu einer Billigkeitsentscheidung mit einer Nebentätigkeitsgenehmigung nicht rechnen könne und daher als Schiedsrichter nicht zur Verfügung stehe.

Am 15.3.2004 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin auf, der Wandelung des Vertrags zuzustimmen. Sie erhob, nachdem die Wandelung verweigert worden war, am 29.10.2004 Klage zum LG K. (14 O 176/04 KfH III), die mit Urteil vom 24.2.2006 als unbegründet abgewiesen wurde. Parallel dazu hat die Antragsgegnerin - mit Blick auf die von der Antragstellerin geltend gemachte Einrede des Schiedsvertrags - am 30.12.2004 vorsorglich ihrerseits Schiedsklage auf Rückabwicklung der Verträge und Rückgewähr der geleisteten Zahlungen erhoben (K 7).

Das OLG Karlsruhe wies mit Urteil vom 5.6.2007 (8 U 80/06 - K 3) auf Grund schriftlichen Verfahrens die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des LG K. vom 24.2.2006 mit der Maßgabe zurück, dass die Klage wegen Durchgreiflichkeit der Schiedseinrede als unzulässig abgewiesen wurde. Die erhobene Klage betreffe eine Angelegenheit, die unter die Schiedsvereinbarung vom 19.1.2002 falle, die auch für die geltend gemachten Wandelungsansprüche gelte. Ein Schiedsverfahren sei auch nicht wegen Wegfalls des vereinbarten Schiedsrichters undurchführbar geworden. Das Schiedsverfahren sei weder von der Person des Schiedsrichters S ... abhängig; noch stehe endgültig fest, dass dieser nicht zur Verfügung stehe. Bei Wegfall des Schiedsrichters sehe das Gesetz die Bestellung eines Ersatzschiedsrichters vor (§ 1039 Abs. 1 ZPO). Es sei nicht davon auszugehen, dass die Parteien eine gegenteilige Abrede getroffen und die Schiedsabrede dergestalt an die Person des Schiedsrichters gebunden hätten, dass mit dessen Wegfall die ganze Schiedsabrede hinfällig sein sollte. Im Übrigen könne sich die Klägerin auf einen Wegfall nicht berufen, weil sie pflichtwidrig handle, wenn sie ihr Einverständnis zur Kostenteilung versage.

Mit Schreiben vom 11.6.2007 forderte die Antragstellerin die Antragsgegnerin nochmals auf, die Kosten des Schiedsverfahrens hälftig zu übernehmen (K 9). Die Antragsgegnerin erwiderte mit Schreiben vom 14.6.2007 (K 10), dass sie ...

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